Beim Sex, nackt im BadKölner Zahnarzt hat in 69 Fällen heimlich gefilmt

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Das Kölner Justizgebäude an der Luxemburger Straße.

Köln – Kameras, Stative, Objektive, Videogeräte – die Ermittler staunten nicht schlecht, als sie im Januar 2018 die Wohnung eines Zahnarztes in Ehrenfeld durchsuchten. Das professionelle Equipment des Mediziners hatten seinen Grund. Seit Jahrzehnten ging der 40-jährige – bisher völlig unbescholten – einem ungewöhnlichen Hobby nach. Mit Spezialkonstruktionen am Fenster seiner Wohnung hatte er Spiegel und Videokameras angebracht, um so die Mieterin von Gegenüber zu filmen: beim Ankleiden, nackt im Bad beim Zähneputzen oder im Schlafzimmer beim Sex.

Es blieb nicht bei dem einen Opfer: Laut Anklage soll der Arzt in mindestens 69 Fällen ähnlich vorgegangen sein, hatte sich später sogar unerkannt Zugang zu den Wohnungen im Haus verschafft. Wegen Hausfriedensbruch, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches und Besitz von Kinderpornografie wurde ihm am Dienstag vor dem Amtsgericht der Prozess gemacht.

Spezialeinheit fasste den Täter

Aufgeflogen war das Ganze, weil der Zahnarzt auch einen Hang zur Kinderpornografie hatte und einer Sonderermittlungsgruppe ins Netz ging, die auf solche Fälle spezialisiert ist. Die ausspionierten Frauen hatten nichts gemerkt. Bei der Wohnungsdurchsuchung stießen die Ermittler nicht nur auf eine umfangreiche technische Ausrüstung, sondern auch auf zahlreiche Videos, die der Arzt von seinen weiblichen Nachbarn im Haus und Gegenüber ausspioniert hatte.

Offensichtlich begnügte er sich nicht nur mit den Aufnahmen, die von außen am Fenster gefilmt wurden, sondern verschaffte sich Zugang zu den Wohnungen der Frauen, ohne dass sie es merkten, installierte dort Kameras und bohrte Löcher in die Wände, umso möglichst alle Lebensbereiche der Frauen auf Film zu bannen.

Angeklagter filmte sich selbst mit Sexspielzeug der Frauen

In einigen Fällen filmte er sich auch selbst dabei, wie er im Schlafzimmer Sexspielzeug der Frauen aus den Schubladen holte und sich dabei vergnügte. „Drei Tage und Nächte Videos in Dauerschleife“ – so die Anklägerin, hatten die Ermittler das beschlagnahmte Material gesichtet.

Die Dateien speicherte der Arzt chronologisch mit Überschrift versehen ab und gab damit Einblick in seine offenbar gestörte Sexualität: „Stute“, „Knackarsch“, '„Quarkbeutel“ oder „Schamhügel“, um nur die harmloseren Beispiele zu nennen. Heute sagt er dazu: „Ich schäme mich zutiefst. Meine Sexualität hat sich nur auf den Voyeurismus beschränkt.“ Er habe noch nie eine Partnerin gehabt.

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Bleich, mit gefaltenen Händen, gepflegtem Äußeren, den Blick gesenkt, sitzt Tom S. (40, Name geändert) wie ein Schulbub neben seinem Anwalt. Als die Staatsanwältin die umfangreiche Anklage verliest, wechselt seine Gesichtsfarbe auf dunkelrot und er scheint den Tränen nahe, als sie zu den Vorwürfen kommt, die sich auf den Besitz von Kinderpornographien beziehen.

Beruflich erfolgreich, privat ein Außenseiter

Als Zahnarzt ist S. beruflich erfolgreich, im Privatleben sieht das anders aus. Glaubt man seinen Angaben, war das von frühester Jugend an so. S. galt schon in der Schule als Außenseiter, Einzelgänger, der sich zurückzog. Die Familienverhältnisse waren schwierig: Die Mutter depressiv und Alkoholikerin, nahm sich das Leben, wie schon zuvor die Großmutter. Der Vater war eher distanziert. „Mein privates Leben ist schief gelaufen“, sagt er heute und nennt den Tag der Durchsuchung durch die Polizei „meine Befreiung“. Seitdem er aufgeflogen ist, macht er eine Therapie, scheint offensichtlich auf dem richtigen Weg.

Die Anklägerin spricht von einer „menschen- und frauenverachtenden Haltung“, die er durch die Taten gezeigt habe. Sie plädiert auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten. Das Urteil ergeht antragsgemäß: „Sie haben den Opfern enormen Schaden zugefügt und unglaubliche Male Grenzen überschritten“, heißt es in der Urteilsbegründung.

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