Deutsche Welle in KölnDie Sprengung des asbestbelasteten Hochhauses ist vom Tisch

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Das Hochhaus der Deutschen Welle am Raderberggürtel

Köln – Eine vollständige Sprengung des ehemaligen Deutsche-Welle-Funkhauses am Raderberggürtel ist endgültig vom Tisch. Das bestätigte Gerd Kropmanns, Geschäftsführer der Wohnkompanie, die auf dem Gelände in Marienburg 700 neue Wohnungen bauen will, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das Deutschlandradio hatte zuvor als unmittelbarer Nachbar Bedenken angemeldet. Die Verantwortlichen fürchteten, den Sendebetrieb einstellen zu müssen, falls die Erschütterungen einer Sprengung ihr angrenzendes Funkhaus beschädigen würden.

„Wir bereiten zurzeit ein neues Abbruchkonzept vor“, sagte Kropmanns. Es soll so aussehen, dass der Stahlteil des alten Deutsche-Welle-Hochhauses konventionell mit Baumaschinen abgetragen wird. Das 138 Meter hohe Gebäude würde dann Stück für Stück von oben nach unten abgebaut. Auf eine Sprengung will die Wohnkompanie aber nicht ganz verzichten – zumindest der Betonkern des Aufzugturms soll nach wie vor mit einer gezielten Explosion in Schutt und Asche gelegt werden. „Die Erschütterung des Nachbargebäudes wäre dann gegenüber einer vollständigen Sprengung deutlich reduziert“, sagte Kropmanns. Zurzeit laufen Gespräche mit der Stadtverwaltung und dem Deutschlandradio.

Das Deutschlandradio bewertet die neuen Abbruchplänen der Investoren positiv. „Eine Teilsprengung klingt schon wesentlich besser als eine Vollsprengung“, sagte Sprecher Jörg Schumacher. Der Sender kläre zurzeit intern, welche Auswirkungen das auf den eigenen Betrieb hätte. „Danach sehen wir weiter“, so Schumacher.

Der Turm  der Deutschen Welle ist mit 138 Metern Höhe das derzeit fünfthöchste Gebäude der Stadt.

Der Turm  der Deutschen Welle ist mit 138 Metern Höhe das derzeit fünfthöchste Gebäude der Stadt.

Der Grund, warum die Wohnkompanie und deren Partner Bauwens Development am liebsten an einer Teilsprengung festhalten würden, ist der spürbare Zeitvorteil. Ein vollständig konventionelles Abtragen des Hochhauses mit Baumaschinen würde das Projekt um neun Monate verzögern. Bei einer Sprengung des Betonkerns wären es hingegen nur sechs Monate. Das liegt unter anderem an einer Beschränkung der Arbeitszeiten. Da der Abbruch mit schweren Geräten sehr laut wäre, müssten die Arbeiten immer wieder unterbrochen werden, um die Lärmbelastung der Nachbarn zu vermindern, zu denen neben dem Deutschlandradio auch ein Hersteller von Vakuum-Pumpen gehört.

Das Projekt am Raderberggürtel hat die Investoren schon jetzt viel Zeit gekostet. Die Wohnkompanie erwarb das zu diesem Zeitpunkt seit zehn Jahren leerstehende Hochhaus mit 34 Etagen bereits im Jahr 2013. Danach begann eine umfangreiche Bürgerbeteiligung. Aus einem Architektenwettbewerb ging das Kölner Büro Astoc als Sieger hervor. „Der Entwurf überzeugt durch seine klare Adressbildung sowie die klare Zonierung von öffentlichen und privaten Räumen“, hieß es im Urteil der Jury. Auf dem insgesamt 54 000 Quadratmeter großen Grundstück sollen bis zu siebengeschossige Gebäude mit insgesamt 700 Wohnungen entstehen. Auch mehrere begrünte Innenhöfe und der Bau einer Kindertagesstätte sind geplant.

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Parallel zum Architektenwettbewerb entstand der Plan, das Hochhaus zu sprengen, um beim Abriss Zeit zu sparen. An November 2015 wurde das Gebäude entkernt und von gesundheitsschädlichem Spritzasbest befreit, mit dem die Stahlträger als Brandschutz ummantelt waren. Der Baustoff, früher als Wunderfaser beworben, wurde in der Europäischen Union 1990 verboten.

Die Sprengung sollte ursprünglich bereits Ende 2016 stattfinden und wurde schließlich auf das Frühjahr 2018 verschoben. Aufgrund des Einspruchs der Nachbarn kam aber auch dieser Termin nicht zustande. Der Neubau von 700 Wohnungen auf dem Areal rückt somit in immer weitere Ferne. Aufgrund der hohen Gesamtkosten müssen die Investoren zwar keinen Anteil von 30 Prozent an Sozialwohnungen einplanen, wie es das Kooperative Baulandmodell der Stadt eigentlich vorsieht. Sie einigten sich aber dem Vernehmen nach mit der Verwaltung darauf, dass zumindest zehn Prozent Sozialwohnungen entstehen werden.

Den Weltrekord für das höchste jemals gesprengte Hochhaus wird die Deutsche Welle nun womöglich nicht mehr erreichen. Bislang ist das 1998 zerstörte J. L. Hudson Building in der US-Stadt Detroit mit 134 Metern der Spitzenreiter. Auf dem zweiten Rang folgt der AfE-Turm der Frankfurter Goethe-Uni mit 116 Metern, der seit Februar 2014 das höchste Gebäude ist, das in Europa gesprengt wurde. Das Deutsche-Welle-Haus, das von 1974 bis 1980 gebaut wurde, würde mit seinen 138 Metern beides übertreffen.

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