Meistgelesen 2022Ordnungsamt-Aktion in Köln-Ehrenfeld „wie bei einer Razzia“

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Auch diese Holzstämme wurden vom Ordnungsamt als Gefahr markiert.

Auch diese Holzstämme wurden vom Ordnungsamt als Gefahr markiert.

  • Dieser Text ist zuerst am 20. Oktober 2022 erschienen

Grellgrüne Aufkleber wohin man auch blickt. In der Körnerstraße verstehen viele Menschen die Welt nicht mehr. Die kleinen Pflanztöpfchen auf den Pollern, die größeren Blumenkübel an Hauswänden und diverse Sitzgelegenheiten wurden am Dienstag in einer mehrstündigen Aktion von Mitarbeitenden des Ordnungsamtes mit Knöllchen versehen, wie sie auch auf herrenlosen Autos ohne gültige Zulassung oder Schrottfahrrädern zu finden sind.

Auf den Stickern mit dem städtischen Logo steht, dass der Gegenstand eine Gefahr für die Sicherheit und Ordnung darstelle. Binnen einer zweiwöchigen Frist müsse er entfernt werden, sonst drohe ein Bußgeld. „Das war wie eine Razzia“, berichtet Jan-Marc Kutscher, der an der Körnerstraße eine Designwerkstatt hat.

Körnerstraße in Köln: Passanten äußern Unverständnis über Aktion

Er gehört zu den Sprechern der rührigen Straßengemeinschaft, die schon seit Jahren regelmäßige Feste veranstaltet, die über die Stadtgrenze hinaus Kultcharakter haben. Das Bild ihrer Straße haben Kutscher und viele andere mit zahlreichen Ideen verändert.

Auch diese Holzstämme wurden vom Ordnungsamt als Gefahr markiert.

Auch diese Holzstämme wurden vom Ordnungsamt als Gefahr markiert.

„Die kleinen Pflanztöpfchen und die Blumenkübel an den Pollern haben wir 2014 anlässlich des ersten Tags des guten Lebens vorgestellt“, sagt Jan-Marc Kutscher. Während er erzählt, wird er oft von Passanten angesprochen, die ihr Unverständnis kundtun.

Gegenstände wurden markiert, obwohl sie Teil der nächsten Museumsnacht in Köln sind

Jan-Marc Kutscher zeigt die mit Knöllchen beklebten Pflanzgefäße in der Körnerstraße.

Jan-Marc Kutscher zeigt die mit Knöllchen beklebten Pflanzgefäße in der Körnerstraße.

Warum das Ordnungsamt mit mehreren Mitarbeitern so rigoros auftrat, dass sich Anwohner und Gäste oder Kunden von Lokalen „wie bei einer Razzia“ vorkamen, können sich die Menschen in der Körnerstraße nicht erklären. Die hölzernen Tafeln an den Bäumen, die mit wechselnden künstlerischen Darstellungen versehen werden, sind nämlich inzwischen offiziell geduldet.

Sie gehören sogar zum Programm bei der nächsten Museumsnacht. Doch auch wegen dieser Tafeln hatte es in der Vergangenheit schon Zwist mit der Verwaltung gegeben. Das Grünflächenamt fürchtete Schäden an den Bäumen. Dass jetzt ein häufig als beispielhaft dargestelltes bürgerliches Engagement zur Stadtverschönerung ein abruptes Ende finden soll, wollen viele nicht akzeptieren.

Mitarbeitende des Ordnungsamtes im Einsatz auf der Körnerstraße in Ehrenfeld.

Mitarbeitende des Ordnungsamtes im Einsatz auf der Körnerstraße in Ehrenfeld.

„Das macht unsere Straße aus“, sind sich die Anwohner einig und sie wissen auch, dass genau deswegen Touristenführungen durch „ihre“ Körnerstraße gehen. Bei Bezirksbürgermeister Volker Spelthann (Grüne) stand das Telefon am Tag nach der Klebe-Aktion nicht still. Vielen Anrufern habe er erklären müssen, dass er dies nicht angeordnet habe, berichtete Spelthann.

Dazu sei er auch gar nicht befugt. Im Gegenteil halte auch er das Vorgehen für fragwürdig und erwarte Erklärungen seitens der Stadtverwaltung. „Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass dies eine alleinige Entscheidung der Ordnungsbehörde war“, so Spelthann. Er vermutet eine Beschwerde aus der Bürgerschaft dahinter.

Körnerstraße: Stadt Köln entschuldigt sich

Klarheit und Hinweise für ein weiteres Vorgehen, möglicherweise auch für einen Antrag der Bezirksvertretung an die Verwaltung erwartet er spätestens am kommenden Dienstag. Dann wird es einen Ortstermin mit Verwaltung und Politikern geben. Auf Anfrage antwortete eine Sprecherin der Stadt inzwischen: „Die Stadt Köln entschuldigt sich für das Vorgehen. Wir werden uns mit den Anwohnenden in Verbindung setzen und nach einer Möglichkeit suchen, damit die Kübel erhalten bleiben können.“

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