Lenauplatz in NeuehrenfeldDie Schattenseite des „friedlichsten Platzes der Welt“

Lesezeit 5 Minuten
Abends ist der Lenauplatz bei jungen Leuten beliebt.

Abends ist der Lenauplatz bei jungen Leuten beliebt.

Neuehrenfeld – Für manche ist es „einer der schönsten Plätze der Stadt“, für den Komiker Lutz van der Horst gar „der friedlichste Platz der Welt“: der Lenauplatz. Bei einem Diskussionsabend in der Aula der nahe gelegenen Eichendorff-Realschule wurde jetzt über die Schattenseite der großen Beliebtheit geredet. Im Mittelpunkt des Abends standen die Probleme durch nächtliche Störenfriede, von denen auch die Anwohner der Seitenstraßen betroffen sind.

Angriff auf Passanten

Bezirksbürgermeister Josef Wirges hatte das Treffen auf Bitten einer Anwohnergruppe organisiert. Anlass war der Angriff auf einen Passanten vor rund vier Wochen. Er hatte eine Gruppe junger Leute nachts um 1.15 Uhr zum wiederholten Male um Ruhe gebeten. Daraufhin wurde er in einem Handgemenge zu Boden gestoßen und mit Fußtritten traktiert.

Rund 70 Bürger kamen zu dem Gedankenaustausch mit Vertretern der Stadtverwaltung und der Polizei. Etliche trugen sich am Ende der Veranstaltung in die Liste für einen noch zu bildenden Arbeitskreis ein, die die beiden Quartiersbeauftragten der Arbeiterwohlfahrt (Awo) und der Caritas aufbauen möchten. Hier sollen Lösungen erarbeitet werden, um künftig Konflikte zwischen Besuchern des Platzes und Anwohnern zu vermeiden.

Alles zum Thema Polizei Köln

Das wird eine schwere Aufgabe, denn auch Hauptkommissar Rolf Paffenholz, Leiter des Bezirks- und Schwerpunktdienstes Ehrenfeld der Polizeiinspektion 3, wollte nicht bestreiten, dass die Situation auf dem Platz „unschön ist“. Er stufte die jüngsten Gewaltdelikte auf dem Platz sogar als „katastrophal“ ein. Die Verfolgung der Täter geschehe mit hohem Nachdruck. Dennoch betonte Paffenholz, dass das Aufkommen an Körperverletzungen auf dem Lenauplatz nicht auffällig sei. Auch die Verletzung eines Polizeibeamten bei einem Einsatz vor zwei Jahren sei eine Ausnahme gewesen.

Anwohner berichten von Straftaten

Aus dem Publikum meldeten sich mehrere Anwohner zu Wort, die von Straftaten berichteten. So seien in der Försterstraße mehrere Autospiegel demoliert worden und Leute aus der Lenaustraße sowie der Gustav-Freytag-Straße beklagten sich, dass Unbekannte die Vorgärten als Toilette missbrauchten und dabei auch Anwohner bedrohten. In einem Fall sei die Glasscheibe einer Haustür beschädigt worden; in einem anderen eine Bierflasche gegen die Hauswand geworfen worden. Paffenholz riet allen Anwesenden in solchen Fällen zur Anzeige. Nur so könne man ermittelnd tätig werden. „Ich will die auch kriegen. Das können Sie mir glauben“, sagte der Ehrenfelder Bezirksdienstleiter.

Das könnte Sie auch interessieren:

Keine rechtliche Handhabe bestehe allerdings, gegen Platzbesucher vorzugehen nur aufgrund der Tatsache, dass sie dort Alkohol trinken, sagte Rolf Paffenholz. Alkohol dürfe in der Öffentlichkeit rund um die Uhr genossen werden. Zugleich nannte er jedoch den übermäßigen Alkoholkonsum – „Wodka und Fanta in erheblichen Mengen“ – als Ursache für das störende Verhalten.

 „Wenden Sie sich an Ihren Bundestagsabgeordneten“

Auf einzelne Fragen nach der Möglichkeit eines Alkoholverbots, wie es beispielsweise in Amsterdam für viele Plätze gelte, sagte Bezirksbürgermeister Josef Wirges, dass dies nicht in der Zuständigkeit der Stadt liege. Dazu müssten Bundesgesetze geändert werden. „Wenden Sie sich an Ihren Bundestagsabgeordneten“, riet Wirges. Die Zuhörer erfuhren auch, dass es keine Datenspeicherung von festgestellten Personalien gebe. Somit existierten keine Statistiken darüber, aus welchen Vierteln die Besucher stammen.

