Aus für Platanen und Co.Köln passt sich mit neuen Baumarten an Klimawandel an

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Jungbäume werden lange intensiv betreut.

Köln – Zwei Wochen vor Sommerbeginn meint es das Wetter in der Rheinischen Tiefebene gut mit der Natur: Mai und Juni liegen mit ihren Niederschlagsmengen, Temperaturen und Sonnenscheinlängen im undramatischen Langzeitdurchschnitt, so der Deutsche Wetterdienst. Es hat geregnet, immerhin, „das hat uns gut getan“, sagt auch Manfred Kaune, Leiter des Amtes für Landschaftspflege und Grünflächen der Stadt Köln. „Aber wir können noch Wasser gebrauchen.“

Mit „wir“ meint Kaune insbesondere die 80.000 Straßenbäume in Köln und die „Gelbflächen“ im Grüngürtel und in Parks. „Durch den trockenen Sommer 2018 haben sich aber vor allem die Bedingungen für die Bäume im Kölner Straßenraum verschärft“, so Kaune: Die Pflanzen stehen unter Dauerstress, was zu chronischen Krankheitsverläufen führt, etwa erhöhte Anfälligkeit für Schädlinge und Krankheiten.

Wer die bundesweiten Schlagzeilen zum Zustand des deutschen Waldes in den vergangenen Monaten verfolgte, dem klingeln noch die Ohren: Die Fichte sei nicht mehr zu retten. Selbst tiefwurzelnde Bäume fänden kein Wasser, weil es in tiefere Schichten abgesunken sei. In Köln warfen zahlreiche Platanen die Rinde ab, was allerdings nichts mit der Hitze zu tun hat, sondern eine Folge des Wachstums ist. Für den Kölner Stadtwald aber gibt Manfred Kaune Entwarnung: „Köln hat einen artenreichen, gut durchmischten Erholungswald. Noch ist nachhaltig kein Schaden entstanden.“

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Aber die seit nun vier Jahren in Folge steigenden Temperaturen und sinkenden Niederschläge verändern die Pflege auch des Kölner Baumbestandes, der mittel- und langfristig an die sich wandelnden Bedingungen angepasst werden soll. In Köln würden künftig kaum noch die typischen Arten Spitzahorn, Akazie, Winterlinde und Platane – sie machen mehr als 50 Prozent des Bestands aus – gepflanzt werden.

In Köln werden 18 Baumarten getestet

Das Grünflächenamt setzt auf anpassungsfähigere Arten oder bislang fremde und exotische Baumsorten. Projekte wie das „Kölner Waldlabor“, ein Experimentierfeld der Forstverwaltung im Kölner Westen, und die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, ein Zusammenschluss kommunaler Grünflächenverwaltungen, empfehlen neue Baumsorten.

In Köln befinden sich dem Amtsleiter zufolge aktuell 18 Baumarten im Test. Darunter der Amberbaum, der Feldahorn, die Ungarische Silberlinde oder der asiatische Ginkgobaum, die sich als vielversprechend herausgestellt haben. „Ziel ist die artgerechte Erhaltung der Pflanzen sowie die Schaffung möglichst optimaler Standortbedingungen“, so Kaune.

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Manfred Kaune (r.) und Daniel Gerhardt vom Grünflächenamt bei der Vorstellung eines frisch gepflanzten Straßenbaums in Kalk

Auch das Pflegekonzept wird angepasst. „Bislang haben wir Jungbäume drei Jahre lang intensiv betreut.“ Dazu gehört auch das regelmäßige Wässern. „Bislang gingen wir davon aus, dass nach diesen drei Jahren das Wurzelwerk die Bäume selbst mit Wasser versorgt. Jetzt verlängern wir die Pflegephase auf fünf Jahre.“ Kaune blickt trotz der Herausforderungen der Klimawende optimistisch in die Zukunft. Man habe die Dringlichkeit von Gegenmaßnahmen erkannt und wichtige Projekte früh angestoßen. „Außerdem gibt es viel Unterstützung für die Arbeit im Amt für Landschaftspflege und Grünflächen aus Politik und Zivilgesellschaft“.

Tausende Unterstützer

Zu den Helfern gehört auch Barbara Burg von der Initiative „gruensystem.koeln“ mit Abertausenden Unterstützern, die sich um das Kölner Stadtgrün als Kulturerbe sorgen und mühen. Im trockenen Sommer 2018 beobachtete Burg, dass in vielen Städten die Feuerwehren Bäume wässerten. In Köln vermisste sie einen ähnlich ambitionierten Bewässerungseinsatz. Kaune aber beruhigt: „Auch in Köln haben wir die Feuerwehren zum Wässern eingesetzt, insbesondere bei Jungbäumen. Bei alten großen Bäumen macht dieses Wässern aber keinen Sinn.“ Die Baumscheiben seien hart und undurchlässig. „Das Wasser läuft einfach weg. Die Bäume haben aber tiefe Wurzeln. Die müssen und können sich selbst aus der Tiefe versorgen. “

Barbara Burg geht es nicht allein um Straßenbäume, sondern um das sich aufheizende Stadtklima insgesamt. „Es werden zu viele Hecken gerodet, zu viele Grünflächen versiegelt, es verschwinden zu viele Bäume wegen Baumaßnahmen. Enttäuschend seien zudem die vielen mit Kies, Schiefer, Schotter versiegelten privaten Vorgärten.

Bäume in Zahlen

In Köln stehen rund 80 000 Straßenbäume, die meisten von ihnen sind Winterlinden, gefolgt von Spitzahorn und Platanen. Im Jahr 2018 mussten rund 270 Bäume wegen Krankheiten entfernt werden, in diesem Jahr sind es bislang rund 50. In der aktuellen Pflanzperiode werden insgesamt 545 Bäume ersetzt, die meisten davon in den Stadtbezirken Nippes, Lindenthal und Chorweiler. Jeder Baum kostet im Schnitt 2200 Euro. (red)

Es gehe nicht darum „Sündenböcke“ auszumachen oder auf Schuldige zu deuten, es gehe um ein grundsätzliches Umdenken aller. „In Köln ist das Grünflächenamt dem Bauamt unterstellt. Warum eigentlich? Warum sind hier Grünflächen- und Umweltamt getrennt und nicht vereint?“ Das sei Ausdruck eines nicht mehr zeitgemäßen Denkens.

Peter Menke von der Stiftung „Die grüne Stadt“ legt nach: „Wir brauchen neue Konzepte. In vielen Städten erleben jetzt Dach- und Fassadenbegrünung eine Renaissance.“ Verwaltung und Bürger sollten gemeinsam „Stadtgrün“ denken und schaffen.

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