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Deutliche VerschiebungSo verteilen sich die Kölner Corona-Fälle auf Altersgruppen

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Viele Menschen fühlten sich in der Krise durch die Maskenpflicht diskriminiert – und legten Einsprüche ein.

  • Die Zahl der aktuell Corona-Infizierten liegt in Köln auf dem höchsten Niveau seit April. Todesfälle wurden allerdings sehr selten.
  • Laut Gerhard Wiesmüller hat das vor allem mit der veränderten Altersstruktur zu tun. Diese wiederum liege an städtischen Maßnahmen, die greifen.
  • Wir haben uns mit dem stellvertretenden Leiter des Kölner Gesundheitsamtes über das Thema unterhalten und schlüsseln auf, wie sich die Altersverteilung in der Stadt seit März entwickelt hat.

Köln – Herr Wiesmüller, in Berlin sind Experten besorgt aufgrund der stark steigenden Infektionszahlen bei jungen Menschen. Erkennen Sie den Trend auch in Köln? Prof. Gerhard Wiesmüller: Hier schwanken die Zahlen. Aber eine Verschiebung lässt sich durchaus erkennen (siehe Grafik, Anm. d. Red.). Auch in Köln stecken sich mittlerweile mehr junge Menschen an, einen erschreckenden Trend erkenne ich jedoch nicht. Im Mai hatten wir bereits eine ähnliche Verteilung. Damals hat man viele öffentliche Einrichtungen wieder geöffnet und allen voran die junge Elterngeneration war wieder mehr unterwegs. Das Geschehen ist eben dynamisch – epidemiologisch macht mir die Entwicklung keine riesigen Sorgen.

Welche Schlüsse ziehen Sie aus der neuen Verteilung?

Im Moment bilanzieren wir positiv, dass wir die ältere Gruppe sehr erfolgreich schützen. Uns machen die Zahlen zuversichtlich, dass die getroffenen Maßnahmen greifen.

Welche Maßnahmen haben aus Ihrer Sicht gegriffen?

Ich sehe drei entscheidende Faktoren. Zum einen haben wir die Altersheime inzwischen auf die Situation gut vorbereitet. Heime sind hygienisch nicht so gut wie Krankenhäuser auf Pandemien vorbereitet. Wir haben also unterstützt – und mit dem Personal die neuen Prozesse trainiert. Außerdem haben wir die Einrichtungen mit genügend Schutzmaterialien ausgestattet. Und drittens führen wir in Altersheimen regelmäßig und flächendeckend Tests beim Personal durch. Damit wissen wir umgehend von neuen Fällen und schärfen ständig die Sinne für die weiterhin bedrohliche Situation.

Statistisch auffällig sind auch sinkende Todeszahlen bei weiterhin vergleichsweise hohen Infektionszahlen – auch in Köln. Ist der Schutz von älteren Menschen hierfür der wichtigste Faktor?

Ja, absolut. In Köln sind fast nur Menschen in hohem Alter an Covid-19 gestorben. Nur wenige Todesfälle weichen von diesem Muster ab. Die stagnierenden Todeszahlen verdanken wir primär dem Schutz dieser Gruppe.

Vor einigen Wochen sagten Sie, eine Mutation des Virus in eine harmlose Richtung sei durchaus denkbar. Lesen Sie die aktuellen Zahlen auch als Indiz für eine solche Mutation?

Nein, es ist zu früh, einen solchen Effekt festzustellen. Dass Sars-Cov-2 irgendwann zu einem eher ungefährlichen Virus mutiert, ist durchaus wahrscheinlich. Wir wissen, dass Mutationen schon heute stattfinden. Auswirkungen dadurch sind allerdings meistens lange Prozesse. Um mögliche Effekte festzustellen, ist zu wenig Zeit seit Auftreten des Virus vergangen.

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Dass wir unbedingt einen Impfstoff brauchen, gilt für Sie also weiterhin?

Wir haben zwar schon wirksame Medikamente, aber noch keinen wirklichen Durchbruch. Ein Impfstoff würde enorm helfen. Durch diesen Winter werden wir aber ohne flächendeckenden Impfstoff kommen müssen. Es wäre vermessen zu sagen, Corona sei im nächsten Jahr kein großes Thema mehr.

Nun stehen wir erstmal vor kalten Monaten ohne Impfstoff und mit viel Aktivität in geschlossenen Räumen. Wie bereitet sich das Kölner Gesundheitsamt darauf vor?

Wir werden uns weiterhin darauf konzentrieren, vor allem die Risikogruppen bestmöglich zu schützen. Älteren Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen empfehlen wir Grippe- und Pneumokokken-Impfungen. Zudem werden wir die Bürgerinnen und Bürger immer wieder daran erinnern, dass es unerlässlich ist, sich an die erlernten Schutz- und Hygieneregeln zu halten. Dazu gehört auch, das Freizeit- und Urlaubsverhalten den derzeit notwendigen Erfordernissen anzupassen. Es gilt unbedingt, im übertragenen Sinne, ein zweites Ischgl und ein zweites Gangelt zu verhindern.

Begrüßen Sie die Überlegung, Heizpilze wieder vermehrt einzusetzen? Damit würde in der Gastronomie weiterhin vieles draußen stattfinden.

Die Menschen brauchen Beschäftigung und Geselligkeit, auch in Köln. Das können und wollen wir ihnen nicht nehmen. Die Außengastronomie ist, soweit wir heute wissen, weitgehend sicher. Was passiert, wenn alles drinnen stattfindet, haben wir in Gangelt und Ischgl gesehen. Das war im Nachhinein ein epidemiologisches Desaster.

Für Karneval gilt also auch: Wenn, dann nur draußen?

Mit anderen Menschen im Freien zusammenzukommen, ist derzeit immer die deutlich bessere Alternative. 

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