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Alarm in Köln-MerkenichBürger fürchten Abholzungen im Naturschutzgebiet

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Baumfällungen Merkenich (3)

Bäume im Fuhlig werden gefällt. 

Merkenich – Das unter alteingesessenen Merkenichern als „Fuhlig“ bekannte Waldstück liegt ein wenig versteckt am Beginn der Merkenicher Hauptstraße, gegenüber dem Kunstrasenplatz der Spielervereinigung Rheindörfer Köln-Nord und in direkter Nachbarschaft zum Heizkraftwerk. Bei Anwohnern ist der „Fuhlig“ als naturnaher Erholungsort beliebt, so auch bei Käthe Golücke, die hier regelmäßig ihren Hund ausführt.  Bei einem solchen Spaziergang stieß sie in der ersten Januarwoche jedoch auf eine Gruppe Forstarbeiter, die damit beschäftigt waren, im an die Straße angrenzenden Stück des Waldes Bäume zu fällen – was bei der Merkenicherin die Alarmglocken schrillen ließ.

Naturschutzgebiet Rheinaue

Denn: Hier beginnt auch das Naturschutzgebiet Rheinaue Worringen-Langel, das sich von Merkenich bis zum Worringer Hafen an der nördlichen Stadtgrenze zieht. Ein Schild weist den Wald außerdem als ein mit dem Label „Stadtgrün naturnah“ ausgezeichneten „Naturwald“ aus, der seiner natürlichen Entwicklung überlassen werde. Golücke scheute sich nicht, die Forstarbeiter auf diese Umstände hinzuweisen. Daraufhin habe sie von diesen die Auskunft erhalten, dass das Stück Wald, in dem sie arbeiteten, der Rhein-Energie gehöre, dass sie jedoch im Auftrag der Stadt handelten, berichtet Golücke. Die resolut auftretende Bürgerin bestand jedoch darauf, dass sie die Rodungen einstellten, bis die Frage der Rechtmäßigkeit der Maßnahme geklärt sei.

Seitdem schweigen die Motorsägen, die bereits gefällten Bäume liegen zersägt auf dem Waldboden. Golücke scheut derweil keine Mühen, um auf die Rodungen aufmerksam zu machen: So informierte sie nicht nur den Vorstand des Bürgervereins Merkenich, in dem sie Mitglied ist, sondern bat auch das Amt für Landschaftspflege und Grünflächen schriftlich um Erklärung und schrieb eine Beschwerde an Oberbürgermeisterin Henriette Reker. „Erst 2019 hat die Stadt Köln den Klimanotstand ausgerufen und hier werden gesunde Bäume dem Erdboden gleich gemacht“, sagte sie. „Gleichzeitig werden hier Spaziergänger und vor allem Hundebesitzer gegängelt, aus Gründen des Artenschutzes doch bloß nicht von den Wegen abzuweisen. Das passt für mich nicht zusammen.“

Alles zum Thema Henriette Reker

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Bürgerverein schaltet sich ein

Bruno Klais, der Vorsitzende des Merkenicher Bürgervereins, unterstützt sie in ihrem Bemühen: „Wir haben als Verein ebenfalls an das Grünflächenamt und Frau Reker geschrieben und um Erklärung gebeten. 2019 hat die Verwaltung hier in Merkenich noch über die Bedeutung des Naturschutzgebietes und die sich daraus ergebenden Verbote referiert – dass jetzt Rodungen erfolgen, muss daher stark verwundern.“ Laut Amt handelt es sich jedoch um keine Rodung, sondern die „ganz übliche Durchforstung“ einer Waldfläche“: Durch die Fällungen würden der Wuchs- und Wurzelraum der verbleibenden Bäume erweitert und der Waldbestand so stabilisiert. Der betreffende Teil des Waldes befinde sich tatsächlich im Besitz der Rhein-Energie, die Maßnahme sei mit dieser abgestimmt. Und: Erst das angrenzende, weiter innen liegende Waldstück sei als Naturentwicklungsfläche ausgewiesen. Das entsprechende Schild, das laut Golücke und anderen Spaziergängern zuvor am Eingang des Waldwegs stand, sei dort falsch angebracht worden.

Das Label „Stadtgrün naturnah“ wurde der Stadt Köln von dem Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ im September 2019 verliehen. Es zeichnet „vorbildliches Engagement in Sachen Biodiversität“ aus. So wird die Kölner Forstwirtschaft etwa nach dem deutschen FSC-Standard (Forest Stewardship Council) zertifiziert, der verlangt, fünf Prozent der Waldfläche nicht forstwirtschaftlich zu nutzen – die Stadt Köln gibt an, auf freiwilliger Basis 16 Prozent des Waldes sich selbst zu überlassen. In diesen „Naturwaldentwicklungsflächen“ sollen Prozesse der Waldentwicklung ungestört ablaufen – das heißt, dass dort nicht gerodet und auch Schadholz nicht entfernt wird. Die Gefahr etwa durch fallende Äste ist dort damit größer – das Betreten erfolgt daher auf eigene Gefahr.

Naturwald-Schild wurde versetzt

Deshalb sei auch der Eindruck, der gesamte „Fuhlig“ wäre ein Naturwald, nicht zutreffend. Auf den Hinweis einer Bürgerin hin sei das Schild versetzt worden – gut einige hundert Meter ins Innere des Waldstücks hinein. Golücke ist sich sicher, dass das Schild nicht erst auf ihren Hinweis hin, sondern bereits gut eine Woche vor Beginn der Baumfällungen versetzt worden sei. „Das können auch zahlreiche andere Beobachter bestätigen, die hier regelmäßig spazieren gehen“.

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