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Plädoyer für das RadAutorin Katja Diehl diskutiert in Kölner Bürgerzentrum

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Katja Diehl (l.) und Ute Symanski vom Radkomm e.V. im BüZe Ehrenfeld

Köln-Ehrenfeld – Über Religion und Politik spricht man nicht. So hieß es früher, wenn man hitzige Diskussionen vermeiden wollte. Inzwischen ist die Liste der potenziellen Streitthemen jedoch gewachsen: Neben der Ernährung - Fleisch oder kein Fleisch - zählt auch das Thema Auto zu den Gesprächsgegenständen, an denen sich die Geister scheiden: Autofahren ist das gute Recht eines jeden, sagen die einen, Autofahren ist angesichts voller Innenstädte und der Klimakrise längst überholt, sagen die anderen.

Katja Diehl kam ins Büze in Köln-Ehrenfeld

Letzteres ist auch die Auffassung von Katja Diehl: Die 49-jährige Hamburgerin ist Mobilitätsexpertin und veröffentlicht seit 2017 den Podcast „She drives Mobility”, in dem sie sich mit Themen rund um eine mögliche Verkehrswende beschäftigt. Und die sei laut Diehl längst fällig, wie sie auch in ihrem kürzlich erschienen Buch „Autokorrektur” bekräftigt. Ihr Debüt schaffte es jüngst auf Platz 5 der Spiegel-Bestsellerliste, nun las Diehl im Bürgerzentrum Ehrenfeld aus ihrem Erstlingswerk vor: „Die Klimakrise ist das eine, aber mich treibt noch mehr an, dass Menschen Auto fahren müssen, um ihr Leben gestalten zu können”, erklärt Diehl im Vorfeld ihres Auftritts, „das ist ungerecht. Vor allem im ländlichen Raum sind die Leute auf das Auto angewiesen, obwohl viele gar nicht fahren wollen.”

Eine Abkehr vom Fahren und autofreie Städte hätten dabei viele Vorteile, findet die Hamburgerin: Der öffentliche Raum, in dem das Automobil noch die beherrschende Größe ist, könne wieder vermehrt von den Menschen genutzt werden, die Kosten würden sinken und nicht zuletzt würde auch die Sicherheit steigen: „Auf dem Weg zum Bürgerzentrum bin ich die Venloer Straße herunter geradelt”, sagt Diehl, „und allein dabei wurde ich von einem Außenspiegel gestreift und mehrfach geschnitten.”

Radkomm mit Sitz in Köln-Ehrenfeld

Von derartigen Geschehnissen weiß auch Ute Symanski zu berichten, die Vorsitzende des Vereins „Radkomm”, der die Lesung von Katja Diehl im Bürgerzentrum organisierte: Der Verein mit Sitz in der Platenstraße setzt sich seit neun Jahren dafür ein, dass die „Städte lebenswerter werden” und nimmt dabei ebenfalls den Themenkomplex der Mobilität in den Fokus: „Ich bin auf jeden Fall dafür, dass der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden sollte, aber das würde zu lange dauern”, sagt Symanski, „wenn wir schnell etwas verändern wollen, dann ist das Fahrrad die bessere Alternative.”

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Schließlich, so die Soziologin weiter, gäbe es das Rad und die benötigten Straßen bereits, die man für die Nutzung mit dem Zweirad freigeben könnte. Bis das soweit ist, könnte es allerdings noch eine ganze Weile dauern - immerhin überwiegen für viele Menschen noch die Vorteile des Autos. 

Einsatz für die Mobilitätswende

Aufgeben werden Katja Diehl und Ute Symanski ihren Einsatz für die Mobilitätswende aber nicht, erste Erfolge konnten sie schließlich schon verbuchen: 2018 startete Symanski das Projekt „Aufbruch Fahrrad", mit dem sie sich für eine Stärkung des Radverkehrs in NRW einsetzt. Die dazugehörige Volksinitiative wurde von mehr als 200.000 Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben, auch der Landtag pflichtete der Initiative einstimmig bei: „Es heißt immer, dass man ohne Autos auf so vieles verzichten müsste, aber mit Auto verzichtet man auch auf vieles: Auf schönen Lebensraum und Sicherheit zum Beispiel."

Autokorrektur - Mobilität für eine lebenswerte Welt, Katja Diehl, S. Fischer, 272 Seiten, 18 Euro.  www.radkomm.de

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