Bei Wahner Heide gesichtetDer Kölner Wolf ist ein einsames Tier

Lesezeit 5 Minuten
Wolf Symbol 200220

Ein Wolf (Symbolbild)

  • Offenbar ist ein männlicher Wolf über eine Grünbrücke der Autobahn in Richtung Wahner Heide gelaufen.
  • In der Region gab es schon öfter Wolfs-Sichtungen. In Mützenich in der Eifel wurden bereits mehrere Schafe von Wölfen gerissen.
  • Muss man sich nun vor Angriffen fürchten? Wir haben Experten gefragt.

Man kann tatsächlich von einer Sensation sprechen: Ein männlicher Wolf hat am 27. Juli 2019 die Grünbrücke über die Autobahn 3 aus Osten kommend sehr schnell in Richtung Wahner Heide überquert. Wie das Landesumweltamt jetzt mitgeteilt hat. Bei der Aufnahme handelt es sich um eine etwa drei Sekunden kurze Sequenz aus einer Wildkamera.

Die große zeitliche Lücke zwischen der Entstehung der Aufnahme und der Bekanntgabe des Nachweises wurde damit erklärt, dass der Wolf erst jüngst bei einer Sichtung der vielen Bilder aus dem vergangenen Jahr entdeckt wurde. Der Wolf huscht also nur kurz durchs Bild.

Vor rund 200 Jahren wurde offiziell der letzte Wolf Nordrhein-Westfalens in Ascheberg-Hebern, einer kleinen Gemeinde zwischen Münster und Hamm, erlegt. Damit galt der größte Beutegreifer in NRW als ausgestorben. Nun kommen einzelne Tiere offenbar zurück.

Wie hoch ist die Gefahr, die von Wölfen ausgeht, für Menschen in Köln und der Region derzeit?

Thomas Pusch, Sprecher vom Landesfachausschuss Wolf in NRW des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), sagte dem „Express“: „Niemand muss sich Sorgen machen. Denn diese scheuen Einzeltiere bekommt kaum jemand zu Gesicht. Der Wolf wird es immer vorziehen, den Kontakt mit dem Menschen zu vermeiden. Daher kann man die Wahner Heide weiterhin angstfrei besuchen.“

Ist davon auszugehen, dass sich der Wolf jetzt am Rand von Köln oder auf dem Stadtgebiet ansiedelt?

„Nein, dafür gibt es bislang keine Anzeichen“, sagt Pusch. „Wir haben keine Meldungen von gerissenen Nutz- oder Wildtieren in diesem Bereich. Daher gehen wir davon aus, dass dieser Wolf Köln nur durchquert hat. Das Tier kann längst zum Beispiel in Belgien sein. Oder es handelt sich um den Wolf, der sich im Oberbergischen angesiedelt hat und er unternahm nur einen Ausflug. Das kann man aber erst sicher sagen, wenn man gute vergleichbare Aufnahmen hätte.“

Werden künftig mehr Wölfe im Rheinland sein?

„Wenn man sich gesellschaftlich und politisch gesehen einig ist, dass sich der Wolf wieder in Nordrhein-Westfalen ansiedeln soll, dann werden sicher irgendwann auch wieder Wolfsrudel im Rheinland entstehen“, vermutet Pusch. Ob das so kommen soll, ist jedoch umstritten zwischen Naturfreunden auf der einen Seite und jenen, die das wilde Tier Wolf fürchten. Derzeit gibt es nach Worten von Pusch rund 80 Wolfsmeldungen seit 2016 in NRW „und es werden sicher immer mehr“.

Was bedeutet das für Besitzer von Pferden, Schafen oder anderen Nutztieren?

„Wenn wir den Wolf wollen, dann müssen wir auch komplett umdenken, was die Haltung von Tieren auf Weiden und Koppeln angeht“, sagt Pusch. „Dann müssen wir viel Geld und Zeit investieren, um unsere Tiere zu schützen. Die Anforderungen sind da wirklich sehr hoch. Aber es gibt finanzielle Hilfen vom Land. Andere Länder zeigen, dass der Wolf existieren kann, wenn man seinen Besitz entsprechend mit Zäunen und Herdenschutzhunden absichert.“

Ist der Wolf vom 27. Juli 2019 der erste Wolf, der in der jüngeren Vergangenheit Kölner Boden betreten hat?

