Acht AnklageschriftenProzess gegen „Pulverteufel“ trotz Hausverbot im Justizgebäude

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Der Wagen des Angeklagten wird vor dem Gericht abgeschleppt.Foto: Schminke

Der Wagen des Angeklagten wird vor dem Gericht abgeschleppt.Foto: Schminke

Köln – Aufruhr herrschte am 24. April 2018 im Kölner Landgericht. Bei der Durchsuchung eines Angeklagten entdeckten die Wachtmeister in einer Brotdose weißes Pulver. Es sei „sinnvoll, sich die Hände zu waschen“, sagte der Mann zu den Beamten, die damit in Kontakt gekommen waren; es könne „was Gefährliches sein“. Ein Großeinsatz folgte, Spezialisten der Task Force Bio aus Essen wurden angefordert, ein Teil des Justizzentrums wurde geräumt. Doch die Substanz war bloß Traubenzucker. 39.000 Euro kostete der Einsatz.

Auf diesen Vorfall bezieht sich der Vorwurf des „Vortäuschens einer Straftat“, den die Staatsanwaltschaft Markus T. macht. Es ist nur einer von vielen, für die der sich der 49-Jährige Leverkusener seit Mittwoch vor dem Landgericht verantworten muss. Zwar hat er dort längst Hausverbot, doch bei „berechtigten Interessen“ und in Begleitung eines Wachtmeisters darf er das Gebäude betreten.

Angeklagter fuhr in „Demonstration“ vor

Vor Prozessbeginn sorgte der „Pulverteufel“, wie er oft genannt wird, erneut für Aufsehen. Er fuhr mit einem weißen Kastenwagen vor, auf den mit gelber Farbe die Worte „Bullen. Schweine. Spinnen“ gesprüht waren. Er hatte eine Demonstration angemeldet. Polizisten erwarteten ihn und nutzten die Gelegenheit, den Wagen abschleppen zu lassen. Nicht wegen der Schriftzüge, wie sein Anwalt Uwe Friedrichs erklärte; sein Mandant berufe sich darauf, dass die Worte nur „Tiernamen“ seien. Grund der Beschlagnahmung war vielmehr, dass er im März in Pulheim jemanden „bewusst und gezielt“ angefahren haben soll.

Die acht Anklageschriften bieten ein Sammelsurium von Delikten, von Bedrohung und Beleidigung über falsche Verdächtigung bis Verstößen gegen das Waffengesetz und der Verletzung der Vertraulichkeit des Worts. Beispielsweise soll Markus T. per E-Mail Listen versandt haben, in denen neben den Vornamen von Staatsanwälten, Richtern und Wachtmeistern Abbildungen von Patronen gestellt waren; damit habe er „den Eindruck einer Todesliste erweckt“, so der Staatsanwalt. Während eines Berufungsprozesses um Nachstellung, an dessen Ende er zu einer Bewährungsstrafe von gut zehn Monaten verurteilt wurde, habe er mehrmals Patronen ins Justizzentrum geschmuggelt. Auf einer Polizeiwache soll er fälschlich behauptet haben, er sei bei einer Einlasskontrolle im Gericht mit einem Stock „vergewaltigt“ worden. Vorgeworfen wird ihm außerdem, er habe Justizgebäude besprüht, darunter das Verwaltungsgericht.

Zur Sache werde er sich zunächst nicht äußern, sagte Markus T. Nachdem er Befangenheitsanträge gegen den Vorsitzenden der 3. Großen Strafkammer gestellt hatte, war er bereit, über sich zu sprechen. Nach einer Beschäftigung als Mess- und Regelmechaniker habe er in der Fortbildung gearbeitet; nach langen Querelen sei er entlassen worden. Heute halte er sich als Elektriker über Wasser. Für zwei Studiengänge sei er eingeschrieben: Jura sowie Geophysik und Meteorologie. Überraschend war sein Einschub, er habe sich „beim Ordnungsamt als Nutte angemeldet“. Später sagte Markus T., der geschieden ist und drei Kinder hat, er sei auf dem Weg, zur Frau werden.

Der Prozess, an dem ein Psychiater teilnimmt, ist auf 14 Verhandlungstage angelegt.

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