50 Jahre Bläck FöössWas die Musiker an ihren Veedeln lieben

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Bläck Fööss Philharmonie

Die  Bläck Fööss holen ihr großes Jubiläumskonzert im August nach. 

  • 50 Jahre Bläck Fööss – mit einer Serie feiert der „Kölner Stadt-Anzeiger“ den Geburtstag der „Mutter aller kölschen Bands“.
  • Wir liefern Geschichten, Hintergründe und Auswirkungen einer einmaligen Erfolgsgeschichte.
  • Zum Abschluss der Serie erzählen die Band-Mitglieder, was die Hymne „En unserem Veedel“ für sie bedeutet.

Köln – Wat och passeet, Dat Eine is doch klor: Et Schönste, wat mer han, schon all die lange Johr, es unser Veedel, denn he hält mer zesamme, ejal wat och passet, en unserem Veedel." Die Zeilen der kölschen Hymne „En unserem Veedel“ kennt jeder Kölner. Die Band-Mitglieder der Bläck Fööss erzählen, was das Lied für sie persönlich bedeutet und was sie besonders an ihrem Veedel schätzen.

Bömmel Lückerath, Rath-Heumar

„Das Veedel-Lied ist für mich das wichtigste aus unserem ganzen Repertoire. Das werden wir immer und ewig spielen“, sagt Bömmel Lückerath, der in Rath aufgewachsen ist und dort bis auf jeweils kurze Zeiten in Porz und Rösrath auch immer gelebt hat. „Der Stadtteil bedeutet für mich Heimat. Da fühle ich mich verwurzelt, da kenne ich die Leute, da bin ich zu Hause.“ In dem teilweise noch ländlich geprägten Veedel gebe es gute Kneipen, schöne Restaurants und alle notwendigen Einkaufsmöglichkeiten.

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Bläck-Fööss-Star Bömmel Lückerath meldet sich nach seinem Zusammenbruch zurück. 

In den vergangen Jahrzehnten zählte er zum Orga-Team des alljährlichen Musikfests Rath, engagierte sich im Kulturkränzchen, das den Alltag und die Kulturgeschichte des Stadtteils dokumentiert, und veranstaltete im Rahmen des Schützenfestes jeweils einen Dorfabend. Zwar sei die Nähe zum Flughafen nicht besonders schön, aber mit dem Fluglärm könne man leben. Viel mehr sorge er sich um den Zustand der Rösrather Straße, dem Mittelpunkt des Veedels. „In der Vergangenheit haben schon einige alteingesessene Fachgeschäfte aufgegeben und geschlossen“ Nun hat erstmals ein Wettbüro aufgemacht. Da kriegt man schon ein bisschen Angst, dass etwas den Bach runter geht.“ 

Hanz Thodam, Nippes

Der Bassist, der zum Jahreswechsel 2019 Hartmut Priess ablöste („Es war schon so etwas wie ein Kindheitstraum, der sogenannten Mutter aller kölschen Bands beizutreten“), wohnt heute im Grenzgebiet zwischen Nippes und Mauenheim. Es sei ja recht nah zum Agnesviertel und zur Innenstadt, zu Zoo, Flora und Rhein oder auch zu den Naherholungsgebieten im Kölner Norden. „Alles ist gut mit dem Fahrrad zu erreichen. Ich habe ja kein Auto. Wenn ich wirklich mal eins brauche, leihe ich mir eins.“

Hanz Thodam

Hanz Thodam

Ganz in der Nachbarschaft ist er auch geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen. „Da erlebt man über die Jahre schon, wie sich so ein Veedel und das Umfeld verändert.“ Früher sei die Gegend rund um den Leipziger Platz „nicht immer sozial einfach“ gewesen. „Da musste man schon Leute kennen oder schnell sein.“ Als Achtklässler an der Hauptschule Bülowstraße hat er erstmals mit Liedern der Bläck Fööss auf der Bühne gestanden. Bei Schulkarneval war er zum Playback in die Rolle des damaligen Sängers Tommy Engel geschlüpft – „Buuredanz“, „Spanien-Leed“ und „Mer losse d’r Dom en Kölle“.

Das Lied vom Veedel war damals bei den Schülern nicht der allzu große Hit. „Als Kind kannte man ja auch nicht die Hintergründe mit der Stadtsanierung und den anderen Problemen.“ Heute drücke der Song für ihn vor allem das Heimatgefühl aus. „Ich spiele das immer ganz andächtig. Das ist wie beten.“ 

Pit Hupperten, Bergisch Gladbach

Seit drei Jahren wohnt der Ur-Leverkusener Pit Hupperten – geboren in Schlebusch, aufgewachsen in Opladen – nun im Bergisch Gladbacher Ortsteil Schildgen, einem „Veedel mit Dorf-Charakter, mit Kneipe und Irish Pub“. Gleich um die Ecke leben dort auch Büttenredner Martin Schopps und Keyboarder Dominik Schönenborn von Cat Ballou.

