Hochbunker in EhrenfeldKeine Orte der Angst mehr

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Andreas Pöttgen (v.l.) Gabriele Hammelrath und Petra Bossinger vom Förderverein, der sich um die kulturelle Nutzung des Baus kümmert.

Andreas Pöttgen (v.l.) Gabriele Hammelrath und Petra Bossinger vom Förderverein, der sich um die kulturelle Nutzung des Baus kümmert.

Ehrenfeld – Wie ein riesiges Mahnmal erhebt sich der fensterlose Betonklotz in der Körnerstraße, Hausnummer 101. Nur die dichten Efeuranken mildern das trutzige, einschüchternde Erscheinungsbild des Kolosses. Der Hochbunker ist ein Relikt aus Kriegszeiten. 1942/43 errichtet, sollte er mehr als 1500 Menschen Schutz vor den Bomben bieten. Er hat mehrere Meter dicke Mauern und Decken aus stahlbewehrtem Beton. Auf engstem Raum harrten Kinder, Erwachsene und Greise hier aus. Sogar noch einige Jahre nach Kriegsende mussten Menschen in diesem Beklemmungen und Ängste verursachenden Bau wohnen, weil die eigene Wohnung ausgebombt war.

Von September an ist der Hochbunker ein fester Ort für die Kultur. Mit dem Förderkreis „Bunker k101“ stellte sich jetzt ein gemeinnütziger Verein vor, der das Erdgeschoss angemietet hat und in diesen Räumen künftig regelmäßig Ausstellungen, Lesungen, Theateraufführungen und andere Kulturangebote organisiert.

„Im Vordergrund steht die Erinnerungskultur“, erklärt die Vereinsvorsitzende Gabriele Hammelrath. Sie ist SPD-Landtagsabgeordnete. Ebenfalls im Vorstand sind Ratsmitglied Andreas Pöttgen und die Ehrenfelder Bezirksvertreterin Petra Bossinger (beide SPD). Es sei ein politischer Verein, aber keinesfalls ein parteipolitischer Verein, betont Gabriele Hammelrath.

Der Vergangenheit verpflichtet

Der Förderverein, der monatlich einen vierstelligen Betrag als Miete an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) zahlt, fühlt sich in besonderem Maße der Vergangenheit des Ortes verpflichtet. An der Stelle des im Zweiten Weltkrieg errichteten Bunkers stand von 1927 bis 1938 eine kleine Synagoge, die am 9. November 1938 zerstört wurde. An das unmittelbare Zusammentreffen von Naziterror und den von ihnen ausgelösten Kriegsgräueln erinnerten immer wieder Ausstellungen, Konzerte, Kundgebungen und Schweigemärsche in der Körnerstraße.

„Es wird also hier keine Disconächte geben und wohl auch keine Gemäldeausstellungen mit bunten Blümchen“, sagt Petra Bossinger. Künstler sollen sich mit ihren Präsentationen auf den Ort einlassen oder sogar auf ihn Bezug nehmen.

Die erste Ausstellung wird am 1. September eröffnet. Nicht zufällig ist das der Weltfriedenstag. Fünf Künstler – Inken Boje, Gunter Demnig, Christian Hein, Melanie Richter und Tine Wille – zeigen unter dem Titel „Einladung zum Bedenken“ Werke, die sich mit Krieg und Frieden auseinandersetzen. Ein Theaterprojekt des Regisseurs Kristof Szabo mit dem Titel „Gas II“ schließt sich an. Im November wird es mehrmals aufgeführt.

Hochbunker sind noch in mehreren Stadtteilen erhalten. Dem Gebäude in der Körnerstraße ähnlich sind die Bunker in der Herthastraße (Zollstock) und Elsaßstraße (Neustadt-Süd). Aus sie sind in ihren Ausmaßen an die Gebäude in der Umgebung angepasst. „Beim Bau der Bunker galt die Maßgabe, dass sie nicht im Stadtbild auffallen sollten“, erklärte Uwe Kopp vom Kölner Forschungsinstitut für Festungsgeschichte (Crifa).

Der Hochbunker in der Siedlung Grüner Hof in Weidenpesch wurde in eine Grünfläche zwischen zwei Häuserzeilen gesetzt. Ein weiteres Bunkergebäude befindet sich an der Pützlachstraße in Flittard. Es wurde schon Anfang der 1950er Jahre mit Fenstern ausgestattet und zivil genutzt. Oft aber ist das sogenannte „Entfestigen“ – also der Einbau von Fenstern, Dachgauben oder weiterer Türen – wegen der dicken Mauern sehr teuer und aufwändig. Daher sind viele Bauten noch weitgehend unverändert, auch eine Sprengung ist fast nicht möglich wegen der Nähe zu Wohnhäusern.

Der vielleicht bekannteste Hochbunker ist der Kulturbunker an der Berliner Straße in Mülheim, als Ort für Veranstaltungen und Ausstellungen. Im Unterschied zum Kulturprogramm für den Ehrenfelder Bunker wird hier aber bewusst Wert auf eine lebendige Gegenwartsnutzung gelegt.

Der Kulturbunker Mülheim ist wie der Hochbunker an der Helenenwallstraße in Deutz architektonisch einer Kirche nachempfunden. Das diente auch der Tarnung. Ein dritter „Kirchenbunker“ befindet sich an der Marktstraße in Raderberg. Architekt aller drei war Hans Schumacher.

Bunker als Arztpraxis

Er entwarf außerdem den heute als Wohngebäude genutzten Bunker an der Rothenburger Straße in Vingst. Weitere zu Wohnhäusern umgebaute Bunker gibt es in Bickendorf (Sandweg), Nippes (Werkstattstraße) und in Poll an der Siegburger Straße. Am Rotkehlchenweg in Vogelsang dient ein ehemaliger Bunker unter anderem als Arztpraxis. In Sülz ist in einem Hinterhof an der Rupprechtstraße ein Hochbunker mit gewerblicher Nutzung erhalten. Der runde Winkelturm an der Neusser Landstraße in Niehl ist wegen seines kegelförmigem Dachs vielen ein Begriff. Im Volksmund wird er auch Zuckerhut-Bunker genannt.

Kaum noch als ehemaliger Hochbunker erkennbar ist das Gebäude der Raiffeisen-Waren-Zentrale (RWZ) am Breslauer Platz gegenüber des Hauptbahnhofs. Hinter der verspiegelten Fassade wirkt das einst von Wilhelm Riphahn entworfene Gebäude wie ein moderner Bürobau.

www.bunkerk101.de

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