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Impfstoff-Menge, TermineDas müssen Sie zum Impfen in NRW wissen

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Eine Krankenschwester zieht eine Spritze mit dem Biontech-Impfstoff Comirnaty auf. 

Köln/Düsseldorf – Neben den Erst- und Zweitimpfung verabreichen Ärzte momentan zahlreiche Booster-Impfungen. Vor mobilen Impfzentren bilden sich lange Schlangen, in Köln warteten Impflinge teils mehrere Stunden. Wieso impfen bald auch Apotheker? Und wieso ist einer der Corona-Impfstoffe zur Mangelware geworden? Wir beantworten die derzeit wichtigen Fragen.

Wie ist die Impfsituation in Nordrhein-Westfalen?

Mehr als 3,4 Millionen Menschen haben in NRW eine Auffrischungsimpfung, den sogenannten Booster, erhalten. Die Quote beträgt laut Robert-Koch-Institut 19,1 Prozent. NRW liegt damit bundesweit auf Platz 3 hinter dem Saarland (20,5) und Berlin (20,3). Die Landesregierung verweist auf einen Impfrekord in der vergangenen Woche von über 1,4 Millionen verabreichten Impfdosen in Nordrhein-Westfalen, von denen 250.000 Impfdosen für Erst- und Zweitimpfungen zum Einsatz gekommen seien. Im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein waren es 540.000.

In Köln, dem Kreis Lippe, dem Oberbergischen Kreis und in Wuppertal gelten seit Dienstag verschärfte Kontaktbeschränkungen, weil die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage in Folge über dem Schwellenwert von 350 lag und das NRW-Gesundheitsministerium diesen Schritt nach der neuen Corona-Schutzverordnung verfügte. Bei privaten Feiern und Zusammenkünften von Geimpften und Genesenen dürfen sich maximal 50 Personen in Innenräumen und 200 Personen im Außenbereich treffen. Für die nicht immunisierten Personen bleibt es bei den deutlich strengeren Kontaktbeschränkungen.

Alles zum Thema Karl-Josef Laumann

Wer stemmt die Impfungen? Die kommunalen Impfzentren sind doch schon seit Ende September geschlossen.

Etwa 80 Prozent der Rekord-Impfzahl binnen einer Woche ist nach Angaben von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) von den Hausärzten und Fachärzten bewältigt worden. Etwa 20 Prozent entfielen auf Impfstellen und mobile Impfteams in den Kommunen. Landesweit gebe es Corona-Impfungen in rund 11.200 Arztpraxen und rund 800 kommunalen Impfangebote.

Das seien etwa 700 kommunale Impfangebote mehr als noch vier Wochen zuvor. „Wir müssen in den kommenden Wochen dieses hohe Tempo beim Ausbau der Impfungen beibehalten, um so viele Menschen wie möglich wirksam vor einer Infektion zu schützen“, betonte Laumann. Laut RKI-Daten sind 72,3 Prozent der Menschen in NRW vollständig geimpft.

Im Kampf gegen Corona sollen ab Januar 2022 vorübergehend auch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker Impfungen durchführen. Warum können sie nicht jetzt schon loslegen?

Weil das Gesetz noch in Arbeit ist. Am Dienstag wurde eine Vorabfassung des Gesetzentwurfs im Bundestag diskutiert, die 55 Seiten umfasst. „Aufgrund der derzeit bestehenden sehr hohen Nachfrage nach Auffrischungsimpfungen, aber auch der wieder steigenden Nachfrage nach Erst- und Zweitimpfungen ist eine schnelle Organisation und Durchführung der Auffrischungsimpfungen notwendig“, heißt es als Begründung.

„Wir gehen davon aus, dass die Apotheken spätestens im Januar Impfungen durchführen können“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein. „Wir sehen das Angebot der Apotheker als Ergänzung zu der großen Impfleistung der Ärzteschaft.“

Was spricht für die Impfungen in den Apotheken, welche Kritikpunkte gibt es?

In Deutschland steht Impfen nicht im Lehrplan eines Pharmaziestudiums, in Ländern wie Großbritannien sind Impfungen in Apotheken laut Preis bereits üblich. In NRW, schreibt das Landesgesundheitsministerium, seien bereits 1.500 approbierte Apothekerinnen und Apotheker im Rahmen des Modellprojekts „Grippeschutzimpfungen in Apotheken“ im Impfen geschult worden.

