„Viertel muss das aushalten“Streetworker kritisiert Umgang mit WG in Roggendorf

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Terror-WG in Roggendorf

Zerbrochene Scheiben an der Eingangstür zum „Haus der Systemsprenger“ in Roggendorf.

  • Die Kinder- und Jugendpädagogische Einrichtung der Stadt Köln hat kürzlich eine neue Jugendwohngruppe in einem Haus in der Quettinghofstraße in Roggendorf einquartiert.
  • Seit Mitte Juli sind Polizeieinsätze in dem Wendehammer fast an der Tagesordnung. Die Anwohner fühlen sich terrorisiert, viele haben Angst.
  • Wir haben mit Streetworker Franco Clemens über die Situation in Roggendorf gesprochen.

Roggendorf – Herr Clemens, Sie arbeiten seit Jahrzehnten auch mit schwer erziehbaren Jugendlichen. Was halten Sie davon, ein „Haus für Systemsprenger“ mitten in einem Wohnviertel zu platzieren?

Es gibt ja durchaus solche Häuser, wo das funktioniert. Da wohnen auch mal bis zu zehn Jugendliche drin. Ich finde, vier muss ein bürgerliches Wohnviertel aushalten. Ohne die konkreten Verhältnisse in Roggendorf zu kennen, sage ich grundsätzlich aber auch: Die Anwohner dürfen natürlich erwarten, dass das Konzept sorgfältig durch ausreichend Personal mit hoher Qualifikation begleitet wird.

Zur Person

Franco Clemens ist Erzieher. Er hat in Köln mit kriminellen Jugendlichen gearbeitet, in Grevenbroich ein Flüchtlingsheim geleitet. Zurzeit ist er Streetworker im Maghreb-Viertel in Düsseldorf. (ts)

Nach Wahrnehmung der Anwohner tanzen die Bewohner den Betreuern auf der Nase herum. Wie lässt sich so etwas verhindern?

Fehlverhalten darf man nie unsanktioniert lassen. Den Jugendlichen müssen klare Grenzen gesetzt werden. Unter den Sozialarbeitern braucht es positive, männliche Leitfiguren. Die Jugendlichen müssen einbezogen werden, es darf keine Bedienstruktur entstehen. Sie müssen sich am Kochen beteiligen, am Einkauf, am Putzen. Die Sozialarbeiter sollten auch versuchen, Brücken zu bauen, damit die Jugendlichen Kontakte zu den Nachbarn aufbauen. Idealerweise verdienen die Jungs irgendwann ein bisschen Geld, weil sie die Hecken schneiden oder einkaufen gehen. Dann ist das nicht mehr der böse Junge aus dem Heim, sondern der Peter oder der Mohammed von nebenan.

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Und wenn das nicht klappt?

Als letzte Maßnahme hilft nur eine geschlossene Einrichtung. Ein kurzer Schupperkurs unter diesen verschärften Bedingungen wirkt da manchmal schon Wunder.

In Roggendorf beklagen Anwohner, dass die Stadt sie nicht umfassend über das Konzept informiert hat.

Der Ansatz, die Nachbarn zu einem Kennenlern-Treffen einzuladen, ist ja genau richtig. Nur bringt es nichts, den Leuten ein Haus vorzustellen. Man muss ihnen vor allem die Kinder und Jugendlichen vorstellen, die darin leben.

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