Begehbarer FernwärmetunnelUnter dem Rhein verläuft Kölns größte Zentralheizung

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Der Fernwärmetunnel unterquert den Rhein und ist begehbar.

Der Fernwärmetunnel unterquert den Rhein und ist begehbar.

Köln – Auf sieben Brücken kann man in Köln den Rhein überqueren – unterqueren kann man ihn nur an einer Stelle. Rund fünf Meter unter der Rheinsohle befindet sich ein begehbarer Tunnel, der die Fernwärmenetze Innenstadt und Deutz miteinander verbindet. Anlässlich der Veranstaltungs-Reihe „Erklimadasmal“ konnten Besucher unter dem Fluss entlang laufen und gleichzeitig etwas über die Wärmeversorgung in Köln lernen.

Begleitend zur 23. Weltklimakonferenz, die vom 6. bis 17. November in Bonn stattfindet und zu der 25.000 Teilnehmer erwartet werden, bietet der Energiekonzern Rhein-Energie gemeinsam mit der Stadt und anderen Firmen und Verbänden zahlreiche Info-Veranstaltungen rund um das Thema „Klima“ an. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist Medienpartner der Aktion.

Zwei große Stahltüren mit mehreren Riegeln muss der Mitarbeiter der Rhein-Energie öffnen, um den Weg ins unterirdische Köln freizugeben. Es geht zu einem hochmodernen Bauwerk unter dem Rhein, der genau an Kilometer 688,6 untertunnelt ist. Der 461 Meter lange Fernwärmetunnel beginnt auf Höhe der Messe, nahe der Hohenzollernbrücke und führt auf direktem Weg auf die andere Seite unter den Musical-Dome.

100 Stufen geht es hinab

Unscheinbar ist das Betontürmchen, das in die Anlage hinabführt, hinter der viel Ingenieurskunst steckt. Etwa 100 Stufen geht es für die 30 Besucher nach unten. Schwindelfrei sollte man sein, denn die Gitterroste geben den Blick bis ganz nach unten frei. Auf der ersten Zwischenetage stehen dicke Stromkästen. Unten angekommen fühlt es sich an wie in einer Rakete oder Forschungsstation. In einer Box aus gelbem Gitter liegen Steinbrocken, die bei der Tunnelbohrung zum Vorschein kamen. Weiter hinten liegen noch größere Felsen und ein Stück Stahlträger der Hohenzollernbrücke von vor dem Zweiten Weltkrieg.

Weitere Führung

Am 22. November findet um 15.30 Uhr eine weitere Führung durch den Tunnel statt. Sie dauert etwa eine Stunde und richtet sich an Jugendliche und Erwachsene. Der Eintritt ist frei, aber eine Anmeldung erforderlich. Mehr Infos unter www.erklimadasmal.de.

Knapp zwei Jahre dauerte es, bis der Tunnel 1985 fertig war. Damals war es das erste Mal weltweit, dass ein Tunnel mit der Rohrvortriebtechnik gebaut wurde – also die Tunnelelemente von Pressen mit einem Bohrer voran durch das Erdreich gedrückt wurden. Vor acht Schautafeln erklärt Frank Straube von der Rhein-Energie, wie die Röhre funktioniert. „Man kann den Tunnel auch Kölns größte Zentralheizung nennen“, sagt er.

Bei der Erzeugung von Strom entsteht Wärme. Während herkömmliche Kraftwerke diese Abwärme nicht nutzen, leiten Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen die Wärme in das Fernwärmenetz ein. Dabei wird die Heizenergie zentral in modernen Kraftwerken nach den neuesten Technologiestandards erzeugt, direkt in die Häuser transportiert und dort über Wärmetauscher in Zentralheizungen eingespeist.

Das abgekühlte Wasser wird dann in das Heizkraftwerk zurück gepumpt. Beim Transport entstehen nur geringe Energieverluste. Mit der kombinierten Erzeugung von Strom und Wärme lässt sich der eingesetzte Brennstoff effektiver nutzen als bei herkömmlichen Kraftwerken: Während Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen Wirkungsgrade von bis zu 90 Prozent erzielen, wandeln selbst moderne Kohlekraftwerke nur rund 45 Prozent der eingesetzten Energie in Strom um. Durch eine effiziente Steuerung werden die Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen optimal ausgelastet, was zusätzlich die Umwelt schont.

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Durch den Tunnel mit nicht mehr als drei Metern Innendurchmesser laufen die Besucher bis zum Bauelement mit der Nummer 70. Dort ist genau die Mitte. Rechts und links laufen die dicken Rohre mit dem warmen und abgekühlten Dampf entlang. Die Temperatur ist angenehm. Die Lampen in der Mitte leuchten blau, das soll die Nähe zum Wasser deutlich machen. Man könnte meinen, man sei in einem U-Boot. „Vormittags kann man die Schiffsschrauben rotieren hören, wenn viel Verkehr ist“, weiß Straube.

Er kennt den Tunnel wie seine Westentasche. „In den vergangenen Jahren interessieren sich deutlich mehr Leute dafür, wo ihre Energie herkommt. Sie wissen auch viel mehr und stellen gezieltere Fragen. Das finde ich gut,“ sagt er. Unter den Besuchern sind auch die Kölner Studenten Sabrina Schmitt und Sascha Birk. „Es ist ziemlich cool, unter dem Rhein entlang zu laufen. So beengt, wie ich es mir vorgestellt hatte, ist es gar nicht“, sagt Schmitt.

Einen genauen Blick auf die Technik werfen die beiden auch, denn sie studieren im Fach „Erneuerbare Energien“ an der Technischen Hochschule. „Einiges wussten wir schon, aber es ist spannend, so etwas in echt zu sehen“, sagt Birk. 

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