Aus dem Redaktionsarchiv2000 war das Jahr der Großbaustellen in Köln

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Ausgabe von 2000

Ausgabe aus dem Jahr 2000

  • Was war früher los in den Kölner Sommerferien? Wir sind ins Redaktionsarchiv gestiegen, um nach schönen, verrückten, nassen, sonnigen oder lustigen Geschichten zu suchen.

Köln – Aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger" im Jahr 2000:

Köln wächst über sich hinaus, erhält mehr und mehr Weltstadt-Flair. Die Stadt verändert ihr Bild, die Silhouette wird von neuen markanten Bauten geprägt. Dank modernster Technik schießen an vielen Ecken hochkomplexe Bauten in wenigen Jahren in die Höhe.

Ohne den Einsatz von Menschenhand wäre aber nichts möglich. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat auf Kölner Großbaustellen die Menschen besucht, die für das Gelingen der Projekte eine maßgebliche Rolle übernommen haben. Fünf von ihnen hat Ralf Drescher bei ihrer verantwortungsvollen Arbeit beobachtet.

Polizeipräsidium: Eine Frau und 150 Mann

Die neuen Zellen für Köln harte Burschen werden von einer Frau gebaut. Vera von Arnim leitet den Innenausbau des neuen Polizeipräsidiums auf dem ehemaligen CFK-Gelände in Kalk. In ihren Aufgabenbereich fällt alles, was im Inneren des Rohbaus gefertigt wird- abgesehen von den technischen Installationen.

Über bis zu 150 Arbeiter führt die selbstbewusste junge Frau in Spitzenzeiten Regie. Mit ihrer Rolle als Frau in einem traditionellen Männerberuf hat sie keine Probleme: „Natürlich gucken die Herren auf der Baustelle zunächst komisch, wenn ihnen eine Frau vorgesetzt wird“, berichtet die 31-Jährige. „Nach kurzer Zeit wurde ich aber voll akzeptiert. Ganz so ungewöhnlich sind Frauen auf dem Bau mittlerweile ja auch nicht mehr.“

Vor ihrem Engagement in Kalk war Vera von Arnim in gleicher Position bereits am Bau der Galerie am Wiener Platz beteiligt. Studiert hat die gebürtige Speyrerin Architektur, anschließend hat sie auf den Bereich Bauleitung umgeschwenkt: „Das faszinierende ist, dass man sehr nah am Geschehen ist. Man sieht, wie etwas entsteht, ist dabei, wenn der Bau Schritt für Schritt wächst.“ Fürwahr, es nimmt Gestalt an, das Polizeipräsidium: Bis Ende März nächsten Jahres sollen die beiden sechsgeschossigen Hauptgebäude und der um drei Stockwerke höhere Zwischentrakt fertig gestellt werden.

Köln- Turm im Mediapark: Hier ist nicht alles nur Fassade

Im Mediapark ist der Rohbau des „Köln-Turms“ vollendet, bis Weihnachten soll auch die aufwendige Fassade fertig gestellt sein. Bauleiter für den Fassadenbereich ist Stephan Hauser.

Für den 33-Jährigen ist das Hochhaus der erste Einsatz als Bauleiter, zuvor war er in der Technikforschung und während der Arbeit an seinem Doktortitel in Lehre und Forschung an der TU Darmstadt tätig.

Bei Hochtief wurde Hauser dann prompt ins kalte Wasser geworfen: „Mit Fassadenbau hatte ich mich bislang noch gar nicht beschäftigt. Da musste ich mich erst einmal einarbeiten.“ Schnell entwickelte er eine ungebremste Begeisterung für die neue Aufgabe: „Fassaden sind mittlerweile ein technisch hochkomplexes Produkt, das immer mehr Funktionen übernimmt. Nicht umsonst kostet die Fassade fast ein Drittel der Gesamtkosten, also doppelt so viel wie der Rohbau. „

Neben der Betreuung der Fassadentechnik und der Koordination des Montageablaufes gehörte auch die Überwachung der vorgelagerten Arbeiten an den Fassadenelementen zu Hausers Aufgaben. Da die Scheiben in verschiedenen Arbeitsgängen an fünf europäischen Orten gefertigt wurden, musste auch der Bauleiter zeitweise mit den Elementen reisen.