Pit Hupperten Fööss (1)

Pit Hupperten

Hupperten: „Man ist schnell im Grünen, schnell in Köln und schnell in Leverkusen. Da lebt ja noch meine Mutter.“ Zudem sei er dort auch früher oft bei Festen und mit kleinen Konzerte aufgetreten. Soweit sei er in Schildgen noch nicht. „Ich bin in keinem Verein Mitglied. Aber man weiß ja nicht, was noch kommen kann.“

In Köln hat er noch nie gewohnt. Dennoch könne er gut nachempfinden, dass das Veedel – auch musikalisch ein ganz tolles Lied – „eine der größten Köln-Hymnen und für die Kölner ein richtiger Stempel geworden ist“. Gerade in Zeiten wie diesen sei es auch ein Zeichen für eine neu Art von Zusammenhalt. Das dokumentiere beispielsweise auch die neue Version des Liedes durch die Veedelsband, an der sich mehr als 30 Künstler von zu Hause aus über Smartphones und Webcams beteiligt haben. 

Andreas Wegener, Rösrath

Seit einigen Jahren wohnt Andreas Wegener in einem gemieteten Haus im Zentrum von Rösrath. „Da kann man eigentlich nicht von einem Veedel sprechen. Aber hier wohnen schon sehr viele Kölner. Da wird beispielsweise mehr kölsch gesprochen als in Dellbrück, wo wir zuvor gewohnt hatten.“

Andreas Wegener Fööss

Andreas Wegener

Eigentlich ist er ja Leverkusener, aber 1982 sei er nach Köln gezogen. Da habe er sowohl auf der Schäl Sick (anfangs in Humboldt-Gremberg) als auch linksrheinisch gewohnt (Rondorf). Nun hofft er, weiterhin in Rösrath sesshaft zu werden. „Die Kosten sind ja geblieben, aber coronabedingt haben wir ja seit März so gut wie nichts mehr verdient. Aber viele Künstler haben ja ähnlich gelagerte Probleme.“ Daher sei der entscheidende Satz im Veedel-Hit für viele ja: „Wie sull dat nur wigger jon“.

Das Lied von dem Veedel, in dem alle zusammenhalten, sei ja eigentlich eher eine kleine Utopie. „Die Realität ist oft eine andere. Aber man muss ja etwas haben, woran man sich positiv hochziehen kann.“

Mirko Bäumer, Hennef-Warth

Von der Wohnsituation her ist Mirko Bäumer sein Leben lang nicht aus Hennef rausgekommen. „Und vielleicht wird mein Leben mal im selben Zimmer enden, wo es begonnen hat“, erzählt der Sänger und lacht. Schließlich ist das Krankenhaus im Stadtteil Geistingen, in dem er vor 52 Jahren geboren wurde, inzwischen in ein Altenheim umgewandelt worden.

Mirko Bäumer Fööss

Mirko Bäumer

Zwar würden alte Schulfreunde ihn öfter mal fragen, warum er denn immer noch dort leben würde. Aber in Hennef, einer Kleinstadt an der Sieg mit knapp 50000 Einwohnern vermisse er halt nichts. Da fühle er sich heimisch, da kenne er sich aus. „Wir haben eine Kirche – gut, nicht vergleichbar mit dem Dom – und einen Bahnhof. In 25 Minuten ist man in Köln. Mit dem Zug genauso wie mit dem Auto.“ Und die Sprache sei mit der kölschen schon ein wenig artverwandt.

Kann man denn in fast jedem Lied über Kölle singen, ohne jeweils dort gelebt zu haben? „Das geht. Man wächst in die Rolle mit der Band rein und wird so ein Teil des Ganzen.“ Früher habe er ja rund 20 Jahre in einer Queen-Cover-Band auf englisch gesungen. „Das ging ja auch.“ Das Repertoire der Fööss habe ihm geholfen, die Kölner und ihren besonderen Bezug zu ihrer Heimatstadt zu verstehen. Und die Aussagen im Veedel-Lied zu Nachbarschaft und Veränderungen passten durchaus auch zu seiner Umgebung. Dort sei gerade wieder ein Haus abgerissen worden, das seit seiner Kindheit gestanden habe. „Wat bliev denn hück noch ston? Alles ist im Umbruch.“ 

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Erry Stocklosa, Porz-Westhoven

