Corona-KriseNeuer Biergarten auf Vogelsanger Straße soll Kölner Partyszene entzerren

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Luftbild von der Vogelsanger Straße in Köln

  • Die IG Gastro und die Innenstadt-Grünen wollen die Partyszene am Stadtgarten etwas entzerren – mit einem Biergarten auf den Vogelsanger Straße.
  • Gäste, die Partyzone betreten wollen, könnten – wie in der Corona-Krise in Restaurants üblich – registriert werden.
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass die Idee umgesetzt werden kann? Wir haben mit den Verantwortlichen gesprochen.

Köln – Noch liegt die Vogelsanger Straße recht ruhig mitten im Grüngürtel, in diesen Sommertagen nutzen hier ebenso viele Radfahrer wie Autofahrer den Weg von Ehrenfeld in die Innenstadt. Schon bald aber könnten neben dem Gymnasium Kreuzgasse Bierbänke und Foodtrucks stehen und mit ihnen womöglich Hunderte feiernde Menschen. So jedenfalls sehen Pläne der IG Gastro und der Innenstadt-Grünen aus, mit denen sich die Partyszene am Stadtgarten etwas entzerren soll.

Zu viele Menschen auf zu engem Raum, zu geringe Abstände, auch zu viel Lärm – das waren an den zurückliegenden Wochenenden Probleme, die von Polizeipräsident bis Oberbürgermeisterin viele empört und die fast allabendlich zur Räumung des Brüsseler Platzes und nach der Sperrung dort auch des Stadtgartens geführt haben.

Das ist der Kölner Partyzonen-Plan der IG Gastro

Ein Konzept, wie der Partyszene im Belgischen Viertel Herr zu werden ist und das diesen Namen verdient hätte, gab es zuletzt vonseiten der Stadt nicht. Nun kommt von Gastronomen also der erste kreative Vorstoß, wie zumindest ein Teil der Feiernden vom Stadtgarten und den engen umliegenden Straßen verteilt werden kann. Das ist der Plan: Auf der noch zu sperrenden Vogelsanger Straße soll zwischen Innerer Kanalstraße und der Unterführung an der Schmalbeinstraße eine Partyzone entstehen.

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Kernstück wäre ein mobiler Biergarten mit Bierzeltgarnituren, an denen maximal acht Personen zusammensitzen. Bänke und Tische sollen in Abständen zueinander aufgebaut werden. An zwei Ausschankwagen soll es Kölsch geben, dazu Essen an Foodtrucks. „Wir wollen die jüngere Zielgruppe ansprechen. Die Lage im Grünen zwischen Brüsseler Platz und Stadtgarten wäre ideal, um das Feiern dorthin zu verlagern“, sagt Daniel Rabe von der IG Gastro. Die Namen der Gäste können – wie in Restaurants üblich – registriert werden.

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Noch sind einige Fragen bei der Stadt zu klären. Neben der schon beantragten Genehmigung müsste die Stadt den Betreibern beim Strom- und Wasseranschluss helfen, die AWB bei Toiletten und der Müllentsorgung. Wenn das schnell passiert, rechnet Rabe aber damit, den Pop-up-Biergarten „innerhalb weniger Tage realisieren“ zu können. Ein Hygienekonzept habe die Stadt schon angefragt und sei in Arbeit. Nun liefen Gespräche mit Club- und Barbetreibern in der näheren Umgebung, die im Wechsel die Bierwagen und Foodtrucks bespielen können. Von einer Kölsch-Brauerei, deren Namen er nicht nennen wollte, habe Rabe schon eine Zusage bekommen.

Biergarten auf der Vogelsanger soll nicht Mitternacht schließen

Anders als die meisten anderen Biergärten in der Stadt soll der auf der Vogelsanger Straße auch nach Mitternacht noch offen sein – so zumindest der Plan. Anwohner, die sich über den nächtlichen Lärm beschweren könnten, gibt es im Grüngürtel nicht. Fast alle Räumungen der vergangenen Wochen fanden erst in den frühen Morgenstunden statt, eine Entzerrung scheint offensichtlich besonders zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens nötig. „Wenn sich aber herausstellt, dass der Biergarten zum neuen Hotspot wird, müssen wir dem sofort entgegenwirken – entweder durch weitere Sitzplätze oder indem wir wieder schließen“, so Rabe. Die Erfahrung zeige aber: Im gastronomischen Umfeld verhielten sich die Menschen automatisch gesitteter als bei einem Kioskbier.

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Für eine Sperrung der Vogelsanger Straße hatten zuvor die Innenstadt-Grünen plädiert, um Flächen zu schaffen, die den Stadtgarten in Zeiten des inzwischen zum Verweilen gesperrten Brüsseler Platzes entlasten. „Irgendwo müssen die jungen Leute ja ihren Dampf ablassen“, sagt Bezirksbürgermeister Andreas Hupke von den Grünen. „Die Clubs sind nicht mehr da, also müssen wir den Menschen ein anderes Ventil geben, andere Orte anbieten, an denen sie sich treffen können.“ Wenn das nicht geschehe, suchten sich die Bürger „wie das Wasser einfach neue Räume“.

Die Frage, wo die Kölner trotz geschlossener Kneipen und Discos feiern sollen, ist zu der wohl drängendsten in der Corona-Krise geworden – und noch immer nicht gelöst. Attacken gegen Polizisten und Mitarbeiter des Ordnungsamts treten auch in diesem Kontext auf. Bei der Lösungsfindung sei „höchste Eile geboten, damit wieder Frieden in der Innenstadt einkehrt“, sagt Hupke. Das Problem könne aber nicht durch die „eiserne Faust“ geregelt werden, indem Plätze wiederholt geräumt werden.

SPD-Fraktionschef Christian Joisten: „Wir haben noch einige offene Fragen“

Auch in den großen Ratsfraktionen ist man sich einig, dass es neue Flächen braucht, um Hotspots zu entzerren. Bei dem konkreten Konzept gibt es aber Bedenken. „Wir sind offen für kreative Lösungen, um die Gastronomie in diesen schwierigen Zeiten zu unterstützen. Beim vorgeschlagenen Biergarten auf der Vogelsanger Straße haben wir allerdings noch einige offene Fragen, insbesondere bezüglich des Standorts“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten. „Wir erwarten von der Stadtspitze ein Konzept, wie Infektionsschutz und das Bedürfnis, sich draußen mit Freunden aufzuhalten, unter einen Hut gebracht werden können.“

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Skepsis auch bei der CDU: Hotspots zu entlasten dürfe nicht als Vorwand dienen, um „Verkehrspolitik durch die Hintertür durchzusetzen“, sagt Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz. „Die IG Gastro hat einen vernünftigen Vorschlag gemacht, die Grünen betreiben mit ihrem Vorstoß zur Straßensperrung reine Verkehrspolitik“, so Kienitz. Ein Biergarten lasse sich auch an anderen Orten in der Nähe ohne zusätzliche Straßensperrungen aufbauen – etwa an der Zülpicher Straße auf Höhe der Uni oder im Grüngürtel am Colonius.

Die Stadt kommentierte die Pläne für die Vogelsanger Straße mit Verweis auf die am Freitag stattfindende Krisenstabssitzung nicht. Am Montag werden Sperrung und Biergarten wohl Thema im Hauptausschuss des Rates sein.

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