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BearbeitungsstauKölnerin wartet fast sechs Monate auf Behindertenausweis

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Ein Schwerbehindertenausweis (Symbolbild)

Ein Schwerbehindertenausweis (Symbolbild)

Köln – Der 15. Mai 2017 ist der Tag, der das Leben von Nora Menke komplett aus den Angeln hebt. Menke ist jung, erst 33 Jahre alt. Ihre Arbeit als Krankenschwester auf der Palliativstation einer Klinik bedeutet ihr viel.

Doch an dem Tag wird sie selbst zum Notfall: Beide Nieren versagen; von einem Augenblick zum anderen ist sie zu 100 Prozent schwerbehindert. Sie rappelt sich schnell auf, fängt wieder an zu arbeiten. Noch im Juni beantragt sie bei der Stadt einen Schwerbehindertenausweis – und wartet.

Doch von der zuständigen Schwerbehindertenstelle kommt keine Reaktion. Mehrfach versucht sie, einen Sachbearbeiter ans Telefon zu bekommen – vergeblich. Erst nach zwei Monaten kommt zumindest eine Eingangsbestätigung. Sie wartet weiter, insgesamt fast sechs Monate.

Gewaltiger Bearbeitungsstau 

Nora Menke heißt eigentlich anders, aber sie möchte ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung oder online lesen. Nicht alle wüssten von ihrer Krankheit, damit gehe man schließlich nicht hausieren. Ihr Fall ist beileibe keine Ausnahme: Bearbeitungszeiten von fünf bis sechs Monaten sind die Regel, oft dauert es noch deutlich länger.

Ursache sind nach Angaben von Insa Klock, Leiterin der Schwerbehindertenstelle bei der Stadt, Ausfälle wegen nicht besetzter Stellen und ein hoher Krankenstand von 17 Prozent unter den Mitarbeitern. „In der Folge hat sich ein gewaltiger Bearbeitungsstau aufgebaut“, so Klock. Wie hoch die Zahl der auf Halde liegenden Fälle ist, kann sie nicht genau beziffern. Es dürften Hunderte, wenn nicht Tausende sein.

Verwaltungsspitze reagiert auf Vorwürfe

Betroffen sind vor allem auch viele alte Leute. „Menschenverachtend“ findet das der Sprecher der Kölner Seniorenvertretung, Herbert Mück. „Dass man kranke und alte Menschen so hängen lässt, macht mich sehr betroffen.“

Mittlerweile hat auch die Verwaltungsspitze auf die Vorwürfe reagiert. Stadtdirektor Stephan Keller spricht in einem Brief an den Seniorenvertreter von zum Teil unangemessen langen, unbefriedigenden und nicht hinnehmbaren Bearbeitungszeiten.

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Gut ein Jahr lang seien 30 Prozent der Stellen in der Schwerbehindertenstelle krankheitsbedingt nicht besetzt oder vakant gewesen. Die verbliebenen Mitarbeiter hätten deshalb viele Vertretungsfälle bearbeiten müssen.

Fünf zusätzliche Stellen

Keller verspricht jetzt Abhilfe: Bereits im Sommer habe die Verwaltung fünf zusätzliche Stellen eingerichtet, weitere zweieinhalb sollen kurzfristig noch hinzukommen. Seit Oktober läuft zudem eine konzertierte Rückstands-Aktion. „Wir haben allein in den vergangenen zwei Wochen fast 1700 Bescheide geschrieben“, sagt Insa Klock.

Mit der Hilfe von mehreren befristet abgeordneten Mitarbeitern soll der Bearbeitungsstau nun endlich abgebaut werden. Wie lange das dauern wird, darüber will die Leiterin der Schwerbehindertenstelle derzeit noch keine Prognose abgeben.

Ausweis bringt Sicherheit mit sich

Nora Menke haben die Monate des Wartens zugesetzt. „Es war für mich schon schwer genug, diesen Ausweis überhaupt zu beantragen. Das ist ja wie ein Stempel“, sagt sie. Und dann werde man auch noch derart allein gelassen.

Aber die 33-Jährige braucht den Ausweis dringend, vor allem wegen des damit verbundenen Kündigungsschutzes. Sie kann keine Nachtdienste mehr machen. Bald steht eine Nieren-Transplantation an, dann fällt sie für mehrere Monate aus. „Da möchte ich zumindest die Sicherheit, die so ein Ausweis mit sich bringt.“

Immerhin: Von der Rückstau-Aktion der Stadt hat Menke schon profitiert. Sie hat ihren im Juni beantragten Schwerbehindertenausweis in den vergangenen Tagen bekommen.

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