Betrunken bei der VerhandlungAngeklagter singt Helene-Fischer-Song vor Kölner Gericht

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Der Haupteingang zum Justizzentrum Köln mit Amtsgericht und Landgericht an der Luxemburger Straße

Köln – Das Lied „Atemlos durch die Nacht“ von Schlagersängerin Helene Fischer wurde Hunderttausende Male verkauft. Ein Hit im deutschsprachigen Raum, keine Frage. Nun trug unter anderem dieser Song dazu bei, dass ein Mann ins Gefängnis gesteckt wird. So geschehen bei einem Berufungsprozess vor dem Landgericht Köln. Der Angeklagte war betrunken erschienen, hatte sich vollkommen daneben benommen – und seine kaum vorhandenen Sangeskünste ungefragt im Gerichtssaal vorgeführt.

Mit Ecstasy und Marihuana gedealt

Eigentlich wollte sich der Kölner (53) vor der 1. Kleinen Strafkammer des Landgerichts gegen eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und sechs Monaten ohne Bewährung zu Wehr setzen, die ihm das Amtsgericht auferlegt hatte; wegen Besitzes und Handels mit Betäubungsmitteln. Laut Urteil hatte der Mann mit Ecstasy und Marihuana gedealt, um so seine Sozialleistungen aufzustocken.

Obszöne Gesten vor Richterin und Zuschauern

Die Verhandlung in Saal 216 des Kölner Justizgebäudes war bereits für 11 Uhr vormittags angesetzt; was den Angeklagten nicht davon abhielt, sturzbetrunken vor der Richterin zu erscheinen. Eine ordentliche Verhandlungsführung war offenbar nicht möglich. „Haben Sie heute gefrühstückt?“, wollte die Vorsitzende wissen und feststellen, wie hoch der Alkoholpegel des Angeklagten wohl war. Er sei zweimal auf der Toilette gewesen und habe eine Frau beglückt, war die Antwort des 53-Jährigen, dazu machte er obszöne Gesten. Und dann sang er auch noch. „Atemlos durch die Nacht…“, schallte plötzlich der Helene Fischer-Hit durch den Saal, auch „Verdammt ich lieb dich“ von Schlagersänger Matthias Reim stimmte der Angeklagte an. Offenbar wollte er die Zuschauer im Saal unterhalten.

Der Richterin reichte die Darbietung. Sie rief die Polizei, die mit einem Alkoholtestgerät anrückte und den Angeklagten pusten ließ. 2,6 Promille zeigte das Gerät an. Er habe Bier und Wein getrunken, meinte der Mann auf Nachfrage: „Ich trinke jeden Tag.“ Zur Sicherung des Verfahrens erließ die Richterin daraufhin einen Haftbefehl, der Angeklagte wurde in die Justizvollzugsanstalt Ossendorf gebracht.

Angeklagter hat noch eine Chance

Die Richterin tat dem Helene-Fischer-Fan damit womöglich etwas Gutes. Verteidigerin Monika Troll bemerkte, dass die Vorsitzende die Berufung des Angeklagten auch hätte verwerfen können, da dieser nicht verhandlungsfähig erschienen sei. Die Haftstrafe, gegen die der Mann sich wehrt, wäre damit rechtskräftig geworden. So hat der Angeklagte noch eine weitere Chance. Und aus dem Gefängnis in Ossendorf wird er wohl in nüchternem Zustand zum nächsten Verhandlungstermin gebracht.

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