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Artilleriehalle in Köln-EhrenfeldZweifel an Abriss für neuen Wohnraum mehren sich

Lesezeit 4 Minuten
Die 1879 erbaute Artilleriehalle war Teil der preußischen Festungsanlagen.

Die 1879 erbaute Artilleriehalle war Teil der preußischen Festungsanlagen.

Ehrenfeld – Geschichtsträchtiger Boden oder doch nur Bauland in äußerst attraktiver Lage? An der Alpener Straße 4-6 hat die Stadtverwaltung ein potenzielles Areal ausfindig gemacht, auf dem Wohnraum in größerem Umfang geschaffen werden könnte. Dazu müsste die vorhandene Bebauung abgebrochen werden. Die Zweifel mehren sich, ob das gut ist für Ehrenfeld.

Noch steht das ehemalige „Wagenhaus 8“ der preußischen Armee. Der langgestreckte Bau dient den Bühnen der Stadt Köln als Lager für Kulissen. Die im 19. Jahrhundert errichtete Halle und ein zur Straße gelegenes Wohnhaus, das Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut wurde, sollen aufgegeben werden.

Verlust eines weiteren historischen Gebäudes droht

Mit einem möglichen Abbruch der ehemaligen Artilleriewagenhalle am Alpener Platz droht Ehrenfeld der Verlust eines weiteren historischen Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert. Auch für die Stadt wäre es ein Verlust, denn der Backsteinbau mit der Jahreszahl 1879 am Giebel ist das letzte Bauwerk seiner Art. Es war Teil der früheren preußischen Festungsanlagen.

Über die Venloer Straße bestand zwischen der Wagenhalle und den Forts am Militärring eine gerade Verbindung. Aufgrund ihrer früheren Funktion gilt sie als historisch wertvoll, doch sie steht nicht unter Denkmalschutz.

Grundstückswert bei vier Millionen Euro

Auf knapp vier Millionen Euro taxierte die Liegenschaftsverwaltung den Grundstückswert. Es ist der Mindestpreis, den jemand zahlen müsste, der das Grundstück samt den darauf stehenden Gebäuden als Bauland erwirbt. Mit der Überweisung des Kaufpreises ist es aber nicht getan. Um beim geplanten Bieterverfahren erfolgreich zu sein, müssen Bewerber möglichst viele Punkte der Vorgabenliste erfüllen.

Die Stadt Köln will nicht nur detailliert wissen, was ein Kaufinteressent zu tun gedenkt. Sie behält sich nämlich auch vor, die Pläne anhand eines Bewertungskataloges zu prüfen. Dafür gibt es Punkte. Wer am meisten davon sammeln konnte, bekommt das Grundstück. Konzeptvergabe nennt sich dieses Verfahren.

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Die Bezirksvertretung Ehrenfeld und der Ausschuss für Stadtentwicklung konnten sich vor der Sommerpause noch zu keinem Votum über die beabsichtigte Konzeptvergabe durchringen. Im September kommt das Thema in beiden Gremien wieder auf die Tagesordnung.

Die Ehrenfelder Politiker verschärften immerhin mit einem Änderungsantrag den ohnehin schon eng gefassten Vorgabenkatalog. Ihr Ziel ist klar: Sie wollen die Halle in ihrem äußeren Erscheinungsbild erhalten. Zugleich aber sollen eine kulturelle Nutzung sowie eine kleinere Zahl von Wohneinheiten ermöglicht werden. Der Antrag war von allen Fraktionen und Einzelvertretern mit Ausnahme der Grünen eingereicht worden.

Die – aus ihrer Sicht notwendigen – Nachbesserungen erläuterte Petra Bossinger, Vorsitzende der SPD-Fraktion. Zwar sei es gut, dass in den Vorgaben die Qualität der Bebauung wichtiger als der Kaufpreis sei, sie kritisierte aber das System der Punktevergabe. „Während die Erhaltung der alten Halle zwar möglich sei, suggeriert die Punktevergabe dies nicht“, so Bossinger. Bezirksvertreterin Marlis Pöttgen (FDP) wurde konkreter: „Die Punktevergabe der Ausschreibung ist so ausgerichtet, dass ein Konzept mit Abriss und maximaler Bebauung zwangsläufig gewinnen würde.“

Tatsächlich heißt es in der Vorlage: „Die vom Rat beschlossene höchstmögliche Ausnutzung mit dem Schwerpunkt Wohnen lässt sich jedoch nur mit einem Abbruch aller Aufbauten auf dem Grundstück realisieren.“

Spagat zwischen Wohnraumschaffung und Erhaltung der Substanz

Ein Mitarbeiter des Liegenschaftsamtes erklärte in der Bezirksvertretung, dass die Halle sich in einem sanierungsbedürftigen Zustand befinde. Deswegen sei das Grundstück vergleichsweise günstig zu haben. Bei einer Konzeptvergabe bestünde die Möglichkeit, dass ein Konzept vorgestellt wird, das die Halle in die Bebauung integriere.

Der Spagat zwischen Wohnraumschaffung und Erhaltung der Substanz sei jedoch schwierig. Genau diesen will Heribert Schamong schaffen. Er ist Inhaber der gleichnamigen Kaffeerösterei in unmittelbarer Nähe und beobachtet die Veränderungen in der Nachbarschaft mit Sorge. Er beabsichtigt, ein Konzept einzureichen und damit für den Erhalt des Gebäudes zu sorgen. „Es kann doch nicht immer so weitergehen und alles immer nur abgerissen werden“, sagt Schamong. Sein Plan: Im vorderen, zum Alpener Platz gelegenen Teil der Halle soll eine Rösterei eingerichtet werden. Im verbleibenden Teil des Gebäudes böte sich Platz für kulturelle Nutzung, etwa ein Stadtteilmuseum. Auch Wohnungen will Schamong schaffen. „Die sollen erschwinglich sein“, verspricht der Unternehmer.

Kunsthistorischer und historischer Wert

Unterstützt wird Schamong von der Bürgervereinigung Ehrenfeld. Diese ließ vor einem Jahr das Gebäude auf seine historische Bedeutung hin untersuchen. Die ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin des Kölner Stadtkonservators Henriette Meynen bescheinigte dem preußischen Bauwerk kunsthistorischen und historischen Wert. Es sei durch geschlossene Fensteröffnungen nur wenig entstellt, aber in seiner Struktur noch klar erkennbar. Zudem sei um das Gebäude noch die originale Basaltsteinpflasterung vorhanden. In Abstimmung mit dem Stadtkonservator könne es umgenutzt werden, indem die Außenfront wiederhergestellt würde, während im Inneren Veränderungen vorgenommen werden könnten. „Danach wird das Gebäude ein bemerkenswerter städtebaulicher Mittelpunkt für sein Umfeld sein.“

Dagegen kamen der Landeskonservator und der Stadtkonservator übereinstimmend zu dem Schluss, dass das Gebäude erhebliche Veränderungen – bedingt durch den Wiederaufbau nach starker Beschädigung im Zweiten Weltkrieg – erfahren habe. Ein Denkmalschutz komme daher nicht mehr in Frage. Während sich der Stadtkonservator zunächst aus dem weiteren Verfahren verabschiedete schloss der Landeskonservator immerhin nicht aus, dass das Gebäude erhalten werden könne.

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