Kölner ZentralmoscheeDrohmail löst Großeinsatz aus – Ditib vermutet Rechtsextremismus

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Die Polizei sperrte am Dienstag den Bereich rund um die Zentralmoschee in Köln.

Köln-Ehrenfeld – Es waren nur ein paar Zeilen, aber die reichten aus, um Menschen in Angst zu versetzen und Teile von Ehrenfeld am Dienstagmittag in ein Verkehrschaos zu stürzen. Genau das hatte der Verursacher vermutlich beabsichtigt.

Um 9.45 Uhr war in der Ditib-Zentralmoschee an der Inneren Kanalstraße eine Drohung per E-Mail eingegangen. Der Verfasser stellte ein Ultimatum: Um 11.15 Uhr, schrieb er, werde in oder vor der Moschee eine Bombe hochgehen. Die Mitarbeiter beratschlagten sich, gegen 10.25 Uhr wandten sie sich an die Polizei – und die reagierte prompt. „Der Inhalt der Mail hatte ein so hohes Drohpotenzial, dass wir unmittelbar handeln mussten“, berichtete ein Polizeisprecher.

_KRA0901

Die Polizei sucht mit Hunden aktuell nach einem möglichen Sprengkörper.

Beamte mit Sprengstoffspürhunden rückten aus ganz Nordrhein-Westfalen an. Streifenpolizisten sperrten die Kreuzung vor der Moschee, angrenzende Straßen und Gebäude. Auch die KVB-Straßenbahnlinien 3 und 4, die unter der Venloer Straße verkehren, wurden sofort gestoppt. Die Polizei ließ das gesamte Gotteshaus evakuieren. Betroffen davon waren auch die angegliederten Räume des Bundesvorstands der Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Ungefähr 50 Menschen verließen das Gebäude auf dem schnellsten Weg.

Kein Sprengsatz entdeckt

Polizisten gingen Raum für Raum ab und hielten Ausschau nach verdächtigen Gegenständen. Die Spürhunde schnüffelten in Mülleimern und an geparkten Autos im Umfeld der Moschee – ein Sprengsatz wurde nicht entdeckt. „Wir haben nichts gefunden, was die Drohung vom Morgen untermauern würde“, sagte ein Polizeisprecher. Gegen 14 Uhr wurden sämtliche Sperrungen wieder aufgehoben.

„Wir danken der Polizei für den schnellen und umsichtigen Einsatz vor Ort“, sagte ein Ditib-Sprecher. Es bleibe ein Gefühl der Angst um das Leben und die Sicherheit der Mitarbeiter, Gemeindemitglieder und Besucher. Am Vormittag noch sollen zwei Schulklassen in der Moschee zu Gast gewesen sein.

Altue_Ditib_Interview

Zekeriya Altue (l.) äußert sich zu der Drohung an die Moschee.

Nun ermittelt die Kriminalinspektion Staatsschutz der Polizei Köln, wer die E-Mail versendet hat. Der strafrechtliche Vorwurf lautet: Verdacht der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Nach Informationen des „Express“ soll die angeblich Mail von der „Volksfront International“ unterzeichnet gewesen sein – einer rechtsradikalen Gruppe aus den USA, die sich 2012 offiziell aufgelöst hat. Die Polizei wollte diese Informationen nicht kommentieren. „Zum Inhalt des Schreibens machen wir aus ermittlungstaktischen Gründen grundsätzlich keine Angaben“, sagte ein Sprecher.

Somit bleibt der Hintergrund vorerst unklar. Die Mail soll jedenfalls – soviel ist klar – in deutscher Sprache und in korrekter Grammatik verfasst worden sein. Konkrete Forderungen sollen in dem Schreiben nicht erhoben worden sein.

„Trauriger Höhepunkt“

In der Moscheegemeinde herrsche nun „in höchstem Maße“ Besorgnis, steht in einer Ditib-Pressemitteilung. Die Bombendrohung vom Dienstag, so heißt es darin weiter, bilde einen „vorläufigen traurigen Höhepunkt“ von Angriffen auf Moscheen, die sich in den vergangenen Tagen gehäuft hätten.

Der Dachverband verweist auf einen Vorfall in Karlsruhe, bei dem Unbekannte in der Nacht zum Dienstag eine Ditib-Fahne vom Flaggenmast genommen und angezündet hätten. Die dortige Polizei schließt einen politischen oder rechtsextremen Hintergrund nicht aus, ermittelt aber noch.

Vorige Woche bereits seien die Waschräume einer Ditib-Moschee in Schleswig beschädigt und zerrissene Koranseiten in der Toilette verteilt worden, schreibt die Ditib weiter. Dem Verband zufolge zeigten sich nun „Korrelationen“ zwischen gesellschaftlichen Debatten und den Angriffen auf Moscheen und Muslime in den vergangenen Wochen.

Die Ehrenfelder Zentralmoschee war voriges Jahr im September vom türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in einer offiziellen Zeremonie eröffnet worden. Kritik an der Teilnahme Erdogans gab es von Kommunalpolitikern, aber auch aus der Bundes- und Landespolitik. Die politische Nähe der Ditib zu Ankara wird immer wieder moniert. Dem Verband werden fehlende strukturelle und politische Unabhängigkeit von der türkischen Regierung vorgeworfen.

KStA abonnieren