„Es wird wehtun“Was Kandidaten nach der Bundestagswahl 2021 für Köln tun wollen

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Was wollen Matthias Birkwald (Linke), Reinhard Houben (FDP) und Christoph Peterka (Volt, v.l.) für Köln erreichen?

Köln – „So besonders gut ist der Ruf Kölns in Berlin nicht, das muss man leider feststellen. Das hilft uns natürlich nicht in der Auseinandersetzung mit anderen Regionen und Städten.“ Diese Erfahrung hat Reinhard Houben bei seiner Arbeit in der Hauptstadt gemacht. Seit vier Jahren ist der Unternehmer und FDP-Politiker Mitglied des Bundestages, für den er erneut kandidiert. Das gilt auch für Sozialwissenschaftler Matthias W. Birkwald, der seit 2009 dem Parlament angehört und rentenpolitischer Sprecher der Fraktion Die Linke ist. Dagegen kandidiert Christopher Peterka, Mitglied der Partei Volt und Geschäftsführer der Denkfabrik „gannaca global“, zum ersten Mal für den Bundestag. Am Dienstagabend nahmen die drei Politiker an der Diskussion „Was tun unsere Abgeordneten für Köln?“ des „Kölner Stadt-Anzeiger“ teil, die als Livestream übertragen wurde.

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Was wollen Matthias Birkwald (Linke), Reinhard Houben (FDP) und Christoph Peterka (Volt, v.l.) für Köln erreichen?

Für die Arbeit in der Opposition gelte: „Jeder Antrag wird abgelehnt", sagte Houben. So habe er sich vergeblich dafür eingesetzt, dass das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Porz mehr Mittel bekomme. Trotzdem versuche man als Abgeordneter und „Ansprechpartner“ vor Ort, die Probleme, die sich in der Kommune stellen, zumindest „ins Verfahren zu bringen.“

Birkwald nannte Beispiele dafür, dass die Abgeordneten der „Kölner Fraktion“ durchaus etwas bewegen konnten. Dazu zähle die „Hochstufung“ des Bahnknotens Köln im Bundesverkehrswegeplan und das Versprechen der DB Regio, sich um eine Lösung des Problems zu bemühen, dass die S-Bahn-Haltepunkte in Chorweiler wiederholt nicht angefahren werden. Peterka betonte, man dürfe Köln nicht als „Insel“ sehen; es komme auf „Netzwerkarbeit“ und Kooperation an. Um Themen wie Klima, Gesundheitsschutz, Migration und Mobilität gehe es auch anderswo.

Probleme, die nicht nur Köln betreffen

Dementsprechend drehte sich die Diskussion, die Christian Hümmeler, Leiter der Lokalredaktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“, und Redakteurin Nina Klempt moderierten, auch um Probleme, die nicht nur Köln betreffen. Die Klimakrise zu bewältigen sei vordringliche Aufgabe, betonte Peterka. Dazu müsse gehören, den Kohleausstieg auf 2030 vorzuziehen und ein Bundesministerium für Energie zu schaffen. Die Krise erfordere, Klartext über Gegenmaßnahmen zu reden: „Es wird wehtun, viel Geld kosten und einen anderen Alltag bedeuten.“

Houben sagte, statt die Menschen mit einem „Horrorszenario mit Verboten“ zu verschrecken, müsse man ihnen „positive Perspektiven“ bieten. Er sei zuversichtlich, dass sich das Problem lösen lasse, etwa durch den bewährten Handel mit CO2-Zertifikaten und neue Technologien. Dabei räumte er ein: „Es wird unpopuläre Maßnahmen geben.“

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Birkwald unterstrich, bei allen Anstrengungen zur Erreichung des 1,5-Grad-Klimaziels dürften kleine und mittlere Einkommen nicht überproportional belastet werden. Er sehe die Gefahr, „dass der Kampf gegen den Klimawandel alle anderen Themen überstrahlt“, besonders das der sozialen Gerechtigkeit. Dass es daran stark hapere, zeige sich etwa an der Altersarmut; sie müsse mit einer Mindestrente bekämpft werden.

Bau von 250.000 Sozialwohnungen pro Jahr

Beim Thema Wohnungsnot forderte er einen bundesweiten Mietendeckel und den Bau von 250.000 Sozialwohnungen pro Jahr. Der Wohnungsbestand müsse „ein Stück weit dem Markt entzogen“ werden. Seit vielen Jahren fordere die Kölner Kommunalpolitik, zumindest die FDP: „Bauen, bauen, bauen“, Sozialwohnungen eingeschlossen, sagte Houben. Dafür müsse mehr Boden zur Verfügung gestellt werden. Nur so lasse sich der Mangel mit steigenden Mieten als Folge beheben.

In Köln gebe es „erhebliche Flächenreserven“, machte Peterka geltend. Bezahlbares Wohnen zu gewährleisten sei unabdingbar, um den sozialen Frieden nicht zu gefährden. Auch die Corona-Krise kam zur Sprache. Houben kritisierte, nach dem Sommer 2020 hätten andere Entscheidungen getroffen werden müssen. Die Wirksamkeit der „großflächigen Verbote“ lasse sich stark anzweifeln. In Köln hätte man früher dezentrale, niederschwellige Impfangebote machen sollen.

Peterka sprach Defizite der digitalen Bildung an und nannte eine Grundschule in Nippes, die noch im Januar dieses Jahres kein WLAN gehabt habe. Wichtig sei prinzipiell, „die Menschen mitwirken zu lassen". Birkwald sagte: „Ich bin sehr angefasst, dass mit den Grundrechten leichtfertig umgegangen worden ist.“ Eine Lehre aus der Krise sei, dass „Menschen, die den Laden rocken“ wie Pfleger und Paketboten, besser bezahlt werden müssten. Um die Kosten der Corona-Krise zu finanzieren, solle eine Vermögensabgabe erhoben werden. 

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