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Anti-Terror-Übung am NeumarktKölner Polizei will weitere Probe-Einsätze veranstalten

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Szenen einer Übung: Ein Beobachter dokumentiert den Ablauf (l.), zwei Polizisten sichern den Eingang, drei bringen eine Verletzte in Sicherheit.

Szenen einer Übung: Ein Beobachter dokumentiert den Ablauf (l.), zwei Polizisten sichern den Eingang, drei bringen eine Verletzte in Sicherheit.

Köln – Es ist noch dunkel, das Thermometer zeigt drei Grad Minus, als Polizisten am Sonntagmorgen gegen sechs Uhr beginnen, den Neumarkt abzusperren – Vorbereitungen für die größte Anti-Terror-Übung, die es in Köln je gegeben hat; außerdem die erste in einer deutschen Großstadt, die in einem Einkaufszentrum mitten in der City spielt. Beteiligt sind mehr als 500 Beamte, dazu Mitarbeiter von Rettungsdienst und Feuerwehr.

Das Szenario

Ein terroristischer Anschlag in einer Ladenpassage. Mehrere bewaffnete Attentäter schießen in der Neumarkt-Galerie um sich. Sie haben Sprengstoff dabei. Es gibt Verletzte. Passanten und Verkäufer rennen in Panik durcheinander. Die Leitstelle schickt alle verfügbaren Streifenwagen zum Neumarkt. Auch die Spezialeinheiten werden alarmiert. Derweil bahnen sich die ersten Streifenpolizisten in schusssicheren Westen den Weg in das zweistöckige Einkaufszentrum, die Maschinenpistole im Anschlag.

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Das Ziel

Der Kampf gegen bewaffnete Täter sei zwar wichtiger Bestandteil der Aus- und Fortbildung, sagt Polizeisprecher Christoph Schulte – meistens jedoch in deutlich kleinerem Umfang und auf abgeriegeltem Polizeigelände. An diesem Sonntag will die Polizei Köln nicht nur ihre taktischen Konzepte für den Ernstfall proben. Auch die Abstimmung mit der Feuerwehr und dem Rettungsdienst soll trainiert werden. Unter den insgesamt 80 Beobachtern der Übung sind auch Beamte der Bundespolizei.

Die Vorbereitungen

Monatelang hat die Polizei die Großübung im Stillen geplant und vorbereitet. Selbst die Polizisten, die am Sonntagmorgen den Ernstfall trainieren sollen, wissen vorher nur, dass sie Teil einer Anti-Terror-Übung sein werden. Einzelheiten kennen sie nicht. Alles soll so realistisch wie möglich ablaufen. Sogar Notfallseelsorger sind vor Ort – falls einem der Teilnehmer das Geschehen zu nahe gehen sollte.

Damit später im Eifer des Gefechts kein Unglück passiert, tauschen die Polizisten ab acht Uhr in einem Zelt auf dem Neumarkt ihre Dienstwaffen gegen so genannte Blauwaffen – Übungspistolen mit Platzpatronen. Jeder Teilnehmer muss eine Schutzbrille aus Kunststoff tragen. So will es das Arbeitsschutzgesetz. Die Beobachter, die die Übung später bewerten sollen, tragen grüne Westen; Schiedsrichter, die eingreifen sollen, wenn Abläufe zu stark vom Drehbuch abweichen, tragen Weiß.

Nach mehreren Attentaten in Europa und dem Anschlag am und im Olympia-Einkaufszentrum in München 2016 mit neun Toten hatte die Polizei Köln in Zusammenarbeit mit den örtlichen Shopping-Malls die Konzepte für solche Einsatzszenarien überarbeitet und den Wunsch geäußert, ein solches auch mal realitätsnah trainieren zu wollen. Die Betreiber der Neumarkt-Galerie hatten sich daraufhin als „Gastgeber“ angeboten.

An diesem Sonntag haben einige Geschäfte eigens für die Übung geöffnet. Das direkte Umfeld hat die Polizei mit weißen Sichtschutz-Zäunen abgesperrt. Die Spezialeinsatzkommandos sind schon vor Übungsbeginn im Gebäude. Sie sollen samt ihrer Ausrüstung „aus einsatztaktischen Gründen“ unerkannt bleiben, dürfen von Journalisten an diesem Tag auch nicht gefilmt oder fotografiert werden.

Der Einsatz

Um 10.25 Uhr detonieren Feuerwerkskörper vor dem Hauptzugang neben der Buchhandlung. Streifenbeamte eilen vom Neumarkt herbei, sie streifen Schutzwesten über, betreten in kleineren Teams die Ladenpassage. Aus dem Innern sind Schreie sind zu hören, ungefähr 200 Kommissaranwärter der Fachhochschule mimen Kunden, Geiseln und Verletzte. Die Verwundeten sind aufwendig geschminkt. Bald stürmen Statisten mit erhobenen Händen aus dem Gebäude, manche sacken verletzt zusammen, werden von Polizisten erstversorgt und zum Rettungswagen getragen.

Derweil bleiben immer wieder unbeteiligte, nichtsahnende Spaziergänger vor den Sichtschutz-Zäunen stehen – manche mit besorgten Blicken, andere schlicht neugierig. Immer wieder werden die Beamten an den Absperrungen gefragt: „Was ist hier passiert?“, „Sind das echte Polizisten?“ oder „Was wird hier gedreht?“

Fazit

Nach etwas mehr als zwei Stunden ist der Probeeinsatz beendet. Übungsleiter Martin Lotz zieht eine erste Bilanz: „Wir hatten die Möglichkeit, an einem realen Ort zu üben. Das hat uns die Gelegenheit gegeben, unsere Konzepte unter möglichst realistischen Bedingungen zu überprüfen und weiterzuentwickeln.“ Die Erfahrungen würden nun zusammengetragen und ausgewertet. Weitere Großübungen dieser Art sollen folgen.

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