Diese wären direkt nach Inkrafttreten des Gesetzes für Corona-Impfungen einsatzfähig. „Damit sind Apotheker genauso geschult wie Ärzte“, findet Thomas Preis. Jürgen Zastrow, leitender Impfarzt in Köln, zeigt sich dagegen skeptisch: Sollte es in seltenen Fällen bei der Impfung zu Komplikationen kommen, haben Apotheker weniger Handlungsmöglichkeiten als medizinisches Personal.

„Wenn jemand nach der Impfung wegen Kreislaufproblemen umkippt – wo wollen Sie die Person hinlegen?“, fragt er. „Die meisten Apotheken haben keine Liege.“ Zastrow spricht sich für eine Ausweitung der Corona-Impfung auf medizinisch geschultes Personal wie Zahnärzte aus. Dies habe auch das NRW-Gesundheitsministerium in der Vergangenheit wiederholt angeregt, schreibt eine Pressesprecherin des Ministeriums auf Anfrage.

Was sagen die Tierärzte?

Sie fordern eine rechtliche Absicherung. „Wenn wir künftig auch impfen sollen, tun wir das im Rahmen der Möglichkeiten gerne als Beitrag zur Corona-Bekämpfung", sagt der Präsident des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte, Siegfried Moder, der „Rheinischen Post". „Mich verwundert aber, dass bislang niemand auf uns zugekommen ist.

Bevor Tierärzte impfen könnten, müssten zahlreiche Fragen geklärt werden, erklärte der Verbandschef. „Das reicht über die Haftung, die Bestellung von Impfstoffen, die räumlichen Voraussetzungen bis hin zur Vergütung."

Haben wir überhaupt genug Impfstoff?

Dies kommt sehr auf den Impfstoff an: Von Moderna stehen mehr als genug Impfdosen zur Verfügung, sagen sowohl Thomas Preis als auch Jürgen Zastrow. Bei dem Biontech-Impfstoff sehe das anders aus: Hier spricht Zastrow von einem Mangel. Derzeit dürfen Ärzte nur 30 Impfdosen pro Woche bestellen. „Das ist wenig im Vergleich zu den Mengen, die wir vorher angefordert haben“, sagt Zastrow.

Eine Begründung, wieso dieser Impfstoff fehlt, habe ihm niemand geben können, auch nicht die Gesundheitsministerien. „Wenn wir uns diszipliniert darauf konzentrieren, nur die unter-30-Jährigen mit Biontech zu impfen, dann kommen wir knapp hin“, sagt Zastrow. Aufgrund eines leicht erhöhten Risikos einer Herzmuskelentzündung empfiehlt die Ständige Impfkommission den Moderna-Impfstoff nicht für Menschen unter 30 Jahren.

Zastrow rechnet damit, dass der Biontech-Mangel bald aufgehoben ist. „Guckt man sich die Impfbewegungen vor sechs Monaten an, dann sieht man: In fünf, sechs Wochen wird die Situation eine andere sein. Wenn die Nachfrage sinkt, dann reicht das Angebot wieder.“

Was sollten Menschen beachten, die gerade erfolglos einen Termin für eine Corona-Impfung suchen?

In vielen Praxen seien noch Impftermine frei, auch noch in dieser Woche, so Zastrow. „Im Impfzentrum in der Lanxess-Arena sind noch circa tausend Termine für diese Woche frei.“

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Die Logistik bei den Impfmöglichkeiten und der Verteilung von Impfstoffen müsse zentral durch einen Krisenmanager organisiert werden, weil es landesweit erhebliche Unterschiede gebe, sagt Kutschaty. Das könne „gern ein Generalmajor der Bundeswehr“ übernehmen, so Kutschaty. An den Schulen liefen die Testkapazitäten langsam aus. Bisher sei der Einkauf und die Verteilung durch die Polizei übernommen worden.

Jetzt müsse das vom Schulministerium gestemmt werden, dessen Kapazitäten dafür bei weitem nicht ausreichten. Auch das sei eine Aufgabe für einen Krisenstab, der auch das Problem der fehlenden Luftfilter an den Schulen lösen müsse. Kutschaty fordert die Abgeordneten des Bundestags auf, eine allgemeine Impfpflicht so schnell wie möglich auf den Weg zu bringen: „Ich kann da nur appellieren. Das muss der Bundestag machen.“

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