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Demos in KölnPutin-Unterstützer stoßen in der City auf Gegendemonstranten

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Demo 4.9.

Kundgebung auf dem Quartermarkt „gegen Verschwörungsideologien und rechte Propaganda“

Köln – 25 Transporter der Polizei stehen auf dem Roncalliplatz, als am Sonntagmittag rund 800 Menschen zu einer prorussischen Demonstration zusammenkommen. Viele schwenken russische Fahnen, manche deutsche, viele wenden sich auf Plakaten gegen die Impfpflicht oder eine „Corona-Diktatur“, auf anderen steht: „Raus aus der Nato!“

Rechtsextremer am Mikro, die Menge jubelt

Stefan und Anne aus Kerpen halten eine Fahne mit einer Friedenstaube in den Wind – das Symbol der Friedensbewegung. Währenddessen wettert der rechtsextreme André Poggenburg, ehemaliger Landeschef der AfD in Sachsen-Anhalt, der später erfolglos die Partei „Aufbruch deutscher Patrioten“ gründete, gegen Außenministerin Annalena Baerbock („Eine Schande für Deutschland!) und die „Systempresse“. Die verhindere, dass berichtet werde, was „wahr und wichtig“ sei. Er empfiehlt dafür ein rechtsextremes Magazin und „alternative Medien“. Großer Applaus.

„Wir waren immer Pazifisten und würden uns dem linken Spektrum zuordnen“, sagt Stefan aus Kerpen („Vorname reicht“). „Aber inzwischen ist man sogar als Pazifist sofort in der Nazi-Ecke. Und die USA und der Westen sind am Krieg in der Ukraine nicht unschuldig. Das kommt mir in den Medien zu kurz.“ Es sei seltsam, dass ein paar Meter weiter eine Fahne in Runenschrift mit Blut-und-Boden-Ideologie geschwenkt werde. „Aber wir wollten uns den Protest nicht nehmen lassen.“

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Als zwei litauische Basketballfans mit gesenkten Daumen durch die Menge laufen, werden sie ausgebuht. Als ein Mann ruft „Putin ist ein Massenmörder!“ wird er wütend beschimpft.

50 Meter Luftlinie entfernt demonstrieren Menschen unter dem Motto „Für Frieden und Solidarität - Gegen Krieg, Nationalismus und völkisches Denken“ auf dem Kurt-Hackenberg-Platz. Aufgerufen hat das Aktionsbündnis „Köln gegen Rechts“. Insgesamt kommen am Sonntag rund 400 Gegendemonstranten bei Kundgebungen zusammen. Die Schnittmenge mit den Menschen auf dem Roncalliplatz ist ihre Kritik an der Regierung, jene an Preissteigerungen, zum Teil auch ihre Wut. „Wenn wir auf Rechte stoßen, müssen wir sie stellen, bekämpfen und vertreiben!“, ruft Anton von einem antifaschistischen Bündnis. 

Polizei verhindert Zusammenstöße der Demonstranten

Um 13.30 Uhr, kurz bevor die prorussische Demonstration über die Altstadt und den Neumarkt durch die Innenstadt zieht, kommen einige linke Demonstranten zum Roncalliplatz. „Ihr seid Faschisten!“, rufen sie. „Nein, ihr seid Faschisten“, rufen die Putin-Unterstützer. „Wir wollen nur Frieden!“

Während des Protestzugs kommen sich die Lager immer wieder nahe. Am Gürzenich gehen zwei Böller hoch, in der Kronengasse nehmen Polizisten die Personalien von zwei Gegendemonstranten auf. Immer wieder rufen die Putin-Sympathisanten: „Frieden, Freiheit, Selbstbestimmung“.

Das System, das sie kritisieren, sorgt an diesem Nachmittag dafür, dass sie friedlich, frei und selbstbestimmt demonstrieren dürfen.  

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