„Ich bin ein Porzer Jung, im Zentrum der damals noch eigenständigen Stadt Porz mit der Postleitzahl 505 geboren “, sagt Erry Stocklosa, der bis auf einen zehnjährigen Ausrutscher in Lövenich stets in Westhoven gelebt hat – „am Rhing zo wunne. Das ist es doch.“  Als Kind habe er ja auch im Rhein schwimmen gelernt. „Das kann ich allerdings heute keinem mehr empfehlen.“ Die Eingemeindung nach Köln am 1. Januar 1975 sei seiner Meinung nach für Porz nicht schön gewesen. „Von da an ging es irgendwie bergab. Und dann wurde mit der Wahnsinn-Idee einer Fußgängerzone auch noch die Innenstadt kaputt und abends leer gemacht. Das war  nett gemeint, ging aber in die Hose.“  Ein Gutes habe die Eingemeindung  dann doch gehabt: „Statt GL kriegten wir nun ein K als Autokennzeichen.“

Erry Stocklosa Fööss

Erry Stocklosa 

Viele seiner Erlebnisse in Porz und am Rhein finden sich in den Liedern der Fööss wieder. Vom Rheinhochwasser („Einmol em Johr kütt d’r Rhing us em Bett“) und dem Schiffsverkehr („MS Monika“) bis zu  den Beat- und  Rockkonzerten („Rheinhotel“) und der „eetste Zirett“ auf den Poller Wiesen. In seinem Stadtteil fühlt er sich verwurzelt, da hat er sich regelmäßig an Aktivitäten und Festen von Karnevalsverein und Kegelclub beteiligt. „Beim Schürreskarre-Rennen haben wie mehrfach den ersten Platz gemacht.“

Auch zu Anfang der Corona-Einschränkungen war Stocklosa  vorne mit dabei. Gut sechs Wochen lang hat er jeden Abend von seinem Fenster aus das Lied vom Veedel angestimmt. „Und dann gingen im Umkreis von 100 Metern die Balkonen auf und es wurde mitgesungen.“ Den Text des Liedes hatte er Anfang der 70er Jahren nach einer Idee von Hartmut Priess geschrieben und  mit Tommy Engel  ein erstes Demo aufgenommen. „Das Lied war nicht als der große Wurf geplant.“ Es erhielt dann nochmals eine andere Melodie und wurde 1973 die B-Seite von „Mer losse d’r Dom en Kölle“. 

Die Band hat es dann aber doch bei für die „karnevalistische Hitparade“ des WDR eingereicht. „Da haben wir gegen den »Stippeföttche Rock’n’Roll« von Belinda verloren.“ Das Veedel-Lied sei von  den  Leuten nicht als reines Karnevalslied anerkannt worden. „Ist es ja auch nicht. Deswegen wird es ja heute auch das ganze Jahr über gesungen.“ 

Ralph „Gus“ Gusovius, Dellbrück

Jahrelang lag sein Lebensmittelpunkt an der Mosel. Zu den Zeiten hatte Ralph „Gus“ Gusovius „wegen der Arbeit“ in Köln nur einen Zweitwohnsitz. Doch seit gut zehn Jahren ist Dellbrück für ihn die erste und einzige Adresse. „Mit gefällt vor allem die Vielfalt“, erzählt er. „Gehe ich aus meiner Wohnung fünf Minuten nach rechts, bin ich inmitten von Wiesen, Feldern und Pferdekoppeln in Klein-Kentucky. Gehe ich fünf Minuten nach links bin ich im Ortskern mit allen notwendigen Geschäften, meiner Stammkneipe und Gastronomie aller Art.

Ralph Gus Gusovius Fööss

Ralph „Gus“ Gusovius

„Kulinarisch sei da zwar noch Luft nach oben, aber das sei auch meckern auf hohem Niveau. Die „Lück us dem Veedel“ würden in einem Lied der KG Uhu treffend beschrieben: „Jo mer us Dellbröck, mer sin ein eijen Aat, mer sin kein Boore un kein Lück us d’r Stadt.“ Genau deswegen ist Gusovius bei den Uhus auch Mitglied – als Senator. „Das mache ich gerne. Man kennt sich und hilft sich. Da funktioniert der soziale Zusammenhalt.“

Ähnlich wie er im Veedel-Hit besungen wird. „Das ist das musikalische Dokument eines Lebensgefühls. Besser kann man es nicht beschreiben“, sagt Gusovius. Bei den Fööss seien anschließend noch viele Songs entstanden, mit denen er sich gut identifizieren könne, aber das Lied vom Veedel ist und bleibt die „All Time Hymne“. 

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