Der Bedarf ist hoch„Ohne Proberäume verstummt die Kölner Musik“

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Dennis Fischer von Arise in Silence im Proberaum im Fort IV in Bocklemünd.

Dennis Fischer von Arise in Silence im Proberaum im Fort IV in Bocklemünd.

Köln – Egal ob Hobbygitarrist oder professioneller Klangartist – vor den Auftritten steht für jeden Musiker vor allem eines auf dem Programm: üben, üben, üben. Doch nur in den seltensten Fällen geht das in den eigenen vier Wänden, daher ist der Bedarf an Proberäumen groß.

Mit der Proberaumsuche kämpfen Bands in Köln immer wieder – so wie CBUS. Die Surf-Band hatte ihren Proberaum im Beathouse in der Südstadt, musste aber nun Schlagzeug und Bass zusammenpacken, da der Anbieter schließt. „Auf unserer Suche nach einem neuen Proberaum haben wir festgestellt, dass es nur wenig akzeptable Räume gibt“, so Florian Bauer, der Bassist der Band. „Zudem sind die verfügbaren Räume teuer. Das erschwert die Suche.“ Mittlerweile ist die Band in Dellbrück fündig geworden. „Wir hatten Glück, überhaupt so schnell etwas gefunden zu haben.“

Studie zur Proberaumsituation

Um die aktuelle Lage in Köln zu bewerten, hat der Verein Popkultur-Köln daher auf Betreiben von Till Kniola, Referent für Popkultur im Kulturamt der Stadt Köln, die Studie „Qualitative und quantitative Bestandsermittlung und Evaluation der Proberaumsituation in Köln“ in Auftrag gegeben. Der städtisch geförderte Verein unterhält selbst an fünf Standorten in Köln ein umfangreiches Angebot mit 94 Proberäumen. Diese werden niedrigpreisig an Bands vermietet, die als Hauptmieter eine weitere Band als Untermieter annehmen können, um die Mietkosten gering zu halten.

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Die Ergebnisse, die der SocioCologne e.V. am Institut für Soziologie und Sozialpsychologie der Universität Köln nun vorgelegt hat, sind aufschlussreich: „Wir haben etwa 400 Proberäume in der Studie berücksichtigt, die in Köln von professionellen Anbietern zur Verfügung gestellt werden“, so der Verfasser Heiko Rühl, Diplom-Soziologe an der Universität Köln. „Während der Recherche haben wir festgestellt, dass die Auslastung dieser Räume bei nahezu 100 Prozent liegt.“

Lange Wartelisten

So würden die Anbieter lange Wartelisten führen, auf denen sich etliche Bewerber bereits für freiwerdende Proberäume einreihten. Außerdem gingen viele der Räume durch Netzwerke unter den Musikern und Anbietern ohne öffentliches Inserat an die nächsten Interessenten. Zusätzliche Proberäume müssten daher für die Künstler geschaffen werden. „Dazu ist die Mehrzahl der befragten Proberaumanbieter nach eigenen Angaben auch bereit“, erklärt Rühl. „Konservativ geschätzt wären weitere 50 bis 100 Proberäume im Stadtgebiet nötig, um den Bedarf zu decken.“

Um dieses Ziel zu erreichen baut auch Popkultur-Köln in Dellbrück eine frühere Lagerhalle um. 15 Proberäume wird sie beherbergen. Seit 2014 hat der Verein dort bereits zwei Hallen eingerichtet, die neueste wird mit 400 Quadratmetern jedoch die größte Fläche bieten. 350000 Euro kostete der Umbau der bereits vorhandenen, leerstehenden Halle.

Das Kulturamt der Stadt fördert das Projekt mit 80000 Euro, den größeren Teil der Summe übernimmt der Eigentümer der Halle, H+L- Immobilien, der das Gebäude an Popkultur-Köln vermietet. Der Verein wiederum überlässt die Räume den Bands für 9,50 bis zwölf Euro den Quadratmeter im Monat. „In Dellbrück können wir so insgesamt 41 Räume zur Verfügung stellen, die von mehr als 400 Musikern genutzt werden“, so Rosi Lang, Geschäftsführerin von Popkultur-Köln.

Auch in den Forts der Stadt bietet Popkultur-Köln Proberäume an, unter anderem in Bocklemünd. Dort ist Dennis Fischer bereits seit knapp zehn Jahren Hauptmieter eines Bandraums. „Mit 40 Quadratmetern haben wir hier genügend Platz, um unsere Musik zu proben und neue Songs einzuspielen“, so Fischer. „Dabei konnten wir unseren Raum selbst gestalten und unsere Instrumente sowie die Technik sind fest installiert. So können wir jederzeit herkommen und losspielen.“

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Auch seine Heavy-Metal-Band Arise in Silence teilt sich den Raum mit einer anderen Band. „Dadurch ist auch die Miete von rund 400 Euro erschwinglich.“ Mit trockenen Wänden, Tageslicht und eigenen Parkplätzen sei diese Lage eine Ausnahme. „Also werden wir auch weiterhin gerne hier proben.“ Und Rosi Lang kündigt an: „Wir bleiben auf der Suche nach neuen Flächen für Proberäume. Die Musikszene in Köln braucht sie, damit wir als Stadt auch weiterhin mit musikalischen Hotspots wie Berlin und Hamburg mithalten können. Ohne Proberäume verstummt Köln ansonsten.“

Neben Neubauprojekten empfiehlt die Studie auch, städtische Gebäude auf ihre Nutzbarkeit und Verfügbarkeit hin zu überprüfen und Vergaben von Grundstücken und Gebäuden nicht nur nach ökonomischen, sondern auch nach konzeptuellen Kriterien zu bewerten. „Nur so können wir den etwa 1500 Bands, die in Köln ein professionelles Probeumfeld benötigen, auch den benötigten Raum zur Verfügung stellen“, ergänzt Manfred Post, Vorstandsmitglied von Popkultur-Köln e.V. „Damit Köln auch weiterhin auf seine vielseitige, erfolgreiche Musikszene stolz sein kann.“

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