Cannabis-LegalisierungKölner Chefarzt klar gegen Marihuana für jedermann

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Der Kölner Chefarzt Manfred Lütz ist gegen die Legalisierung von Cannabis. (Symbolbild)

Köln – Nach der Bundestagswahl und den anschließenden Gesprächen über eine neue Ampel-Koalition der SPD, Grünen und der FDP steht nun die Frage im Raum, ob und inwieweit Cannabis in Deutschland legalisiert werden soll.

Wir haben den Kölner Chefarzt Manfred Lütz nach seiner Meinung gefragt. Mit dem Bestseller-Autor hatten wir bereits im Jahr 2019 über die gleiche Frage gesprochen, als aus der SPD in Köln der Vorschlag kam, den Konsum von Cannabis für Erwachsene freizugeben.

Und siehe da: An seiner dezidierten Meinung habe sich nichts geändert. Es gebe gravierende Unterschiede, etwa im Vergleich zum Konsum von Alkohol. 

Sie waren lange Jahre Chefarzt einer Suchtklinik und leiten jetzt im Alexianer-Krankenhaus Köln eine große Suchtabteilung. Wie stehen Sie dazu?

Solche Forderungen sind nicht neu, und bei Politikern klingt es immer gut, wenn sie irgendwo „für Liberalisierung“ eintreten. Im Grunde ist es ja auch nicht einzusehen, warum der freiheitlich-demokratische Staat erwachsenen Bürgern irgendetwas verbieten soll. Die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger ist ein hohes Gut. In Deutschland ist sogar der Suizid nicht strafbar. Warum dann also Verbote von Drogen?

Grund solcher Verbote ist die Tatsache, dass Drogen in der Lage sind, genau diese Freiheit zu gefährden oder gar zu zerstören. Ich erinnere mich aber gut an eine Patientin, die erstmals Heroin genommen hatte und die auf mich seitdem ganz anders wirkte. Der Sog der Droge war bei ihr so unheimlich stark, dass die junge, selbstbewusste Frau sich selbst zunehmend entglitt.

Einstiegsdroge war Cannabis gewesen, und darunter wirkte sie damals durchaus noch entscheidungsfähig. Tatsächlich ist das Suchtpotential von Haschisch erheblich geringer als das von Heroin. Und das ist dann auch ein Argument, das immer – so auch jetzt – vorgetragen wird. Schließlich könne man von Alkohol oder Nikotin ebenfalls süchtig werden, und diese Suchtmittel seien auch nicht verboten. Meist wird noch ganz richtig hinzugefügt, dass Haschisch weniger körperliche Schäden anrichte als Alkohol, der tatsächlich so gut wie alle Organsysteme in Mitleidenschaft zieht.

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Hinzu kommt, dass Cannabis auch medizinisch zum Einsatz kommt, zum Beispiel bei bestimmten schwer beeinflussbaren Schmerzzuständen. Im Übrigen, so argumentieren die „Liberalisierer“, würde eine weitgehende Entkriminalisierung des Cannabiskonsums die Profite der Dealer minimieren und vielleicht sogar die Attraktion des Cannabiskonsums reduzieren, wenn es nicht mehr den Kitzel des Verbotenen gebe.

Diese Argumente für eine Freigabe von Haschisch sind für Laien in der Regel schlüssig. Wenn man aber als Psychiater jahrzehntelang mit diesem Problem zu tun hat, stellen sich die Dinge ganz anders dar. Das Problem bei Cannabis ist zum einen, dass es nicht als Genussmittel konsumiert wird wie Alkohol, sondern dass von vorneherein ausschließlich der bewusstseinsverändernde Effekt angestrebt wird. Auch wer Alkohol nur wegen seines bewusstseinsverändernden Effekts zu sich nimmt, ist bereits erheblich abhängigkeitsgefährdet. Zum anderen gibt es schon seit langem Studien, die nachweisen, dass regelmäßiger Cannabiskonsum zur Ausbildung einer schizophrenen Psychose führen kann. Ich habe das bei verschiedenen Patienten erlebt.

Zur Person Manfred Lütz

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Manfred Lütz, geb. 1954, ist Psychiater, Psychotherapeut und katholischer Theologe. Der frühere Chefarzt des Kölner Alexianer-Krankenhauses ist auch Mitglied im Päpstlichen Laienrat.

Außerdem entwickeln junge Menschen, die regelmäßig Cannabis zu sich nehmen, nicht selten eine Art Apathiesyndrom. Sie versanden irgendwie, interessieren sich für nichts mehr, ohne sonst auffälligere Symptome zu entwickeln. Schließlich ist Cannabis sehr häufig die Einstiegsdroge in eine manifeste Abhängigkeit von härteren Drogen, zum Beispiel von Heroin.

Das gilt natürlich nicht für jeden Fall. Doch die Tatsache, dass es Menschen gibt, die Cannabis konsumieren, ohne in Gefahr zu kommen, ist genauso wenig ein schlagendes Argument, wie der berühmte Onkel, den es in jeder Familie gibt, der angeblich immer unglaublich viel gesoffen und geraucht hat und dennoch 99 Jahre alt geworden ist.

Meine psychiatrischen Erfahrungen lassen mich jedenfalls dringend vor einer Freigabe von Cannabis warnen. Und das sehe nicht nur ich so. Auch die psychiatrische Fachgesellschaft, die DGPPN, warnt vor einer solchen „Liberalisierung“.

Dieser Artikel erschien erstmalig im September 2019 im „Kölner Stadt-Anzeiger.

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