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Aktion in EhrenfeldFür einen Abend lebte das Rio-Kino wieder

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Für einen Abend herrschte im Urania-Theater Kinoatmosphäre.

Für einen Abend herrschte im Urania-Theater Kinoatmosphäre.

Köln-Ehrenfeld – Einige Wochen nach der Eröffnung des „Urania-Theaters“ fand im Dezember in den Räumen eine ungewöhnliche „Neueröffnung“ statt. „Wir eröffnen hier das Rio-Kino wieder“, bestimmte Tobias Leveringhaus bei der Begrüßung der Gäste. Sie waren zur zweiten Aktion der Reihe „Guerilla-Kino“ in das Theater in die Platenstraße 32 gekommen.

Unter dieser Adresse befand sich von 1930 bis 1968 ein Kino. Tobias Leveringhaus und seine Mitstreiter wollen an die nicht mehr existierenden Lichtspieltheater in der Stadt erinnern.

Popcorn und Filmmusik für einen Abend

Für einen Abend herrschte wieder ein wenig Kino-Atmosphäre an der Platenstraße. Es gab Popcorn, im Hintergrund erklang Filmmusik und im Bühnenraum war eine Leinwand aufgebaut. Auch mit der Auswahl des Films passte sich das Guerilla-Kino – der Name soll für spontane Filmabende stehen – ganz an Ehrenfelder Geschichte an.

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Zu sehen war der Kriegsfilm „Edelweißpiraten“ von Niko von Glasow aus dem Jahr 2004. „Das hat sich nur wenige Meter von hier entfernt zugetragen“, erklärte Leveringhaus, der bedauerte, keinen Gesprächspartner über den Film oder seinen historischen Hintergrund auf der Bühne zu haben. Überlebende der Gruppe, auf deren Erinnerungen das Drehbuch zum Teil fußt, gibt es inzwischen nicht mehr.

Widerstand aus Ehrenfeld

Der Film zeigt die Ereignisse um die Ehrenfelder Gruppe von Jugendlichen, die während der Naziherrschaft und in den Kriegsjahren Widerstand leisteten. 13 von ihnen wurden am 10. November 1944 an der Hüttenstraße/Ecke Schönsteinstraße hingerichtet.

Zu dieser Zeit war das Kino in der Platenstraße bereits geschlossen. Daten zur Geschichte der Lichtspielstätte sind auf der Website „Köln im Film" zusammengetragen. Am 26. Juni 1930, 18 Uhr, eröffnete es unter dem Namen Lichtburg. Als Hauptfilm lief der Stummfilm „Mutter Krausens Fahrt ins Glück“ aus dem Jahr 1929. Der im proletarischen Berliner Milieu angesiedelte Film wurde von den Nationalsozialisten verboten. Das Kino wurde von 1935 bis 1939 unter dem Namen Ehrenfelder Volkskino betrieben. Von 1939 bis 1942 hieß es Volks-Lichtspiele. 

Platz für 600 Besucher

Den Namen „Rio-Kino“ hatte es von der Wiedereröffnung am 15. September 1953 bis zur Schließung im Jahr 1968. Der Saal bot 600 Besuchern Platz. Die Wände waren mit dunkelgrünem gerippten Veloursstoff bespannt. Längliche Wandlampen und helle Lichtstreifen neben der Leinwand setzten Akzente.

Auf diese schon lange aus dem Gebäude verschwundene Fünfziger-Jahre-Atmosphäre mussten die Besucher des Guerilla Kinos verzichten. „Es kommt uns nicht darauf an, die Orte wiederherzustellen“, sagt Tobias Leveringhaus. Im Gegenteil: Er schätze eine „Guerilla-Atmosphäre“, bei der die Kino-Installation inmitten einer völlig anderen Umgebung aufgebaut wird. Im Urania-Theater sei es ihm fast schon zu perfekt gewesen. Wie er es am liebsten hätte, beschreibt er so: „Ich würde gern meine Anlage im Supermarkt am Lenauplatz aufbauen.“ Dort befand sich von 1949 bis 1963 das „Lenau-Theater“.

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