Diebstahl in KölnBetrüger gibt sich als Telekom-Mitarbeiter aus

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So sieht laut Telekom ein echter Vertriebsmitarbeiter aus. Die Szene ist nachgestellt.

Köln – Der Mann, der Ende Juni bei Martha König (Name geändert) in Köln-Niehl mittags an der Haustür klingelt, trägt ein dunkles Sakko und darunter ein weißes Hemd mit Namensschild. Er wirkt gepflegt, ist Anfang 30 und spricht akzentfrei Hochdeutsch. „Guten Tag, meine Dame“, sagt er. „Ich komme im Auftrag der Telekom, wir ändern hier demnächst einiges bei Ihnen in der Straße“. Das war gelogen, wie man heute weiß. Geändert hat sich durch den ungebetenen Besuch allerdings so einiges in Martha Königs Alltag: Sie ärgert sich, einem Betrüger aufgesessen zu sein und ist seitdem noch vorsichtiger geworden.

Eigentlich sei sie immer schon eine eher misstrauische Person gewesen, erzählt die 66-Jährige ein paar Tage später. „Bis zu diesem Tag hatte ich noch nie einen Fremden in die Wohnung gelassen.“ Aber der angebliche Telekom-Mitarbeiter habe seriös und glaubhaft gewirkt und auf alles eine schlüssige Antwort gehabt. Auf ihren Einwand hin, dass sie und ihr Mann Netcologne-Kunden seien, habe er etwa sinngemäß gesagt: „Das ist egal, Netcologne hat die Glasfaserkabel bei der Telekom nur angemietet, meine Dame.“ Martha König bittet ihn in die Wohnung. „Ich wollte das in Ruhe mit ihm besprechen“, sagt sie heute.

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Sie führt den Fremden ins Arbeitszimmer, zeigt ihm auf seinen Wunsch hin ihren Router – ein altes Modell, wie er behauptet. Das passe nicht zu dem schnelleren Internet, das man hier in den nächsten Wochen installieren wolle, angeblich auf vielfachen Wunsch von Anwohnern der Straße. Der Mann will Martha König einen Wechsel zur Telekom schmackhaft machen, er nennt ihr Zahlen, zeigt ihr auf seinem Tablet ein vermeintlich unschlagbares Angebot: die ersten Monate koste sie das Ganze 19,90 Euro, anschließend 39,90 Euro. Doch König lehnt ab. Sie bittet den Mann zu gehen, er wird ihr allmählich zu aufdringlich.

Erst einen Tag später fällt der 66-Jährigen auf, dass ihre 400 Euro teure Uhr fehlt, die immer im Wohnzimmer auf einer antiken Truhe liegt, wenn sie sie nicht gerade am Arm trägt. Ihr Verdacht fällt sofort auf den angeblichen Telekom-Mitarbeiter. Ein Anruf bei der Hotline des Unternehmens fällt ernüchternd aus: Das sei wohl eine Fremdfirma gewesen, ein Subunternehmen, da könne man leider nichts machen, habe man ihr geantwortet, erzählt König.

Telekom: Zahl der Beschwerden unter ein Prozent

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ stellt ein Telekom-Sprecher klar: „In der genannten Straße fanden zum entsprechenden Zeitpunkt keine Vertriebsaktivitäten statt.“ Frau König sei „offensichtlich Opfer eines Betrügers“ geworden, sie solle Strafanzeige bei der Polizei stellen. Zwar setze man grundsätzlich unter anderem auch auf Direktmarketing, auch ohne Voranmeldung, weil viele Privatkunden eine Beratung zu Hause wünschten, erklärt der Sprecher. Aber diese Maßnahmen würden regelmäßig vom Qualitätsmanagement des Unternehmens überprüft. „Mitarbeiter sollen nicht mittels falschen Tatsachen in die Wohnung gelangen. Bei solch einem Vorfall melden Sie uns diesen bitte und wir gehen in die Recherche.“ Die Sanktionen bei Fehlverhalten reichten von einer Nachschulung bis zu arbeitsrechtlichen Schritten. „Die Anzahl der Beschwerden liegt deutlich unter einem Prozent.“

Üblicherweise, so der Telekom-Sprecher, trügen die Vertriebsmitarbeiter zum Beispiel  graue oder magentafarbene Polo-Hemden und schwarze Jacken mit Telekom-Logo. Sie hätten ein Autorisierungsschreiben dabei, das auf eine Hotline der Telekom verweise. Unter der Nummer 0800-8266347 könnten Kunden und Kundinnen jederzeit anrufen und sich erkundigen, ob der angebliche Mitarbeiter an ihrer Tür auch tatsächlich im Auftrag der Telekom unterwegs sei.

An der gestohlenen Uhr hängen Erinnerungen

Martha König wusste das nicht. Ein Autorisierungsschreiben hat der Betrüger ihr auch nicht gezeigt. Was auf dem Schild an seinem Hemd stand, konnte die 66-Jährige nicht lesen. Sie trug an jenem Mittag ihre Brille nicht und ist zudem auf einem Auge blind. Der Wert der Uhr halte sich zwar in Grenzen, sagt sie. „Aber es war ein Weihnachtsgeschenk meines Mannes. Da hängen Erinnerungen dran.“ Dass sie auf den Täter hereingefallen ist, ärgere sie, aber sie will optimistisch bleiben: „Er hätte ja auch noch mehr stehlen können“, sagt sie, „oder mir auf den Kopf hauen können.“ In ihre Wohnung jedenfalls lasse sie nie mehr einen Fremden hinein.

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