„Schwierigkeiten“Stadt wirbt um Chance für „Haus für Systemsprenger“ in Köln

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Das „Haus für Systemsprenger“ (l.) in Roggendorf

Das „Haus für Systemsprenger“ (l.) in Roggendorf

Roggendorf – Beleidigungen, Sachbeschädigungen, häusliche Gewalt, Ruhestörungen – 15 Einsätze hatte die Polizei in den vergangenen zwei Monaten im „Haus für Systemsprenger“ in Roggendorf, meistens nachts. Auch die Feuerwehr war schon da, zuletzt voriges Wochenende, nachdem eine brennende Zigarette in einem der Zimmer einen Fehlalarm ausgelöst hätte.

Die Anwohner in dem beschaulichen Wohnviertel seien längst „mit den Nerven zu Fuß“, wie es eine Frau ausdrückt. In der Nacht zum Donnerstag sei erst gegen 0.30 Uhr Ruhe eingekehrt, nachdem eine Nachbarin den jungen Bewohnern wegen Lärms mit der Polizei gedroht hätte.

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Die umstrittene Wohngruppe für besonders schwer erziehbare Minderjährige war Donnerstagabend auch Thema in der Bezirksvertretung Chorweiler. Auf Anfrage der CDU-Fraktion machte die Stadtverwaltung Angaben zu den Umständen des Mietvertrags. Der Eigentümer habe der Stadt die Immobilie Ende 2015 zur Anmietung angeboten. Zunächst habe man erwogen, Flüchtlinge in dem großen Haus mit Garten unterzubringen – dafür sei das Gebäude aber zu klein gewesen. Für die Unterbringung einer Wohngruppe habe es sich aber als geeignet erwiesen.

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Mietvertrag über fünf Jahre

Seit August 2016 zahlt die Stadt dem Privateigentümer nun monatlich 4.600 Euro Kaltmiete für 417 Quadratmeter. Der Vertrag wurde zunächst für fünf Jahre abgeschlossen, mit einer Option auf weitere fünf Jahre. Neben Sozialarbeitern und Mitarbeitern eines Wachdienstes sind derzeit vier 13- bis 17-jährige Kinder und Jugendliche dort untergebracht, höchstens zwei sollen perspektivisch noch dazu kommen. In den Umbau des Hauses in Roggendorf hat die Stadt nach eigenen Angaben ungefähr 100 000 Euro gesteckt. In den vergangenen zwei Monaten seien zudem Beschädigungen für 12.000 Euro repariert worden.

Erneut warb die Stadtverwaltung darum, dem Projekt eine Chance zu geben. Es gebe bei jeder neu eingerichteten Wohngruppe dieser Art „Anfangsschwierigkeiten“, die sich aber „genau so regelmäßig nach einiger Zeit wieder geben“.

Seit es in Köln kein großes zentrales Kinderheim mehr gibt, werden etwa 1000 Jugendliche stadtweit sowie im Umland in verschiedenen Einrichtungen untergebracht, überwiegend in kleinen, dezentralen Wohngruppen. Während erfahrene Sozialarbeiter betonen, wie wichtig grundsätzlich gute Kontakte zur Nachbarschaft für das Gelingen dieses pädagogischen Konzepts sind, beklagen die Anwohner der Quettinghofstraße, die Stadt habe ihnen im Vorfeld bewusst verschwiegen, wer in das Haus im Wendehammer einziehe.

Wie zu erfahren war, bewertet auch die Polizei intern kritisch, dass die Anwohner nicht ausreichend vorbereitet worden seien. Die Ansiedlung einer solchen Wohngruppe mitten in einem Wohngebiet sei „nicht unproblematisch“, heißt es. Offiziell betont die Polizei auf Anfrage, es sei „nicht unsere Aufgabe“, das pädagogische Konzept zu bewerten. Vertreter von Polizei und Stadt haben die Situation in Roggendorf bereits bei einem Gespräch thematisiert. Die Einsatzlage in dem Haus habe sich inzwischen „etwas entspannt“, heißt es bei der Polizei.

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