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Mit Beginn des Fassadenbaus war die Zeit des Reisens vorbei. Jetzt pendelt Hauser nur noch wöchentlich zwischen seiner Heimat Frankfurt und dem Mediapark hin und her. Selbst wenn er sich mit der Arbeit am Köln-Turm einen Kindheitstraum verwirklicht- „Ich war schon immer von Hochhäusern begeistert“ – freut er sich auf die Eröffnung im nächsten Sommer: „Irgendwann möchte ich auch mal wieder mehr Zeit mit meiner Familie verbringen.“

Peek & Cloppenburg: Eine spannende Sache

Heiner Klein ist Rohbau-Bauleiter auf dem Gelände oberhalb der Nord-Süd-Fahrt, wo die Kaufhaus-Kette Peek & Cloppenburg nach den Plänen des in Genua geborenen, in Paris lebenden Architekten Renzo Piano baut. „Ich bin der Mann fürs Grobe“, erklärt der 56-Jährige. „Wenn die Innenarchitekten und Designer anrücken, ist meine Arbeit getan.“

Ohne den Roh-Bau-Experten läuft derzeit gar nichts „Angefangen vom Abbruch der alten Gebäude über den Aushub der Grube bis zur Erstellung von Mauerwerk und Decken – alles koordiniert der studierte Bauingenieur. Er hält regelmäßig Kontakt zu den Anliegern und zu den Behörden, um zentrale Fragen wie die Verkehrslenkung in verschiedenen Bauphasen rechtzeitig zu klären.

In 25 Jahren bei Hochtief hat Heiner Klein schon viel gebaut – auch das Westend-Center in Frankfurt und die Telekom-Residenz in Bonn. Der Reiz des raupenförmigen P&C-Baus, der im Sommer 2001 fertig sein soll, liegt für ihn in der Konstruktion: „Der Bau ist in seinem Inneren stützenfrei, die Decken müssen also sehr große Spannweiten aushalten. Das erfordert modernste Spannstahltechnik.“

DuMont-Carré: Auf der Himmelsleiter

„In meinem Alter ist eine solche Aufgabe natürlich eine Riesen-Herausforderung. Manchmal fragt man sich schon, was anschließend noch kommen soll.“ Mario Rosenkranz ist 37, er ist Projektleiter auf Kölns größter Baustelle an der Breite Straße. Im Sommer nächsten Jahres soll das DuMont-Carré eröffnet werden.

Seit elf Jahren ist der gebürtige Dresdner bei Hochtief tätig, zuvor hatte er an der Kölner Fachhochschule seinen Abschluss als Bauingenieur gemacht. Jetzt führt er Regie bei einem der ehrgeizigsten Kölner Gebäude-Projekte. Alle Fäden laufen bei ihm zusammen, er ist verantwortlich für die Logistik, die Koordination, das Vertragsmanagement. Er beauftragt Subunternehmer und hat die Oberaufsicht über bis zu 500 Beschäftigte. „Meine Aufgabe ist es, darauf zu achten, dass der Laden läuft und das Ganze nicht zu teuer wird“, fasst Rosenkranz zusammen.

Vier Untergeschosse und sechs oberirdische Ebenen entstehen an der Breite Straße. Unten wird eine Einkaufspassage zum Bummeln einladen, darüber entstehen Büros und Wohnungen. „Das eigentliche urbane Leben fängt erst in 10,40 Meter Höhe an. Über Himmelsleitern gelangt man auf das Niveau der Dachstraße“, erklärt der Projektleiter eine der Besonderheiten des Bauwerks. Reizvoll sei vor allem der technische Anspruch des Komplexes.

Ring-Karree: Schaltstelle

Thomas Müller ist Oberpolier auf der Hochtief-Baustelle am Friesenplatz. Hier baut der Gerling-Konzern sein Ring-Karree, einen imposanten Komplex mit 17 Ober- und fünf Untergeschossen. Als Polier obliegt dem 32-jährigen Elsdorfer die Koordination des Bauablaufs, Personalverwaltung und Materialbestellung ebenso wie die Überwachung der Arbeiten und die Qualitätsüberprüfung. „Ein Polier ist so etwas wie das Mädchen für alles auf der Baustelle“, sagt der gelernte Zimmerer.

Die Baustelle für den Turm des britischen Star-Architekten Norman Foster sei „nichts Alltägliches. Die Konstruktion ist eine absolute Herausforderung für jeden hier“. Das Projekt mitten in der City hat seine Tücken: „Wir haben nur sehr wenig Raum für Anlieferung und Lagerung.“ Im Sommer nächsten Jahres sollen die ersten Mieter in den Gerling-Bau einziehen, Müller muss Termine einhalten: „Bauarbeit ist Teamarbeit, die nur so lange klappt, wie alle mitspielen.“

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