Observieren des Lenauplatzes ist nicht zulässig

Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes müssten sich an rechtliche Vorgaben halten, erklärte der stellvertretende Gruppenleiter für Ehrenfeld, Florian Westerhausen. Ein Observieren des Platzes sei nicht zulässig und auch nicht das „vorbeugende Ansprechen“. Dies sei nicht Aufgabe des Ordnungsdienstes. In dem Amt würden seit 2014 Statistiken geführt, aus denen jedoch ebenfalls keine Personendaten hervorgingen. Auf dem Lenauplatz gebe es keine Häufung von Ordnungswidrigkeiten. „Für uns ist es kein Schwerpunkt, sondern ein ganz normaler Platz“, sagte Westerhausen. Vergleiche mit dem Brüsseler Platz in der Neustadt-Nord wollte er nicht geltenlassen. „Dort reden wir über 2500 Platzbesucher in Spitzenzeiten, während wir am Lenauplatz zur selben Zeit vielleicht 25 bis 40 Leute antreffen würden.“

Putzaktion

Auf dem Lenauplatz soll am kommenden Samstag, 21. April, Müll aufgesammelt werden. Freiwillige treffen sich um 15 Uhr auf dem Platz, wo Mülltüten und Handschuhe verteilt werden. Gesäubert werden dabei auch die angrenzenden Straßen. Die auf zwei Stunden Dauer angesetzte Aktion hat der zehnjährige Grundschüler Mats ins Leben gerufen, der per Flugblatt zur Teilnahme an der Aktion aufruft. (Rös)

Für das Jugendamt berichtete Bezirksjugendpflegerin Jannet Gelhaar, dass seit dem Vorfall vor zwei Jahren, als bei ein Polizist im Einsatz gegen eine größere Gruppe Feiernder verletzt worden war, wiederholt Gespräche mit Jugendlichen geführt worden seien. Das, so Gelhaar, müsse fortgesetzt werden, idealerweise auch zu gegebener Zeit im Austausch mit Anwohnern. Wobei es nicht gewünscht sei, wenn schon jetzt Bürger die auf dem Platz arbeitenden Streetworker des Jugendamtes begleiteten. Einige bedauerten, dass in der Versammlung niemand von den meist jüngeren Besuchern des Lenauplatzes anwesend waren.

Hoffnung auf eine Lösung knüpfen viele an den Arbeitskreis, den die Koordinatorinnen für Quartiersarbeit Ruth Heiken (Awo) und Michaela Pfaff (Caritas) aufbauen sollen. „Das Konzept werden wir zusammen mit den Bürgern erarbeiten, die sich beteiligen“, erklärte Michaela Pfaff.

Beifall für Polizei und Ordnungsamt

Auf dem Platz selbst – so berichteten Anwohner – habe es in den vergangenen vier Wochen keine Lärmbelästigungen mehr gegeben. Für die – nach Beobachtungen der Bürger – zuletzt häufiger anzutreffenden Mitarbeiter des Ordnungsamtes und der Polizei gab es dafür sogar Beifall.

„Zurzeit ist es ruhig, aber das kann sich jederzeit ändern“, sagte ein Anwohner. Andere befürchteten eine Verlagerung des Problems auf andere Plätze im Stadtteil. In der jüngsten Sitzung des Kirchenvorstands der katholischen Gemeinde Ehrenfeld sei zur Sprache gekommen, dass sich vor dem Pfarrsaal und auf dem Kinderspielplatz hinter der Kirche St. Anna am Christine-Teusch-Platz seit einigen Wochen vor allem freitags und samstagnachts lautstark Feiernde aufhielten.

Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigte Pfarrer Franz-Heiner Schwirten diese Beobachtungen: „Vor dem Pfarrsaal und im Innenhof vor der Kleiderkammer haben wir zerbrochene Wodkaflaschen gefunden, an der Sakristei und am Pfarrsaal sind mehrere Fensterscheiben zerstört worden.“

KStA abonnieren