Corona in KölnWas sagen Fallzahlen über die tatsächliche Ausbreitung des Virus aus?

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  • In Köln haben sich insgesamt 1161 Menschen mit dem Coronavirus infiziert (Stand 27.03.2020). Zudem hat die Stadt den siebten Todesfall gemeldet.
  • Regelmäßig meldet das Gesundheitsamt die bestätigten Corona-Fälle und die Anzahl der Genesenen. In den vergangenen Tagen waren es weniger neue Fälle als erwartet.
  • Doch was sagen die Werte über die tatsächliche Ausbreitung der Krankheit? Eine Analyse.

Köln – Die täglich von der Stadtverwaltung veröffentlichte Zahl bestätigter Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus wächst weniger schnell als im Bundesvergleich – und als es Rechenmodelle der Virologen vorausgesagt haben. Den größten Anstieg gab es im Stadtgebiet vom 18. auf den 19. März.

Zu dem Zeitpunkt war die Fallzahl innerhalb eines Tages von 478 auf 586 geklettert, eine Zunahme von 108 nachgewiesenen Infektionen. Seither schwankt die Anzahl neu gemeldeter Erkrankungen täglich zwischen 64 und 94. Am Freitag gab es laut Mitteilung des Presseamtes insgesamt 1161 durch Tests festgestellte Infektionen, 86 mehr als am Vortag. Die Tendenz zeigt, dass es im Verlauf dieser Woche weniger neue Fälle gab als in der Vorwoche. „Das kann ein Indiz dafür sein, dass die Welle anfängt sich zu beruhigen“, sagte Prof. Gerhard Wiesmüller, Leiter der Abteilung Infektions- und Umwelthygiene des Gesundheitsamtes.

Experten gehen von hoher Dunkelziffer aus

Experten schätzen, die tatsächliche Zahl infizierter Menschen sei bis zu zehn Mal höher als die Zahl der bestätigten Fälle. Wie genau können solche Aussagen sein? Wie wirkt es sich beispielsweise aus, wenn bestimmte Bevölkerungsgruppen anteilsmäßig häufiger untersucht würden als andere, etwa Angehörige medizinischer Berufe oder Bewohner von Pflegeheimen? Dazu gibt es keine Übersicht. Ebenso wenig werden in Deutschland repräsentative Stichproben erhoben. Es lässt sich also nicht exakt beziffern, wie viele Menschen insgesamt das Coronavirus in sich tragen.

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Manche Labore testen mehr als 5000 Abstriche täglich. Die Proben stammen allerdings nicht allein aus Köln, sondern auch aus anderen Orten. Deshalb erfährt die Gesundheitsbehörde nicht, wie viele Kölnerinnen und Kölner insgesamt untersucht worden sind. Entscheidend sei zu wissen, wer positiv ist und mit wem er in der fraglichen Zeit Kontakt hatte. Das Amt konzentriere sich „auf bestätigte Indexfälle, um die Infektionsketten zu unterbrechen“. Die Labore melden der Stadtverwaltung zwar auch die negativen Befunde. Allerdings werden die Zahlen nicht statistisch ausgewertet.

Die vom Gesundheitsamt veröffentlichte Zahl der bekannten Ansteckungen bezieht sich auf den Informationsstand um 16 Uhr eines jeweiligen Tages. Die Dienststelle am Neumarkt übermittelt ihre Daten innerhalb von 24 Stunden an das Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen. Das Zentrum leitet sie an das Robert-Koch-Institut in Berlin weiter, das die Daten bundesweit erfasst und veröffentlicht.

Drei Tage bis zur Gewissheit

Unklar ist, welchen zeitlichen Infektionsstand die aktuellen Zahlen jeweils wiedergeben. Das lasse sich nicht pauschal beantworten, teilt das Presseamt dazu mit. Vom ersten Verdacht bis zur Gewissheit vergehen nach bisheriger Erfahrung ein bis drei Tage. Hinzu kommt die Zeitspanne, die nach einer Infektion verstreicht, bis bei einem Betroffenen der Verdacht aufkommt. Welche Aussagekraft können die täglich veröffentlichten Zahlen über bestätigte Infektionen dann haben? Ihm sei vor allem die Tendenz wichtig, sagt Wiesmüller. Sollten die seit Mitte März bestehenden Einschränkungen des öffentlichen Lebens Wirkung zeigen, die Veranstaltungs- und Kontaktverbote, müsste sich der Anstieg der Fallzahlen in der kommenden Woche weiter verlangsamen – zumindest bei gleichbleibender Testpraxis.

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Es gehe darum, die Ausbreitung des Virus weitestgehend zu verlangsamen und so das Gesundheitssystem vor einer Überlastung zu bewahren, heißt es zur Begründung der vom Bund, den Ländern und den Städten verhängten Verbote. Insofern kommt der Anzahl der in Krankenhäusern sowie der auf den den Intensivstation zu behandelnden Menschen entscheidende Bedeutung zu. Wie viele Patienten müssen wegen einer Lungenentzündung beatmet werden, wie entwickelt sich die Zahl?

Siebter Todesfall in Köln gemeldet

In Köln gibt es rund 350 Beatmungsplätze. Die Verwaltung hat das Ziel, deren Menge bis auf das Doppelte zu erhöhen. Dem Presseamt zufolge wurden am Freitag 52 Menschen stationär in einem Krankenhaus versorgt. Davon befinden sich 13 in Intensivbehandlung. Eine Woche zuvor befanden sich elf Personen in einem Krankenhaus, sieben von ihnen auf der Intensivstation. Im Durchschnitt sind mit jedem Tag sechs Patienten neu stationär aufgenommen worden. Die Zahl der Intensivpatienten im Zusammenhang mit Corona nahm innerhalb einer Woche um sechs zu. Gleichzeitig sind innerhalb der zurückliegenden sieben Tage 406 Erkrankte genesen; die einen in stationärer Behandlung, andere in häuslicher Quarantäne. 

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Die Uniklinik verfügt derzeit über genügend freie Behandlungsplätze, so dass sie angeboten hat, Patienten aus Italien zu versorgen. Die ersten beiden sollten in der Nacht zu diesem Samstag aufgenommen werden.

Am 1. März meldete das Presseamt erstmals, es gebe „vier bestätigte Corona-Fälle in Köln mit Verbindung zum Kreis Heinsberg“. Am 17. März gab es in der Stadt den ersten Todesfall. Seit diesem Tag sind insgesamt sieben mit dem Coronavirus infizierte Kölnerinnen und Kölner gestorben. Sie waren 49, 63, 65, 83, 85 , 89 und 90 Jahre alt, alle litten unter schweren Vorerkrankungen.

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