Theaterstück „City of Faith“ in KölnWelcher Glaube gehört zu Deutschland?

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Regisseur Stefan Herrmann und Darsteller Pejman Khaledi Hassanabadi (r.) am Rande der Proben für das Stück.

Regisseur Stefan Herrmann und Darsteller Pejman Khaledi Hassanabadi (r.) am Rande der Proben für das Stück.

Köln-Chorweiler – Als „Experten ihres eigenen Lebens“ sollen die Darsteller des Theaterstück „City of Faith“ von Ende Mai an in Chorweiler auf der Bühne stehen. So formuliert es Regisseur Stefan Hermann, der das Projekt für das Sommerblut-Kulturfestival initiiert hat. „Es ist ein Projekt, das sich vor allem an Bewohner des Standbezirks richtet“, so der 43-Jährige, „wir wollen mit dem Stück der Frage auf die Spur kommen, welcher Glaube eigentlich zu Deutschland gehört.“

Schauplatz Chorweiler

Dafür würden noch Schauspieler unterschiedlichen Alters, Geschlechts und aller Religionen gesucht. „Interessierte an dem Stück müssen aber nicht zwingend aus Chorweiler kommen“, sagt Maria Llabres, die als Projektleiterin neben Regisseur Herrmann unter anderem für das Casting verantwortlich ist. „Zu keinem anderen Stadtteil bestehen so viele Vorurteile, die bei genauerer Beschäftigung mit den Leuten dort aber nicht unbedingt zutreffen – das hat den Ausschlag dafür gegeben, das Projekt im Kölner Norden anzusiedeln“, sagt Herrmann.

Bei „City of Faith“ soll zugespitzt und auch provoziert werden, optimalerweise sollten dabei Menschen und Angehörige aller Religionen zu Wort kommen, gerade und vor allem nicht nur aus den Gemeinden der großen Religionen. „Chorweiler bietet ein breites und buntes Spektrum dafür, das wollen wir nutzen“, so der Regisseur. Im von der Stadt erstellten „Kölner Buch der Religionen“ habe er außerdem gelesen, dass in dem Bezirk parallel mehr als 100 verschiedene Glaubensgemeinschaften angesiedelt seien. Die Vorbereitungen finden seit Ende März in der Kletterhalle Canyon am Weichselring statt, dort probt Stefan Hermann mit Llabres, dem Dramaturgen Angelo Lancuba und den bereits etwa ein Dutzend Teilnehmern.

Kein klassisches Theaterprojekt

Einer, den das Team schon für die Idee begeistert hat, ist Pejman Khaledi Hassanabadi. Der 20-Jährige hat schon im vergangenen Jahr als Darsteller bei einem Sommerblut-Projekt mitgewirkt und so erste Erfahrungen mit dem Theater gesammelt. Ein klassisches Theaterprojekt ist es nicht, im Gegenteil. Die persönlichen Geschichten von Glaube, Krisen und dem Mut der Darsteller, sich mit anderen Glaubensrichtungen auseinanderzusetzen, stehen im Zentrum von „City of Faith“. „Ich hatte Probleme mit der sehr strengen Auslegung und der ständigen Präsenz der Religion, die meine muslimische Familie im Iran gelebt hat“, sagt Hassanabadi. Darum habe er sich vor drei Jahren entschlossen, das Land zu verlassen. Der 20-Jährige bezeichnet sich als Atheist und betont, dass der Kontakt zur Familie dadurch nicht abgebrochen sei, er versuche, das Verhältnis wieder zu verbessern.

„Der Islam und Religionen sind kein Problem für mich, sie bieten mir aber keine Antworten auf die Fragen, die mich momentan im Leben beschäftigen“, so der Laiendarsteller. Er freue sich darauf, bei „City of Faith“ von sich zu berichten, aber auch Einblicke in die Glaubenswelten anderer Menschen zu erhalten – und möglicherweise von ihnen zu lernen. „Das Konzept sieht vor, dass die Darsteller an verschiedenen Stationen den Besuchern von sich berichten“, sagt Stefan Herrmann. „Alle Beteiligten sollen miteinander in den Dialog treten, die Darsteller interagieren jeweils mit kleinen Gruppen des Publikums“. Schließlich bilden die Schauspieler dann einen „Chor der Gläubigen“, dem Regisseur zufolge eine Anlehnung an die „Ringparabel“ aus Lessings „Nathan der Weise“.

Geprobt werden soll einmal pro Woche, die Premiere von „City of Faith“ in der Aula der Freien Waldorfschule, Weichselring 6-8, ist geplant für den 30. Mai. Weitere Aufführungen gibt es im Rahmen der Spielzeit des Sommerblut-Festivals, das vom 25. Mai bis zum 11. Juni läuft.

www.sommerblut.de

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