CoronaWarum zehntausende Impfdosen in Köln nicht mehr zu retten sind

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Impfstoff von Astrazeneca

Zehntausende Impfdosen des Herstellers Astrazeneca können in Köln nicht mehr verimpft werden.

Köln – Für zehntausende Impfdosen des Herstellers Astrazeneca, die in Kölner Arztpraxen zu verfallen drohen, ist weiterhin keine Lösung in Sicht. Das Gesundheitsministerium NRW untersagt der Stadt nach wie vor, die Dosen anzunehmen und für eigene aufsuchende Impfaktionen oder am Impfzentrum zu verwenden. Seit Mittwoch gilt ein neuer Impferlass des Ministeriums, von dessen Existenz das Ministerium selbst auf Nachfrage zunächst nichts wusste.

In diesem verweist das Land auf Weitergabe-Bedingungen des Bundes, welche die Leitung des Impfzentrums bei Lieferungen aus Arztpraxen nicht sicher erfüllt sieht. Zudem fehlen derzeit Kapazitäten in den Kühlschränken. Das Gesundheitsamt wäre nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ jedoch bereit, übrige Dosen anzunehmen, wäre dies juristisch gedeckt – auch für Impfaktionen in der Stadt.

Deutlich weniger Impfstoff-Reste in den Impfzentren

Als weiteren Grund für das Verbot nennt das Ministerium dieser Zeitung die fehlende Nachfrage in den Impfzentren. Auch dort stünden Astrazeneca-Dosen aktuell vor dem Verfall. Allerdings handelt es sich demnach um lediglich 2000 Dosen, die Ende Juli ablaufen und zusätzliche 6000 Dosen, die noch bis Ende August haltbar sind – in ganz Nordrhein-Westfalen. Das sind deutlich weniger als allein in den Kölner Arztpraxen. Im Kölner Impfzentrum droht laut Stadt keine einzige Astrazeneca-Dose zu verfallen.

In der Ärzteschaft trifft die Haltung des Ministeriums auf Unverständnis. Impfstoff verfallen zu lassen sei „moralisch nicht vertretbar“, sagte Jürgen Zastrow, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Köln, zuletzt dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber. „Es herrscht nach wie vor Impfstoffmangel und ich kann aus ärztlicher Sicht nicht sagen, dass ich guten Gewissens den Impfstoff wegschmeißen kann. Das geht gegen meinen Eid“, so Zastrow: „Woanders auf der Welt sterben Menschen, weil sie den Impfstoff nicht bekommen.“ Er wünscht sich eine Abgabe des ungenutzten Impfstoffes an bedürftige Länder – ein Vorgehen, das das Kölner Gesundheitsamt nach Informationen dieser Zeitung unterstützen würde. Hierfür allerdings wäre ein entsprechender Beschluss des Bundes notwendig.

Kölner Apotheken: Impfstoff-Verfall das kleinere Übel

Verständnis für das Verbot des Gesundheitsministeriums zeigt Thomas Preis, Vorsitzender der Kölner Apotheken. „Klar ist: Die Impfstoffe werden nicht besser, wenn sie ständig von einem Ort zum anderen transportiert werden, auch nicht, wenn die Abläufe professionell sind“, sagt Preis. Daher sei es „besser, ungenutzte Dosen verfallen zu lassen. Qualität und Sicherheit geht vor Sparsamkeit.“ Die Zahl der übrigen Kölner Dosen liegt Preis zufolge „nicht im hohen fünfstelligen Bereich“, viele Praxen hätten bei seinen Apotheken zuletzt eher zurückhaltend bestellt.

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An andere Länder dürfe man nur Impfstoff abgeben, der garantiert einwandfrei sei, sonst könnte dieser „eher schaden als nutzen“. In Deutschland sei man inzwischen „in der glücklichen Situation, den Impfstoff wählen zu können. Es gibt hier keinen Mangel mehr“, so Preis. Im kommenden Jahr werde hierzulande „voraussichtlich niemand mehr mit Astrazeneca geimpft“.

Bisher keine Regelung zur Verteilung an Drittstaaten

Grundsätzlich beschafft der Bund die Impfstoffe und organisiert die Verteilung an die Ärzteschaft. Die Lieferung an die Impfzentren wiederum erfolgt über das Land – wobei dieses den Impfstoff ebenfalls vom Bund erhält. Der Impfstoff ist somit Eigentum des Bundes. Nordrhein-Westfalen kann nicht eigenständig Impfstoffe an Dritte, also andere Länder, weitergeben. „Hierzu ist der Bund sowohl mit den Impfstoffherstellern als auch mit Drittstaaten im Austausch. Der Bund wird dafür zeitnah einen logistischen Prozess auf den Weg bringen, um die Impfstoffe abzuholen“, heißt es vom Gesundheitsministerium NRW.

Grundsätzlich sei der Verwurf von Impfstoff „natürlich zu vermeiden beziehungsweise auf ein absolutes Minimum zu begrenzen“. Dieses Ziel ist im Kölner Umland, wo laut Hausärzteverband Nordrhein insgesamt mehr als 100.000 Dosen in Kürze ablaufen, wohl nicht mehr zu erreichen.

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