Nachbarn klagen über BelästigungWirbel um Unterkunft für Obdachlose in Köln-Worringen

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Das ehemalige Lokal „Haus Worringen“ ist zur städtischen Unterkunft geworden.

Das ehemalige Lokal „Haus Worringen“ ist zur städtischen Unterkunft geworden.

Köln-Worringen – Normalerweise ist es hier, kurz vor der nördlichen Stadtgrenze, idyllisch. Ein Viertel, größtenteils geprägt durch niedrige Häuser und kleine Gassen, fast wie in der Kölner Altstadt am Rheinufer. Wo sich die Nachbarn mit Namen kennen und ihre Kontakte pflegen und es mehrere kleine Ecklokale gibt. Doch seit rund anderthalb Jahren ist die Harmonie dahin. „Wir haben Angst!“ wendete sich kürzlich eine Nachbarin, im Namen von weiteren Anwohnern, in einem Offenen Brief an Verwaltung, Politiker und Medien. „Es muss sich endlich etwas an der Situation ändern!“

„Wir haben Angst, abends rauszugehen“

Was die Nachbarn so aufgewühlt hat, ist das Gebäude Alte Neusser Landstraße 273, das ehemalige gutbürgerliche Lokal „Haus Worringen“. Der Eigentümer der Immobilie hatte dem Gaststätten-Pächter Ende 2016 gekündigt und das Obergeschoss des Hauses als Beherbungsbetrieb der Stadt angeboten. Seitdem sind hier Obdachlose einquartiert. Ihr oftmals nicht sozialadäquates Verhalten hatte im Veedel für massiven Ärger gesorgt. „Als die Belegung anfing, haben wir uns gedacht, offen an die Sache heranzugehen, da auch Obdachlose ja irgendwo leben müssen“, so eine weitere Nachbarin, die wie alle anderen in der Zeitung nicht namentlich genannt werden will. „Aber so geht es einfach nicht mehr. Wir haben Angst, abends hier rauszugehen oder zu unseren Autos. Und die Leute bleiben aus den Gaststätten in der Straße weg, weil sie selbst Angst haben, hier entlang zu gehen.“

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Was die Gruppe meint, wird anhand der Fotos und Videos deutlich – die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen –, mit denen die Nachbarn ihren Alltag in der Straße dokumentierten. Es geht um Ruhestörungen, Polizei-Einsätze zur Tages- und Nachtzeit und fragwürdiges Verhalten den Nachbarn und Passanten gegenüber. Auf einem der Videos ist etwa ein Hausbewohner zu sehen, der „oben ohne“ und nur in Boxershorts grölend auf der Straße vor dem Haus herumläuft, plötzlich zieht er kurz „blank“. Immer wieder habe es Schlägereien unter den Bewohnern gegeben. Einige der von ihnen stünden offensichtlich unter massivem Alkoholeinfluss.

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Auch als der „Kölner Stadt-Anzeiger“ sich an einem frühen Abend auf den Weg nach Worringen machte, war die Szenerie bedrückend: An der Fassade des Nachbarhauses schrillte minutenlang eine Alarmanlage, es wurde offenbar eine Scheibe eingeschlagen. Durch eine schmale Seitengasse streifte eine Gruppe von Polizisten. „Bis zum nächsten Mal“, verabschiedete sich einer der Beamten achselzuckend von der Gruppe der Nachbarn. Im Obergeschoss des ehemaligen „Haus Worringen“ standen alle Fenster offen; Bettlaken und Handtücher, die im Wind flatterten, dienten als Gardinen, laute Musik schallte über die Straße. Oftmals hätten sie die Polizei gerufen, die nach einiger Zeit auch angerückt sei und ihr Bestes getan habe, um brenzlige Situationen zu entschärfen, so die Nachbarn. Aber auf Dauer hätten die Beamten auch nicht für Ruhe sorgen können.

„Wir haben nach wie vor Verständnis, dass auch eine solche Klientel irgendwo leben muss. Aber in einem so kleinen Viertel geht das eben nicht“, heißt es. Manchmal seien Knallkörper oder Müll aus dem Fenster des Hauses geflogen, einmal sogar ein Fernseher. Auch hätten sich die Bewohner einen Spaß daraus gemacht, am Fenster stehend auf die Straße zu urinieren.

Personelle Ausstattung soll verbessert werden

Die Stadt sicherte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zu, dauerhaft auf mehr Ruhe und Ordnung hinzuwirken. „Das ehemalige Haus Worringen ist der Stadt Köln zur Unterbringung von Obdachlosen angeboten worden“, erläuterte Stadt-Pressesprecherin Sabine Wotzlaw. „Auf Grund der Bedarfslage an Notunterbringungen hat die Stadt Köln dieses Angebot angenommen und vermittelt seit November 2016 obdachlose Personen und Haushalte in dieses Einfachhotel.“

Der Eigentümer und Betreiber des Hotels besitze die volle Verantwortung für die Führung des Hauses. „Er wurde in den Gesprächen vor der Erstbelegung des Hauses auf die Besonderheiten der Klientel hingewiesen und die damit möglicherweise einhergehende Belastung für das Haus und das Umfeld“, so Wotzlaw. „In kritischen Situationen wurde ihm seitens der Stadt Köln die Beratung und Unterstützung, bis hin zur sofortigen anderweitigen Vermittlung störender Personen/Haushalte zugesagt.“ Aus gegebenem Anlass habe man jetzt sofort das Gespräch mit ihm gesucht, dabei habe er sowohl zugesichert, die personelle Ausstattung des Hauses zu verbessern, als auch einen intensiven Kontakt zur Nachbarschaft zu suchen.

Striktes Alkohol- und Drogenverbot

Die Hausverwaltung des Objekts betont inzwischen ebenfalls, die Zustände erheblich verbessert zu haben. „Die Sache im Haus ist jetzt im Griff“, heißt es von dort auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“. Unter anderem habe man ein striktes Alkohol- und Drogenverbot im Haus aufgestellt, zudem sei jetzt jeden Abend ein Security-Dienst vor Ort, der darauf achte, dass niemand mehr laut wird oder Alkohol trinkt. „Den Leuten, die erhebliche Probleme mit Randale oder Drogenkonsum gemacht haben, wurden in Absprache mit der Stadt gekündigt; solche, die in geringerem Maße aufgefallen sind, erhielten eine Abmahnung.“ Seit einer Woche sei es nun ruhig. Man sei in engem Kontakt sowohl mit den Nachbarn als auch der Stadt. „Wenn den Nachbarn eine Kleinigkeit auffällt, rufen sie direkt bei uns an.“ Neue Personen im Objekt, das man inzwischen auch renoviert habe, werde man direkt mit Hausregeln konfrontieren.

Die Nachbarn fragen sich unterdessen, ob es wirklich zu einer anhaltenden Beruhigung kommt. Notfalls wolle man eine Unterschriften-Aktion starten und bei der Stadt eine dauerhafte Lösung einfordern, heißt es.

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