Bilanz nach Razzia bei AmazonKölner Polizei und Zoll stellen zahlreiche Mängel fest

Lesezeit 3 Minuten
Razzia Amazon Köln

Polizei und Zoll haben am Mittwochmorgen Paketzusteller am Lieferzentrum in Merkenich kontrolliert.

Köln – Bei Kontrollen von Paketzustellern des Online-Händlers Amazon in Köln haben Zoll und Polizei am Mittwochmorgen zahlreiche Mängel entdeckt. Gut 50 Fahrer seien auf und vor dem Amazon-Werksgelände befragt worden. In 24 Fällen seien Hinweise auf Verstöße wie Unterschreiten des Mindestlohns oder Arbeit ohne Sozialversicherung aufgefallen, sagte ein Zollsprecher am Mittwoch.

Außerdem hätten mehrere Lieferwagen teils erhebliche Mängel aufgewiesen - von völlig abgefahrenen Reifen über einen abgerissenen Querlenker bis zu einem Riss in der Frontscheibe. „Mehr als die Hälfte mit Beanstandungen - und das schon auf den ersten Blick. Meist kommt bei der genauen Auswertung der Daten später noch mehr raus“, sagte der Sprecher

Polizei lässt bei Razzia bei Amazon maroden Transporter abschleppen

Im Minutentakt fahren die weißen Kleintransporter am frühen Mittwochmorgen auf das Gelände von Amazon Logistics in Merkenich. Statt von ihren Fahrdienstleitern werden die Paketzusteller heute allerdings von Beamten des Zolls begrüßt. Manche spricht ein Motorradpolizist auch schon vor dem Tor an und schickt sie zu einer Kontrollstelle der Landespolizei ein paar Meter weiter die Straße rauf.

Die Behörden haben sich zu einer gemeinsamen Großkontrolle verabredet – es geht um den Verdacht  der Schwarzarbeit, des Sozialversicherungsbetrugs, der Mindestlohnunterschreitung, der Scheinselbständigkeit und des illegalen Aufenthalts. „Eine ganze Bandbreite an möglichen Verstößen und Verfehlungen, die so eigentlich in keiner anderen Branche vorkommt“, sagt Zoll-Sprecher Jens Ahland. Die Polizei prüft darüber hinaus, ob die Kurierfahrzeuge technisch in Ordnung sind. Viele sind es anscheinend nicht: Sie werden später wegen mutmaßlicher Mängel dem Tüv vorgeführt. Ein Transporter wird abgeschleppt, weil der Querlenker gebrochen ist.

Razzia Amazon Köln 2

Polizei und Zoll kontrollierten am Mittwochmorgen Fahrer des Lieferdienstes.

Bei einer Razzia bei sieben Lieferdiensten in Köln und Umgebung vor zwei Jahren hatten die Zöllner bereits teils massive Verstöße festgestellt. Dabei war herausgekommen, dass viele Fahrer weniger verdienten als gesetzlich vorgeschrieben – zum Beispiel, weil sie die Zeit nicht bezahlt bekamen, die sie zum Beladen ihrer Fahrzeuge oder am Abend zur Rückkehr ins Depot benötigten.

Nachhaltig Eindruck gemacht haben die Kontrollen seinerzeit offenbar nicht. „Wir machen im Grunde heute da weiter, wo wir beim letzten Mal aufgehört haben“, sagt Ahland. Gleich mehrere Kurierfahrer sind nicht bei der Sozialversicherung angemeldet. Sie geben an, ausgerechnet heute den ersten Tag im neuen Job zu arbeiten oder nur einen Probetag zu machen - „der Klassiker“, sagt Ahland. Aber die Ausrede zieht nicht. Es gibt in dieser Branche eine Sofortmeldepflicht. Das heißt: Noch bevor ein Fahrer den ersten Kilometer zurücklegt, muss er ordnungsgemäß angemeldet sein.

Weniger als 9,50 Euro pro Stunde verdient

Amazon hat keine eigenen Fahrer, sondern arbeitet mit Transportunternehmen zusammen, die häufig wiederum Subunternehmen beauftragen. Dieser Unternehmer – und nicht etwa Amazon – trägt letztlich die Verantwortung, dass alles korrekt läuft. Auch diesmal hören die Fahnder von 15 der insgesamt mehr als 50 kontrollierten Fahrer, dass sie nicht die gesetzlich vorgeschriebenen 9,50 Euro Mindestlohn pro Stunde verdienen. Dies müssen die Ermittler in den nächsten Tagen bei den entsprechenden Firmen nachprüfen. Bei weiteren fünf Kurieren besteht der Verdacht, dass sie Sozialleistungen beziehen und trotzdem Pakete ausfahren, ohne den Job angemeldet zu haben. (mit dpa)

KStA abonnieren