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Bußgelder, Wohnmobile, OldtimerWas Sie nach dem Diesel-Urteil für Köln wissen müssen

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Auch im Kölner Stadtteil Ehrenfeld staut es sich - wie hier auf der Venloer Straße.

Köln – Am Tag nach dem Diesel-Urteil des Verwaltungsgerichts Köln und Bonn zu den drohenden Fahrverboten in Köln und Bonn haben sich die Schockwellen noch nicht gelegt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Für welche Fahrzeuge sollen die Fahrverbote in Köln gelten?

Ab 1. April für Diesel der Abgasklasse Euro 4 oder schlechter. Ab 1. September 2019 wird es auf Fahrzeuge der Euro 5-Norm ausgedehnt. Auch Benziner der Klassen Euro 1 und 2 dürfen ab April 2019 nicht mehr fahren.

Was ist mit Diesel-Fahrzeugen der Euro 6-Norm?

Sie sind vorerst nicht betroffen. Die Umwelthilfe geht davon aus, dass dies ab 2020 der Fall sein könnte, falls die getroffenen Maßnahmen nicht ausreichen.

Wo sollen die Verbote gelten?

Das Verwaltungsgericht hat vorgegeben, dass die Diesel-Fahrverbotszone sich an der grünen Umweltzone orientieren muss, die 2012 eingeführt wurde.

Die Bezirksregierung Köln will gegen das Urteil Berufung einlegen. Was bedeutet das?

Durch die Berufung hat das Urteil keine Rechtskraft. Es kommt darauf an, wie schnell das Oberverwaltungsgericht Münster in den Fällen Köln und Bonn entscheidet.

Wie kann ich erkennen, zu welcher Klasse mein Diesel gehört?

Das steht in den Papieren, in den Zulassungsbescheinigungen Teil eins und zwei. Also im Fahrzeugbrief und -schein.

Wie viele Autos wären in Köln von Fahrverboten betroffen?

Nach Angaben der Bezirksregierung waren im Jahr 2017 in Köln 475 000 Pkw zugelassen. Davon sind 159 000 Diesel-Fahrzeuge. Davon erfüllen mehr als 91 000 Autos nicht die Euro-Norm 6. Davon sind rund 30 000 Euro -4- und 51 000 Euro-5-Diesel. Ein Fahrverbot würde zusätzlich auch 106 000 Einpendler mit Diesel-Pkw betreffen. Darüber hinaus sind ungefähr 790 Handwerksbetriebe, 530 Mitglieder des Hotel- und Gaststättenverbands und 10 500 Mitgliedsunternehmen der IHK mit Hauptsitz in der Innenstadt betroffen.

Wird es Ausnahmen von den Fahrverboten geben?

Ja. Um sicherzustellen, dass das Einfahrtsverbot dem vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt, ist zu prüfen, wem eine Ausnahme von diesem Verbot zu gewähren ist. Der ADAC hat angekündigt, dass er für jedes Dieselfahrverbot – also auch für Köln und Bonn – klären wird, ob die Vorgaben des Gerichts eingehalten werden.

Folglich wird es Ausnahmen für Anwohner, Schwerbehinderte oder Gewerbetreibende geben. Diese Ausnahmen können entweder durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung gewährt werden. Auch Ausnahmen nach der Bundesimmissionsschutzverordnung sind zu berücksichtigen.

Was ist mit Oldtimern?

Dazu kann man laut ADAC nichts sagen. Die Dieselfahrverbote haben nichts mit den bestehenden Ausnahmekatalogen für die Umweltzonen zu tun. Also muss die Oldtimer-Frage geregelt werden. Darunter fallen alle Autos, die 30 Jahre oder älter sind.

Und mit Wohnmobilen?

Nur die neuesten Wohnmobile erfüllen die jetzt diskutierten Kriterien. Nachrüstungen älterer Fahrzeuge sind schwierig, oft sogar unmöglich. Wer in der Umweltzone wohnt, fragt sich, wo er sein Wohnmobil in Zukunft abstellen soll. Interessenverbände haben bereits eine Initiative für ein „C-Kennzeichen“ gestartet. Wohnmobile sollen genau wie Oldtimer ein besonderes Kennzeichen bekommen, das einer Sondererlaubnis gleichkommt. Der Umgang ist auch eine Frage der Tourismus-Förderung: In Köln liegt der offizielle Wohnmobilplatz in der Umweltzone.

Was hat die Bezirksregierung Köln bisher unternommen, um Fahrverbote zu verhindern?

Der neue Luftreinhalteplan enthält Maßnahmen mit dem Ziel, den Grenzwert ohne Fahrverbote zu erreichen. Dazu zählen Hardware-Nachrüstungen von Euro-5-Dieseln, die Bauarbeiten auf der Mülheimer Brücke, ein Transitverbot für Lkw und die Erneuerung der Busflotte. Das alles reicht nicht, um den Grenzwert bis 2020 zu erreichen.

