Allein unter MännernKölnerin Sophia Drey ist Deutschlands einzige Bootsbauerin

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Die 25-jährige Kölnerin Sophia Drey segelt nicht nur gern, sondern hat auch beim Bau vieler Boote mitgeholfen.

Die 25-jährige Kölnerin Sophia Drey segelt nicht nur gern, sondern hat auch beim Bau vieler Boote mitgeholfen.

Köln – Das Sportstudium verwerfen und stattdessen eine Ausbildung zur Bootsbauerin anzufangen, liegt nicht gerade auf der Hand. Im Falle von Sophia Drey brauchte es dazu aber lediglich ein gebrochenes Bein, das das Studium verhinderte und den Berufsorientierungs-Test einer Wochenzeitung, der ihr nahelegte, es doch mit einer handwerklichen Ausbildung zu versuchen. Goldschmied zum Beispiel, Tischler oder eben Bootsbauer.

Sophia Drey aus Klettenberg entschied sich für letztere Variante und lag richtig: Seit wenigen Wochen ist sie Deutschlands erste und einzige Bootsbauerin mit Fachrichtung Yachttechnik.

Händchen für Ikea-Möbel

Mit Handwerk hatte die 25-Jährige eigentlich nichts am Hut, als sie am Humboldt-Gymnasium ihr Abitur ablegte. „Ich konnte aber immer ganz gut Ikea-Möbel zusammenbauen“, sagt sie. Und auf Mallorca hatte sie als Kind mal eine Segelschule besucht. Das war’s dann aber auch schon in Sachen Vorkenntnisse.

Auch von Motorentechnik und Elektrik hatte sie keine Ahnung, als sie vor dreieinhalb Jahren bei einem großen Greifswalder Hersteller für Segel- und Motoryachten in die Lehre ging.

Der Umzug nach Mecklenburg-Vorpommern war deshalb ein Sprung ins kalte Wasser, auch in zwischenmenschlicher Beziehung. „Die Leute sind dort eher nordisch rau“, sagt Sophia Drey. Ganz anders als der gemeine Kölner jedenfalls. „Das war ein kleiner Kulturschock.“

Sie fing damit an, Möbel in Yachten einzubauen, die bis zu 22 Meter lang waren und locker mehrere hunderttausend Euro kosteten. Gearbeitet wurde unter großem Zeitdruck, etwa drei Yachten verließen pro Tag das Werk. Später schloss sie schwere Dieselmotoren an, kümmerte sich um die Elektrik und tränkte Glasfaser-Matten mit Polyester-Harz, um mit diesem Laminier-Verfahren Deck und Rumpf des Schiffes zu verbinden. „Das ist anstrengend und giftig“, sagt Drey, weshalb sie dabei immer eine Gasmaske trug.

Dumme Sprüche von den männlichen Kollegen

Als Yachttechnikerin – eine Fachrichtung des Bootsbaus, die es erst seit wenigen Jahren gibt – hatte sie vor allem mit dem Innenleben der Boote zu tun. Und mit vielen Männern, für die die Zusammenarbeit mit einer Frau offenbar etwas Außergewöhnliches war. „Ich wusste, dass da nicht viele Frauen arbeiten, habe aber nicht groß darüber nachgedacht“, sagt Sophia Drey.

In der Werft habe sie sich immer wieder „dumme Sprüche“ von den Kollegen anhören müssen, wahlweise wurde nach ihr gepfiffen. „Das hat zum Schluss genervt“, sagt die junge Kölnerin: „Ich bin jetzt abgebrüht.“ Rückblickend hätte sie besser eine kleinere, nicht so anonyme Werft gewählt, sagt sie.

Ihre Entscheidung für den Bootsbau an sich bereut sie nicht. „Ich habe das Gefühl, die Welt nun besser zu verstehen.“ Sophia Drey besuchte die Berufsschule in Travemünde-Priwall, lernte das Schweißen, Sägen, Bohren, den Umgang mit Elektrotechnik, Kunststoffen und Metallen und kennt sich nun auch mit Motoren aus. Fähigkeiten, die ihr auch im Alltag sehr nützlich sind. Zündkerzen wechseln? Kein Problem mehr.

Wie es nun weitergeht, weiß Sophia Drey noch nicht so richtig. Vor Kurzem ist sie nach Kiel gezogen, wo ihr Freund wohnt. Der Schiffbau-Student plant, sich nebenbei mit einem Schiffs-Servicebetrieb selbstständig zu machen. Vielleicht steigt Sophia Drey mit ein, vielleicht geht sie auch zurück nach Köln, um dort Design zu studieren, sagt sie. Dass sie sich irgendwann wieder mit Luxusbooten beschäftigt, will sie nicht ausschließen.

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Bisher sei der Dieselantrieb in Yachten unschlagbar. „Es gibt keinen Energiespeicher, der so wenig Platz wegnimmt wie der Diesel.“ Aber möglicherweise könne sie eines Tages helfen, alternative Antriebe zu entwickeln. Wenig nachhaltig sei auch, dass Yachten größtenteils aus Kunststoff bestehen. Recycelte Materialien könnten die Alternative der Zukunft sein.

Kurzfristig steht aber erstmal ein anderes Projekt an. In Kiel haben Sophia Drey und ihr Freund ein kleines, schrottreifes Segelboot: „Das muss dringend aufgearbeitet werden.“

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