Ehrenamtspreis 2018Kölner Community betreut tausende Artikel bei Wikipedia

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Im Lokal K treffen sich die Mitglieder der Kölner Wikipedia-Community .

Köln – Reihenweise Lexika in den Bücherregalen, dazu Sammelbände und Fotobücher über Geschichte, Wein und Vogelarten. Auf den ersten Blick sieht es in dem Eckhaus an der Hackländer Straße nicht so aus, als seien hier schon tausende Teile einer der bekanntesten Internetseiten der Welt entstanden. Einzig die bedruckten Sitzsäcke mit dem Wikipedia-Logo deuten darauf hin, dass sich im Lokal K das Hauptquartier der Kölner Wikipedia-Community befindet. Für ihr Engagement um frei zugängliches Wissen werden ihre Mitglieder nun mit dem Kölner Ehrenamtspreis ausgezeichnet.

Es liegt in der Natur der Web-Enzyklopädie, dass die auf der ganzen Welt verstreuten Autoren sich eigentlich nie von Angesicht zu Angesicht sehen. Meist sind weder Klarnamen noch Alter oder Beruf bekannt, Profilbilder gibt es nicht. „Manchmal ist es aber doch hilfreich, sich in die Augen sehen zu können“, erzählt Markus, der sich online 1971markus nennt. Im Jahr 2004, nur drei Jahre nachdem der erste Artikel in schwarz-weißer Optik im Netz zu lesen war, trafen sich Kölner Wikipedia-Autoren zum ersten Mal persönlich. Noch heute gibt es den Stammtisch, einmal im Monat ist ein Tisch im Ehrenfelder Café Goldmund für sie reserviert.

„Was uns vereint, ist, dass wir alle unglaublich wissbegierig sind – und alle echte Klugscheißer“, beschreibt Nicola die Gruppe lachend. Für viele sei Wikipedia ein Hobby, ein Ausgleich zum alltäglichen Berufsleben. Die 63-Jährige ist Expertin für Bahnradsport, über viele der Zweirad-Sportler gäbe es ohne sie nur wenig im Internet zu finden. Geolina, die im echten Leben Naturwissenschaftlerin ist, dokumentiert im Netz die Schicksale von NS-Opfern, für die ein Stolperstein verlegt wird. „Zur Entspannung schreibe ich aber auch über Künstler oder Rosen“, berichtet sie.

Alles zum Thema Henriette Reker

Manchmal sei es eine wirkliche Herausforderung, dass man bei der Bearbeitung eines Wikipedia-Artikels nicht einfach so drauf los schreiben kann. Denn in der Enzyklopädie darf nur stehen, was eine seriöse Quelle zuvor veröffentlicht hat. Die Debatte um „Fake News“, also falsche Nachrichten, schlägt sich auch in den Diskussionsseiten der Beiträge nieder. „Da ist die Diskussionsseite manchmal länger, als der eigentliche Artikel“, sagt Nicola, die seit zehn Jahren auf Wikipedia aktiv ist und mehr als 4000 Artikel verfasst hat.

Nicht nur Texte werden im Lokal K besprochen und diskutiert, mit professionellen Kameras werden auch Fotos für noch nicht illustrierte Artikel gemacht. Finanziert werden die Räumlichkeiten und die technische Ausstattung von Wikimedia Deutschland, einem Verein, der Ehrenamtliche und Wikipedia-Projekte unterstützt. Seit 2014 gibt es den Treffpunkt, jeden Donnerstag kommt dort ein gutes Dutzend Autoren zusammen. Über die Auszeichnung der Stadt sagt Markus: „Eigentlich kann man uns gar nicht auszeichnen.“ Schließlich kommen die Artikel über Köln von Nutzern aus aller Welt. „Aber wir sind hier präsent, tragen verborgenes Wissen zusammen und sind Vorbild für andere Städte.“

Preisverleihung am Sonntag auf dem Heumarkt

Die Ehrenamtspreise werden am Sonntag, 2. September, ab 13.45 Uhr im Rahmen des Ehrenamtstags auf dem Heumarkt von OB Henriette Reker und der „Ehrenamtspatin“ Sabine Heinrich vergeben. Weitere Preisträger sind der Förderverein für krebskranke Kinder, die Finkenberger Gemeinschaftsschule Konrad-Adenauer-Straße und Schüler der Elly-Heuss-Knapp-Realschule, die sich die in Myanmar verfolgten Rohingya einsetzen. Geehrt werden auch vier Einzelpersonen: Sharif Abujabir hat arabischsprachige Geflüchtete in Köln unterstützt. Karin Voigt ist seit 17 Jahren Patientenfürsprecherin in Porz. Der Naturkundler Manfred Hebborn organisiert Führungen durch die Rheinaue. Richard Zeranski hilft Drogenabhängigen und leitet Veranstaltungen des Comedia Theaters für Kinder. Der Sonderpreis „Jung und engagiert“ wird an sieben Mitglieder des Hövi-Land-Teams verliehen. Das IT-Unternehmen Cologne Intelligence wird für die Einführung eines Freiwilligentags belohnt.

Beim Ehrenamtstag kann man sich über das vielfältige Engagement von Vereinen und Initiativen informieren. Von 13 bis 17 Uhr gibt es ein Bühnenprogramm mit Kindertheater und viel Musik. Um 16.15 Uhr spielt Lupo. (tse)

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