Sind Fahrverbote überhaupt geprüft worden?

Ja, in drei Varianten. Streckenbezogene, also auf den fünf Straßen, in denen die Grenzwerte überschritten werden, ein Transitverbot für Lkw über 7,5 Tonnen und zonale Fahrverbote.

An den fünf belasteten Straßen könnten die Grenzwerte eingehalten werden. Das würde aber zu erheblichen Belastungen für Anwohner und Pendler führen.

Wie soll das Fahrverbot kontrolliert werden?

Das ist unklar. Im Gespräch ist laut Kölns Umwelt- und Gesundheitsdezernent Harald Rau eine Kennzeichen-Erfassung. Denkbar ist, dass die Ordnungsbehörden bei Kontrollen das Kennzeichen in einen Datenlesegerät eingeben und so die Schadstoffklasse ermitteln.

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Wie hoch ist das Bußgeld?

In Hamburg kostet ein Verstoß 25 Euro für Pkw , 75 Euro für Lkw, in Stuttgart einheitlich 80 Euro.

Soll man sich von seinem alten Diesel trennen?

Der ADAC und die Umwelthilfe raten von Panikverkäufen ab.

Und wenn ich ein neues Fahrzeug benötige?

Ein Diesel sollte den neuen Abgasstandard 6d TEMP oder 6d erfüllen. Sollte das Modell nicht in dieser Schadstoffnorm angeboten werden, muss man sich für eine Alternative entscheiden.

Was ist mit der Hardware-Nachrüstung?

Der ADAC testet solche Systeme für Euro-5-Diesel bereits. Es gibt Hersteller, die ihre Systeme zur Zulassung beim Kraftfahrtbundesamt angemeldet haben. Was fehlt, ist eine Nachrüst-Richtlinie, die regelt, welche Zulassungsanforderungen erfüllt sein müssen. Die Technik ist vorhanden, kann aber nicht eingebaut werden, weil die Zertifizierung fehlt. Das Problem müsse vor September 2019 gelöst werden, fordert der ADAC.

Was ist mit Hilfen für Dieselfahrer in den sogenannten Intensivstädten?

Zu diesen 15 Städten, die die Bundesregierung identifiziert hat, gehört auch Köln. Dort verhängte Fahrverbote sollen mit Ausnahmen versehen werden können. Und zwar für nachgerüstete Euro-4- und Euro-5-Diesel, die weniger als 270 Milligramm Stickoxid ausstoßen. Dafür will die Bundesregierung eine gesetzliche Grundlage schaffen. Das ist ebenso unklar wie die geplante, mit Steuergeld geförderte Nachrüstung von rund 28000 schweren Nutzfahrzeugen der Kommunen sowie von Handwerker- und Lieferwagen.

Was wurde beim Dieselgipfel zwischen Bundesverkehrsminister Scheuer und den Autokonzernen vereinbart?

BMW, Daimler und Volkswagen haben zugesagt, nach dem Ende ihrer Umtauschprämien ein weiteres Programm anzubieten, um Diesel sauberer zu machen. Wer nach 2020 noch einen Euro-5-Diesel besitzt und in einer der 15 Intensivstädte mit hoher Schadstoffbelastung wohnt, kann 3000 Euro bekommen, um Fahrverboten zu entgehen. Daimler und VW sind bereit, mit diesem Geld auch für die Nachrüstung ihrer Autos mit Katalysatoren zu finanzieren. BMW lehnt das aus technischen Gründen ab und wird die 3000 Euro wohl als weitere Umtauschprämie beim Kauf eines Neuwagens anbieten. Auch Daimler und VW dürften das bevorzugen.

Warum machen ausländische Hersteller nicht mit?

Die Importeure haben auch schon die Beteiligung an einem Fonds für Maßnahmen zur Luftreinhaltung abgelehnt. Jedes Land sei für seine Infrastruktur selbst verantwortlich, heißt es etwa bei Renault. Verkehrsminister Scheuer (CSU) will die Importeure in die Pflicht nehmen.

Was bringt das Programm für die Luft?

Vermutlich wenig. 2021, wenn das 3000-Euro-Programm beginnt, sollen nach der Vorstellung von Bundesregierung und Industrie längst andere Maßnahmen Wirkung zeigen. Das „Programm saubere Luft“ und der aktuell mit Rabatten geförderte Umtausch-Alter in neue Autos sollen Fahrverbote bis dahin eigentlich schon überflüssig machen. Die jetzt beschlossene Prämie von 2021 an ist nur die letzte Stufe. Selbst Bundesverkehrsminister Scheuer bezweifelt positive Effekte durch eine Hardware-Nachrüstung.

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