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Bürgermeister Zöllner„Keine Mietautos, aber dafür auch keine E-Scooter in Chorweiler“

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Bezirksbürgermeister Reinhard Zöllner in seinem Büro. 

  • Der Chorweiler Bürgermeister Reinhard Zöllner sieht im geplanten Stadtteil Kreuzfeld eine Chance für den ganzen Bezirk.
  • Die Infrastruktur in Chorweiler muss seiner Meinung nach verbessert, der Blumenbergsweg ausgebaut werden.
  • Wir haben im Gespräch mit ihm einen Blick zurück und nach vorne geworfen.

Köln – Herr Zöllner, wie war für Sie das Jahr 2019?

Reinhard Zöllner: Voll mit Themen, die uns auch 2020 weiter beschäftigen werden. Etwa der Umbau der zentralen Plätze hier in Chorweiler und die Diskussion um den Ort gegenüber von Blumenberg.

Mit Letzterem meinen Sie das Neubaugebiet Kreuzfeld...

Ja.

Was erhoffen Sie sich von dem Bauprojekt?

Es ist die Chance für den Bezirk, das zu bekommen, was er dringend braucht: Ausbau der Infrastruktur und Straßen, Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, Schulen, zusätzliche Einkaufsmöglichkeiten, ärztliche Versorgung, Kindergärten. Diese Themen muss man mit dem neuen Ort verbinden, denn wenn die Infrastruktur nicht stimmt, haben wir den nächsten Problem-Ort, der nicht funktionieren wird. Alle Orte, die den neuen Stadtteil umgeben, müssen mit angesprochen werden.

Finden Sie weiterhin, dass der Bezirk Chorweiler von der Stadt stiefmütterlich behandelt wird?

Ja. Wir fordern seit langem den Ausbau von Straßen und des öffentlichen Nahverkehrs, im Stadtbezirk gibt es immer noch keine Mietautos oder Mietfahrräder. Aber man muss auch das Positive dabei sehen, wir haben keine E-Scooter (lacht). Wenn Verträge beispielsweise mit Autovermietungsfirmen abgeschlossen werden, dann müssen sie die gesamte Kommune betreffen und nicht nur die Innenstadt oder den Bereich bis zum Militärring. Und das ist hier nicht gegeben.

Wie sehr frustriert Sie die Situation für Chorweiler?

Es ist manchmal ernüchternd, wie es für den Stadtbezirk läuft. Gut, an den Plätzen in Chorweiler tut sich etwas. Wir achten auf den Stadtteil Chorweiler selbst, aber bei den anderen Orten im Bezirk kommt die Stadtplanung nicht ausreichend an.

Was ist der Grund? Weil Chorweiler zu weit weg ist?

Es gibt Chorweiler und Chorweiler. Im Ort Chorweiler kommen Gelder an, werden Projekte umgesetzt, das haben wir über die Jahre immer wieder erlebt. Das ist auch gut so, aber damit heißt es auch von Seiten der Stadt Köln: „Guckt mal, in Chorweiler habt ihr doch schon Geld gekriegt.“ Aber es gibt mehr Stadtteile im Bezirk.

Was wünschen Sie sich für 2020 für den Bezirk?

Einmal, dass die S-Bahn nicht mehr so oft den Stadtbezirk umfährt. Und überhaupt Investitionen in die Infrastruktur. Wie kann man zum Beispiel den Bahnhof Blumenberg besser gestalten? Das ist sicher nicht mit städtischen Mitteln möglich, aber vielleicht mit Landes- oder Bundesmitteln. Dann der Ausbau des Blumenbergwegs. Wir haben es jetzt auch wieder erlebt an einigen Tagen: An der Autobahn 57 und der Autobahn 1 ist Stau, viele Fahrer nutzen die B9, die Mercatorstraße und sämtliche größeren Straßen des Stadtbezirks, um schneller irgendwo hin zu kommen. Aber damit geht dann gar nichts mehr.

Zur Person

Reinhard Zöllner ist seit dem Jahr 2009 Mitglied der Bezirksvertretung Chorweiler. Eine Legislaturperiode lang saß er als Mitglied der CDU-Fraktion in dem Stadtteilparlament; bei der Kommunalwahl im Jahr 2014 wurde er schließlich zum  Bezirksbürgermeister von Chorweiler gewählt. Damit trat er die Nachfolge von Cornelie Wittsack-Junge (Grüne) an. Der 52-Jährige wurde in Köln geboren und lebt im Stadtteil Worringen. 

Im September finden Kommunalwahlen statt. Werden Sie noch einmal kandidieren?

Das weiß ich noch nicht.

