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BundesverdienstkreuzKölnerin ermöglicht Kindern regelmäßiges Fußballtraining

Lesezeit 4 Minuten
Sandra von Möller findet Fußball großartig.

Sandra von Möller findet Fußball großartig.

Köln – Auf die Frage, wie viele Kinder sie hat, kann Sandra von Möller wohl nie eine ganz präzise Antwort geben. Neben ihren drei eigenen, sieben, elf und 14 Jahre alt, wären da noch die etwa 350 übrigen, die sie zwar nicht auf die Welt, in gewisser Weise aber dennoch ins Leben gebracht hat.

Dass diese 350 Jungen und Mädchen dank ihrer Initiative „Kidsmiling“ an einem regelmäßigen Fußballtraining teilnehmen können, „bei Wind und Wetter, und wenn sie wollen, selbst an Heiligabend“, ist das, was nach draußen sichtbar wird.

Viel wichtiger ist jedoch das, was dadurch im Inneren dieser Kinder und Jugendlichen passiert: Bei diesem Gemeinschaftserlebnis erleben die meisten von ihnen zum ersten Mal Verlässlichkeit und Verbindlichkeit. Sie entwickeln ein Selbstwertgefühl und bekommen obendrein noch etwas, woran sie vorher nie geglaubt hätten: die Überzeugung, dass auch sie im Leben eine Chance haben.

Liebe zum Fußball

Sandra von Möller ist promovierte Juristin und führt heute mit ihrem Mann ein mittelständisches Technologieunternehmen. Dass sie eine Affinität zum Fußball hat, würde man aufgrund ihrer eleganten Erscheinung nicht sofort vermuten.

Die Leute seien oft überrascht, dass das Projekt von einer Frau organisiert werde, gibt die 47-Jährige lächelnd zu und erzählt, wie sie vor Jahren in ihrem Kostüm ins Sportgeschäft ging, um richtige Fußballschuhe mit Stollen zu kaufen. Danach erfolgte das Training mit einem Freund. „Da habe ich gesehen, dass Fußball super ist.“

Sandra von Möller stammt gebürtig aus Freiburg, studierte in München und kam im Rahmen ihres Rechtsreferendariats am Jugendgericht in Duisburg „zum ersten Mal bewusst mit Armut“ in Berührung. Sie habe „Jugendliche mit unglaublichen Vorstrafenregistern kennengelernt“; Jugendliche ohne jede Perspektive, zumal deren Familien teilweise „über Generationen hinweg von der Sozialhilfe lebten“; Jugendliche, die aufgrund ihrer eigenen, oft frühkindlichen Gewalterfahrung selber zu Gewalttätern geworden seien.

Als Jahre später im Zuge der Wirtschaftskrise immer mehr Jugendeinrichtungen aufgrund fehlender finanzieller Mittel schließen mussten, habe sie – inzwischen selber Mutter geworden und in Köln lebend – beschlossen, aktiv zu werden. Zunächst sammelte sie Spenden, damit bestehende Projekte aufrechterhalten werden konnten und unterstützte unter anderem „Körbe für Köln“.

Im Jahr 2006 setzte sie sich mit der damaligen Leiterin des Amtes für Kinderinteressen zusammen und erarbeitete das Konzept für „Kidsmiling“, das ein Jahr später im Stadtteil Lindweiler gestartet wurde.

„Wir sind mitten in den Wohnvierteln“

Das kostenlose Fußballtraining, das einmal wöchentlich im Anschluss an den Offenen Ganztag stattfindet, wird von Trainern und Trainerinnen geleitet, die nicht nur über eine entsprechende Lizenz, „sondern auch über eine hohe Sozialkompetenz“ verfügen. „Wir sind mitten in den Wohnvierteln, mitten im Lebensumfeld der Kinder“, betont Sandra von Möller. Um auch Kinder der neu in Deutschland lebenden Flüchtlingsfamilien erreichen zu können, wurde das Programm innerhalb der vergangenen Jahre noch einmal erweitert: Inzwischen erstreckt sich „Kidsmiling“ auf 21 Kölner Stadtteile, drei in Düsseldorf und einen in Leverkusen.

„Ich finde es fast unerträglich zu sehen, dass bei uns so viele Kinder und Jugendliche auf der Strecke bleiben, die ein so riesiges Potenzial haben“, beklagt die 47-Jährige. Die Ursache sieht sie im hiesigen Schulsystem. „Kinder von Eltern, die wenig Bildung haben und die Sprache nicht können, haben es unglaublich schwer, etwas zu erreichen“, betont die Unternehmerin und IHK-Vizepräsidentin.

„Der Offene Ganztag ist ein reines Rumhängen!“ Und wenn die Kinder müde nach Hause kämen, sollten sie mit ihren vom Arbeitstag ebenfalls müden Eltern noch Hausaufgaben machen und lernen.

Erschreckend findet von Möller, „dass Deutschland das Land ist, das am wenigsten Geld in die Entwicklung unserer Kinder steckt“. Sie selber steckt seit Jahren ihre gesamte Freizeit in ihr Herzensprojekt „Kidsmiling“. Kaffeetrinken mit Freundinnen oder Schaufensterbummel kennt die 47-Jährige kaum noch. Sie hatte bis kurz vor ihrem Abflug nach Berlin nicht einmal die Zeit zu überlegen, was sie tragen wird, wenn ihr am heutigen Dienstag von Andrea Nahles die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik Deutschland übergeben wird.

Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales war es auch, die Sandra von Möller aufgrund ihres nachhaltigen Engagements für das Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen hatte. Die offizielle Verleihung durch Joachim Gauck fand bereits Anfang Februar statt. Sie habe etwas zurückgeben wollen, „weil ich selber eine wundervolle Kindheit hatte und gefördert worden bin bin“, begründet von Möller ihr Engagement. Ihre eigenen Kinder fühlten sich dadurch im Übrigen nicht zurückgesetzt, sondern fänden die Initiative auch toll. Zur Feier des Tages – oder besser: zur Feier ihrer Mutter – haben sie heute sogar schulfrei.

Tanzen für einen guten Zweck

Zum sechsten Mal findet zugunsten des gemeinnützigen Vereins „Kidsmiling“ am Samstag, 25. März, ein Benefizball für geladene Gäste statt. Neben Oberbürgermeisterin Henriette Reker und ihrem Leverkusener Kollegen Uwe Richrath wird vor allem Prominenz aus dem Sport im New Yorker Harbour Club erwartet. Sowohl FC-Präsident Werner Spinner als auch Geschäftsführer Alexander Wehrle unterstützen das Engagement von „Kidsmiling“-Gründerin Sandra von Möller.

Mehr Infos gibt es unter www.kidsmiling.de.

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