Abbruch in Köln-MülheimHistorische Hallen müssen Hunderten neuer Wohnungen weichen

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Ein Teil der historischen Hallen wurde abgebrochen.

Ein Teil der historischen Hallen wurde abgebrochen.

Köln – Die Bagger haben einen guten Teil ihrer Arbeit geleistet. Mehrere Hallen auf dem Areal des historischen Kleinmotorenbaus an der Deutz-Mülheimer Straße wurden bereits abgebrochen, Löcher klaffen in der Fassade, überall liegt Bauschutt herum. Bei dem Anblick blutet Walter Buschmann vom Rheinischen Verein für Industriekultur das Herz. „Ich bin maßlos enttäuscht.“ Bis zuletzt hatte er gehofft, dass es noch eine Rettung für die acht Hallen aus der Pionierzeit des Motorenbaus geben könnte. Vergeblich.

Otto, Daimler und Bugatti tüftelten hier

Die Gebäude des Kleinmotorenbaus liegen zwischen Deutz-Mülheimer Straße, Auenweg und einer Bahntrasse. Hier und auf dem benachbarten Otto-Langen-Areal wurde schon im 19. Jahrhundert Automobilgeschichte geschrieben. Nikolaus Otto tüftelte auf dem Mülheimer Gelände (1876), auf dem die Gas- und Motorenfabrik entstand, an seinem ersten Vier-Takt-Motor. Gottfried Daimler und Ettore Bugatti hatten hier Werkstätten. Die Fabrik erlebte in den 1880er Jahren einen Boom und dehnte sich über die östliche Seite der Deutz-Mülheimer Straße aus.

In der 1886 errichteten Kleinmotorenhalle wurden Motoren für Lokomotiven und Traktoren gebaut, während in der benachbarten Großmotorenhalle Antriebe für Schiffen montiert wurden. „Eine großartige Fabrikhalle, die auch mit inneren Werten überzeugte: hohe Gusseisenstützen, hölzerne Dachtragwerke“, lobt Buschmann das Bauwerk. Aus der Gas- und Motorenfabrik wurde später die Deutz AG.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde aus den USA die Fließbandproduktion übernommen. Von der Gießerei auf dem Otto-Langen-Areal wurde Gusseisen über die Deutz-Mülheimer Straße zur Kleinmotorenhalle gebracht.

Der Niedergang setzte in den 1990er Jahren ein, im Jahr 1995 wurde das Areal zunächst an die Stadt verkauft, später kam es an die NRW-Landesentwicklungsgesellschaft, bevor die Immobiliengruppe Gerch es dem Vernehmen nach für 175 Millionen Euro kaufte. Gerch will auf dem 160 000 Quadratmeter großen Gelände zu 80 Prozent Wohnungen bauen, zudem Gebäude für Gewerbe und Handel. Viele Details sind noch unklar, auch wie viele Wohnungen am Ende entstehen. Die Stadt erarbeitet derzeit einen Bebauungsplan für das Gelände. Der Investor will aber bereits mit dem Bau 2020 beginnen und zwei Jahre später fertig werden.

Stadtkonservator Thomas Werner sieht die Sache pragmatisch

Damit die Wohnungen errichtet werden können, muss also die Halle des historischen Kleinmotorenbaus weichen. Ein Abkommen, wie es zwischen Stadt, Rheinischem Verein für Industriekultur und dem Investor NRW-Urban auf dem benachbarten Otto-Langen-Gelände zustande gekommen war, um Gebäude zu erhalten, die nicht unter Denkmalschutz stehen, gibt es für das Gerch-Areal nicht.

Stadtkonservator Thomas Werner sieht die Angelegenheit pragmatisch. Aus seiner Sicht sind die Kleinmotorenhallen zwar „erhaltungswürdig“, fallen aber nicht unter den Denkmalschutz. Stattdessen habe man sich entschieden, die Großmotorenhalle und die südlich gelegenen Werkshallen unter Schutz zu stellen. Letztere glichen den Kleinmotorenhallen baulich im Detail.

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