Rassismus im Karneval„Ihrefelder Zigeuner“ und Sinti und Roma tauschen sich aus

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Der frühere Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges an Weiberfastnacht 2020.

Köln-Ehrenfeld – Die von den Kölner Jusos – der Jugendorganisation der SPD – weitergeführte Debatte um diskriminierende Kostüme und rassistische Namen von Karnevalsvereinen – wie etwa „Ihrefelder Zigeuner“ – war am Mittwoch ein Thema am Rande der SPD-Versammlung zur Aufstellung der Bundestagskandidaten im Gürzenich. Der frühere Ehrenfelder Bezirksbürgermeister Josef Wirges bezog eindeutig Position: „Diese Diskussion ist überflüssig wie ein Kropf und geht an der Realität vorbei“, sagte er.

Treffen an Gedenktafel in Ehrenfeld

Wirges lud daraufhin am Donnerstag Vertreter des Karnevalsvereins „Ihrefelder Zigeuner“ und Kölner, die sich selber als Zigeuner bezeichnen, zu einem Gedankenaustausch ein. Begleitet wurde Wirges von Musiker Rolly Brings. „Es kann nicht sein, dass andere bestimmen, welche Bezeichnung die richtige sein soll“, sagte er.

An der Gedenktafel für die von Bickendorf aus deportierten Sinti und Roma an der Venloer Straße in Ehrenfeld trafen sich unter anderem die Musiker Markus Reinhardt und Rudi Rumstajn sowie weitere Mitglieder der Familie mit dem Vorstand des 1965 gegründeten Karnevalsvereins. „Wir sind sehr glücklich, dass wir jetzt mit Markus Reinhardt und seinen Leuten in Kontakt sind“, sagte der Vereinsvorsitzende Marcel Schmitt. Spontan wurde über eine Teilnahme des Zigeunerjazz-Ensembles um Geiger Markus Reinhardt an einem kölschen Sommerfest der Karnevalisten nachgedacht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Reinhardt, der sich seit Jahren mit seinem Zigeunerwagenfestival für eine Auseinandersetzung mit der Kultur der meist unter dem Begriff Sinti und Roma zusammengefassten Volksgruppen engagiert, betonte, wie stolz er sich „Zigeuner“ nenne. Man sei aber auch seit 650 Jahren Teil der deutschen Kultur. Insbesondere die in der Stadt lebenden Familien verstünden sich als Kölner. „Mein Opa hat bei der Deportation in die Konzentrationslager gesagt, dass wir uns alle wieder in Köln treffen, weil wir hier geboren sind“, sagte er. Wenn sich andere zu Karneval als „Zigeuner“ kostümierten, mache ihn das ebenso stolz wie etwa die Operette „Der Zigeunerbaron“ von Johann Strauss.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma betont hingegen, dass das Wort „Zigeuner“ eine von Klischees überlagerte Fremdbezeichnung der Mehrheitsgesellschaft sei, die von den meisten Angehörigen der Minderheit als diskriminierend abgelehnt werde – Sinti und Roma hätten sich selbst niemals so genannt.

Gegen Rassismus im Karneval

Der SPD-Politiker Wirges betonte, dass es richtig sei, gegen Rassismus aufzutreten. Von daher sei die Juso-Initiative nicht grundsätzlich falsch. In Bezug auf Karnevalisten, die nur „aus Spaß an der Freud“ handelten, sei das aber „Quatsch“.

Die Jusos wollen mit ihrem Appell erreichen, den Rassismus aus dem Karneval zu verbannen. Wer sich verkleidet, sollte ihrer Ansicht nach Abstand davon nehmen, sich als amerikanischer Ureinwohner oder Asiate zu verkleiden. Dabei handele es sich um die Vereinnahmung anderer Kulturen. Vereine wie die „Ihrefelder Zigeuner“ sollen zudem ihren Namen ändern, da der Begriff abwertend gegenüber Sinti und Roma sei.

KStA abonnieren