Kontroverse um Siemens in Köln-EhrenfeldBürgerinitiative will das Gebäude erhalten

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Sie wollen möglichst viel vom Siemens-Gelände bewahren: Kathrin Seckerdieck (v.l.), Joachim Hoff und Ruth Schaller von der Bürgerinitiative Franz-Geuer-Straße

Ehrenfeld – Segen für die Stadt, aber Fluch für das Viertel? Die Ansichten, was die geplante Bebauung des Siemens-Areals an der Franz-Geuer-Straße angeht, gingen bei einem digitalen Diskussionsabend des SPD-Ortsvereins Ehrenfeld weit auseinander. Etwa 60 Menschen waren zugeschaltet - eine beachtliche Teilnehmerzahl.

Siemens zieht im Juni nach Mülheim

Der kleinste gemeinsame Nenner schien die Einsicht zu sein, dass Wohnungsbau auf dem Gelände sinnvoll ist. Doch schon bei der Menge an Wohnungen, mehr aber noch über die Art und Weise wie gebaut werden soll, gingen die Meinungen auseinander. 430 Wohnungen sind geplant. Diese Zahl beruht auf dem städtebaulichen Entwurf für das Areal, den Immobilienentwickler Corpus Sireo in Auftrag gegeben hatte. Das Unternehmen ist Besitzer des Geländes, das 50 Jahre lang Sitz der Kölner Siemens-Niederlassung war. Siemens wird voraussichtlich ab Mitte 2021 in das neue Büro-Areal I/D-Cologne nach Mülheim ziehen. Der Mietvertrag für gut 10.000 Quadratmeter Bürofläche an der Schanzenstraße wurde laut dem Branchenblatt Immobilienzeitung Ende 2018 unterzeichnet.

Bürgerinitiative will Abbruch verhindern

Das alte Bürogebäude in Ehrenfeld soll abgebrochen werden. Das möchte die erst kürzlich gegründete Bürgerinitiative Franz-Geuer-Straße aber verhindern. Schon mehr als 1000 Unterschriften habe man gesammelt, verkündet jetzt die Initiative. Auf der Petitions-Plattform Change.org ist das Begehren unter „Franz Geuer“ zu finden. „Man kann so ein Gebäude doch nicht einfach in den Mülleimer werfen“, sagt einer der Sprecher. Aus Gründen des Klimaschutzes sei dies unverantwortlich. Beim Abbruch und beim Neubau würden zu viele Emissionen freigesetzt, Ressourcen verbraucht und Stoffe verbaut, die ökologisch problematisch seien, argumentiert er. Der Gegenentwurf der Initiative sieht eine Neunutzung des fünfstöckigen, terrassenartig angelegten Baus vor. Eine Markthalle mit Veranstaltungsbereich, Hotelzimmer und Studentenbuden, aber auch Künstlerateliers kann sich die Initiative vorstellen. Die vorhandene Tiefgarage soll ebenfalls erhalten bleiben.

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Blick von der Pellenzstraße auf das Siemens-Gelände

Ökologischer Wohnungsbau

Auf dem restlichen Gelände sollen Häuser mit ökologischen Baustoffen entstehen, die alle zu 100 Prozent recycelbar sind. Als Bauträger wird eine Genossenschaft vorgeschlagen. Die Homepage der Initiative versteht sich als Diskussionsplattform. In den Kommentaren wird die Idee der Gebäudenutzung jedoch durchaus kontrovers beurteilt. Auch von Seiten der Ehrenfelder SPD herrscht eher Zurückhaltung gegenüber einem Erhalt des Siemens-Gebäudes, das von Architekturstudenten der TH Köln „Ehrenfelder Aida“ getauft wurde - wegen der Ähnlichkeit mit einem Kreuzfahrtschiff. Christiane Jäger, Ratsmitglied aus dem Wahlkreis Ehrenfeld und Vorsitzende der Kölner SPD, stellt klar: „Der Standort ist gut für Wohnen, auch für preiswertes Wohnen.“

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Das sei wichtig, weil der Stadt sonst Arbeitskräfte in wichtigen Bereichen wie etwa Pflege oder Stadtverwaltung verloren gingen, weil es für sie keinen bezahlbaren Wohnraum in der Nähe des Arbeitsplatzes gebe. Nun sei aber der Bau von rund 140 günstigen Wohnungen sichergestellt, weil die Bauherrin sich verpflichtet habe 30 Prozent der Wohnungen mit öffentlicher Förderung zu bauen. Es komme jetzt darauf an, das Projekt so hinzubekommen, dass es für die unmittelbare und weitere Umgebung ein Gewinn werde. Hier müsse man sich die vorhandene Infrastruktur und die Verkehrskonzepte genau anschauen.

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Anwohner sorgen sich um den alten Baumbestand am Siemens-Gelände. 

Bebauungsplan ist noch nicht beschlossen

Aus diesem Grund gebe es diese Diskussionsveranstaltung und die Bürgerbeteiligung, denn: „Es ist noch alles möglich. Entschieden ist erst alles, wenn der Bebauungsplan beschlossen ist. Aber genau den entwickeln wir gerade“, so Christiane Jäger. Skeptiker befürchten jedoch, dass die wichtigsten Entscheidungen längst getroffen seien. Dies sei umso unverständlicher, weil man doch eigentlich viel aus den Vorgängen um das Heliosgelände gelernt haben sollte, merkte Almut Skriver, Mitglied der Bürgerinitiative Helios, an. Dazu gehört auch die Lage künftiger Tiefgaragenzufahrten, von denen Anwohner bei rund 1000 neuen Nachbarn eine immense Belastung und Gefahr für das Viertel erwarten. Großes Unverständnis herrscht auch gegenüber dem Vorhaben, mehrere ausgewachsene Platanen in der Franz-Geuer und in der Stammstraße für das Bauprojekt zu entfernen. Holzkreuze mit „Todesdatum“ 2021 mahnen vor dem drohenden Verlust des Grüns.

Websites informieren über das Bauprojekt

Investor Corpus Sireo hat inzwischen eine Website zum Bauprojekt ins Internet gestellt, die sich an die „lieben Anwohner und liebe Nachbarn“ wendet. Gezeigt werden Skizzen des künftigen Wohnquartiers und Beschreibungen der einzelnen Baufelder. Auch ein grober Zeitrahmen wird genannt. Demnach erfolgt der Abbruch voraussichtlich noch in diesem Jahr, Baubeginn wäre Ende 2022, die Fertigstellung 2027. www.fgskoeln.de www.franz-geuer-strasse-koeln.de

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