Wilhelm Deitermann, Sprecher des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW: „Davon ist wirklich nicht auszugehen. Es werden schon zig Wölfe an Köln vorbeigezogen sein, ohne dass wir es wissen. So ein Wolf kann zwischen 60 und 100 Kilometer am Tag zurücklegen.“ 

Aufregung um den Wolf mit der Kennung GW1433f

Wolf Sichtung Wahner Heide

Der mutmaßliche Wolf, fotografiert in der Nähe von Mützenich

Bis an die Kölner Stadtgrenze reicht das Wolfsverdachtsgebiet im Bergischen Land, das vom NRW-Umweltministerium ausgewiesen worden ist. Die Grundlage dafür boten mehrere Fotonachweise sowie genetische Spuren an gerissenen Nutz- und Wildtieren im Oberbergischen und im Rhein-Sieg-Kreis. „Anhand eines genetischen Befundes handelt es sich um einen weiblichen Wolf mit der Kennung GW1433f“, sagte Heinrich Bottermann, Staatssekretär im Umweltministerium, im vergangenen Dezember.

Die Buchstaben „GW“ im Namen der Wölfin stehen für „genetic“ oder „greywulf“ (genetischer oder grauer Wolf), „f“ steht für „female“, also weiblich, und 1433 ist die Nummer der Genprobe in der seit 1995 geführten bundesweiten Datenbank. 902 Quadratkilometer groß ist das „Wolfsverdachtsgebiet Oberbergisches Land“, in dem laut Umweltministerium mindestens die eine genetisch nachgewiesene Wölfin zu Hause ist. Die Ausweisung eines Wolfsverdachtsgebiets bietet vor allem die Grundlage dafür, dass Halter von Schafen und Ziegen sowie Wildgehege Fördergelder für Maßnahmen wie wolfssichere Zäune zum Schutz ihrer Herden beantragen können.

Bislang hat sich die im Bergischen nachgewiesene Wölfin weder um kommunale, noch um Landesgrenzen geschert. Dasselbe Tier, das sich im Bergischen bewegte, wurde laut NRW-Umweltministerium auch bereits im rheinland-pfälzischen Landkreis Neuwied nachgewiesen. Nun sei er allerdings offenbar im Bergischen Land „ortstreu“ geworden, so das Umweltministerium in einer Pressemitteilung. Das „Wolfsverdachtsgebiet Oberbergisches Land“ wurde sicherheitshalber auch bis nach Rheinland-Pfalz hinein ausgewiesen, erstreckt sich auch nach Süden über die Sieg bis ins Siebengebirge und in den Westerwald hinein. 

Wolf oder nicht Wolf, das ist hier die Frage

Es war die Nacht auf den 29. April 2019, als auf einer Weide bei Mützenich in der Eifel, nahe des Vennbahnradwegs drei Schafe gerissen wurden. Der Halter der Schafe brachte daraufhin seine verbliebenen Schafe in Sicherheit und stellte am Fundort eine Wildkamera auf. Am 14. Mai, tappte schließlich ein Tier in die Fotofalle.

Was auf den Aufnahmen zu sehen ist, könnte ein Wolf sein. Ein Beweis sind die Aufnahmen aber noch nicht. Den müsste eine DNA-Untersuchung bringen. In den Wochen danach wurden rund um Mützenich dreimal Schafe gerissen.

Auch in Eitorf im Rhein-Sieg-Kreis soll es Mitte vorigen Jahres zu einer Wolfsichtung gekommen sein. Dort wurde ein Foto von einem Tier gemacht, bei dem es sich um einen Wolf handeln könnte. Das Foto stammt vom Mitarbeiter eines landwirtschaftlichen Unternehmens, der das Tier selbst gesehen haben soll. Experten gehen davon aus, dass es sich – wenn es ein Wolf war – um ein ein- bis zweijähriges Jungtier handelt, das auf der Suche nach einem Partner oder einem Revier gewesen sein muss. (ksta, red)

KStA abonnieren