Wovon machen Sie das abhängig? Es gibt noch Gespräche derzeit, und davon wird es abhängig gemacht.

Wann werden Sie sich entscheiden?

Wir werden sicher demnächst eine Entscheidung haben.

Haben Sie denn Lust weiterzumachen und macht Ihnen der Job als Bezirksbürgermeister Spaß?

Ja, ich habe Lust dazu. Es macht manchmal Spaß, es ist manchmal stressig, es ist nicht immer lustig, aber das ein oder andere Thema im Bezirk ist aus meiner Sicht noch nicht beendet, und das würde ich gerne tun. Etwa beim „Ort gegenüber von Blumenberg“, wie sieht die endgültige Planung dafür aus? Das wird in den kommenden fünf Jahren entschieden. Ein weiteres Thema, an dem ich als Bezirksbürgermeister beteiligt bin, ist die Chorweiler Tafel. Das Projekt läuft – allerdings noch nicht ganz rund, wir müssen noch einiges daran tun. Da fände ich es gut zu wissen, dass es in einer sicheren Spur ist.

Wie war die vergangene Legislaturperiode für Sie?

Ich hatte zu Hause mal aufgeschrieben, was mir in Erinnerung bleibt. Am Anfang waren das die Veranstaltungen zu den Flüchtlingsunterkünften in Blumenberg, Worringen und Esch. Dann die Diskussion um neue Wohnflächen im Bezirk. Die Sanierung der Plätze in Chorweiler vom ersten Telefonat an.

Gab es in der Legislaturperiode Momente, wo Sie alles hinwerfen wollten?

Es gab auch Situationen, wo man sagt, ja, ich habe die Schnauze voll, aber da spielten dann meistens auch private Sachen mit rein.

Können Sie jungen Menschen empfehlen, in die Kommunalpolitik zu gehen?

Ja und nein. Man muss einiges an Frustpotenzial mitbringen. Ich fände es toll, mehr junge Leute in der Bezirksvertretung zu sehen und auch einen gesunden Schnitt von Menschen allen Alters. Es ist schwierig, was die Menge an Terminen angeht, die als Bezirksvertreter und auch als Bezirksbürgermeister auf einen zukommen. Mehr, als ich anfangs dachte. Dessen muss man sich bewusst sein. Und dann ist es natürlich auch schwer, wenn man im Beruf steht und Familie aufbaut oder in der Ausbildung ist, dies alles zu bedienen.

Muss man für das Amt idealistisch sein?

Ja, und man muss einiges dransetzen. Viel Freizeit, viel Ärger auch mit dem Arbeitgeber, und man muss sich überlegen: Will man es nun machen oder nicht. Es halbherzig zu tun, finde ich nicht richtig. Sich wählen lassen, um mal dabei zu sein – Nee.

Wie fühlen Sie sich von der Öffentlichkeit aufgenommen? Wie sicher fühlt man

sich als Bezirkspolitiker? Der ganz normale Bürger geht auch normal mit mir um. Das es immer wieder Extreme gibt, erleben wir, erlebe ich, hier auch. Und dann muss man sich überlegen, wie gehe ich damit um.

Können Sie ein extremes Beispiel nennen?

Ich habe einige Besucher mal aus meiner Bürgersprechstunde rausgeworfen. Und daraufhin Änderungen eingeführt: Die Uhrzeit nach vorne verlegt, so dass ich nicht allein hier bin und jemand notfalls die Polizei oder den Sicherheitsdienst rufen kann. An der Tür habe ich den Knauf einführen lassen, weil Leute immer wieder einfach reinkamen, auch während der Bürgersprechstunde, wenn man sich mit anderen unterhält. Wenn die Leute schon zu mir kommen, will ich mich auch in Ruhe mit ihnen unterhalten, ohne Unterbrechungen. Deswegen der Knauf.

Wird die Bürgersprechstunde oft in Anspruch genommen?

Ja. Ich sehe mich des öfteren auch als Seelendoktor, weil vielen eigentlich gar nicht bewusst ist, welche Möglichkeiten ich als Bezirksbürgermeister überhaupt habe.

Die Leute denken dann, dass Sie all ihre Probleme lösen?

Ja. Aber ich kann keine Einzelprobleme lösen, wie etwa „Ich bekomme keine Baugenehmigung, tun Sie da mal was dran“, oder „Mein Nachbar ist böse zu mir, tun Sie da mal was dran“. Das ist auch nicht Aufgabe des Bezirksbürgermeisters, für einen Einzelnen loszumarschieren für eine Baugenehmigung. Falls natürlich mehrere Menschen das gleiche Problem haben, ist es ein Thema für den Bezirksbürgermeister.

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