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Stadtbegrünung in EhrenfeldOrdnungsamt droht mit Knöllchen für Bäume

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Ralph Herbertz zeigt, wie leicht sich die Baummodule transportieren lassen. Die leuchtend grünen Aufkleber brachte der städtische Ordnungsdienst an. 

Ehrenfeld  – Stadtbegrünung auf Probe. Kleine Bäumchen auf transportablen Handkarren samt Sitzgelegenheiten schaffen die Möglichkeit, Straßen auf Zeit in eine Allee zu verwandeln. So kann Stadtgestaltung anschaulich und erlebbar gemacht werden. Was jedoch für die einen eine willkommene ökologische Aufwertung ihrer Straße darstellt, ist für die anderen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung: Die Meinungen zur ersten Kölner „Wanderbaumallee“ gehen offenkundig schon auseinander, noch bevor das Projekt richtig gestartet ist.

Während die Initiatoren sich enthusiastisch anschickten, die in München schon seit 1992 erfolgreiche Idee auch in Köln voranzutreiben, trat das Kölner Ordnungsamt auf die Bremse. Die in der Ehrenfelder Lessingstraße in Parkbuchten aufgestellten Karren wurden mit neongrünen Aufklebern versehen, wie man sie von mutmaßlich herrenlosen Fahrrädern kennt. Ein Knöllchen von bis zu 1000 Euro wurde angedroht. Ein amtlicher Laufpass für die Wanderbäume gewissermaßen.

Initiatoren bleiben gelassen

Ute Symanski von der Initiative Radkomm und Ralph Herbertz von der Ortsgruppe Köln des Verkehrsclubs Deutschland, die beide die Wanderbaum-Idee unterstützen, reagierten gelassen. „Die fahrbaren Gestelle für die Bäume sind Handkarren im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Man darf sie auf einem öffentlichen Stellplatz abstellen“, ist Herbertz überzeugt. Ute Symanski ergänzt: „Wir wollen die Wanderbaumallee ja nicht als Akt des zivilen Ungehorsams verstanden wissen, sondern dort aufstellen, wo die Menschen es wünschen.“ Beide zeigten sich sicher, dass sich die Angelegenheit klären lasse. Ute Symanski ist außerdem überzeugt, dass es künftig eine Zusammenarbeit mit der Stadt geben könne. „Umweltdezernent Harald Rau hat das Projekt beim Tag des guten Lebens kennengelernt und war angetan. Wenn die Stadt Unterstützung braucht, um Begrünungsprojekte vorzustellen, sind wir gern bereit.“

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Die „Allee“ bringt Menschen ins Gespräch 

Die Wanderbaumallee wurde beim Tag des guten Lebens im September erstmals auf der Venloer Straße gezeigt. Von dort wurden die hölzernen Karren samt den Pflanzkübeln in die Lessingstraße geschoben, wo es jetzt nach rund vier Wochen die Knöllchendrohung gab. Ansonsten sei die Resonanz durchweg positiv gewesen. Anwohnerin Jessica Kielau, vor deren Haustür die Allee platziert war, konnte immer wieder Menschen beobachten, die sich gern mal auf den Sitzgelegenheiten niederließen. „Man kam sofort miteinander ins Gespräch und jeder war angetan von den Bäumen“, berichtet sie. Eine Erfahrung ganz im Sinne der Initiatoren. Schon in München ging es von Anfang an darum, Menschen eine Zeit lang die Atmosphäre einer Straße mit Bäumen zu vermitteln. Mehr als 60 Straßen wurden in der bayerischen Landeshauptstadt von der Initiative „Greencity“ besucht. 150 Bäume wurden dadurch dauerhaft gepflanzt. 

München, Stuttgart und Wien sind Vorreiter

Das Münchner Beispiel wurde kürzlich auch in Stuttgart und in Wien aufgegriffen. Nun also auch Köln: „Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, weshalb wir darüber nachdenken müssen, wie der Straßenraum anders genutzt werden kann, als bloß als Park- und Verkehrsraum“, sagt Ralph Herbertz vom Verkehrsclub Deutschland VCD. Neben dem Klimaschutz sei Kommunikation wichtig und auch der demografische Wandel. Ältere Menschen bräuchten immer mal eine Gelegenheit, wo sie sich kurz ausruhen können.

Die noch junge Kölner Wanderbaumgruppe will sich weiter verstärken. So soll vor allem die Allee von derzeit vier Pflanzmodulen weiter wachsen. Dazu braucht es Aktive, die mit anpacken, aber auch handwerklich Ungeübte sind willkommen, wenn sich die Gruppe am Freitag, 25. Oktober, 19 Uhr, im Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Melchiorstraße, trifft. Und Interessenten, die die Wanderbaumallee in ihre Straße holen möchten, gibt es auch schon. Zunächst werden die Bäumchen in der Christianstraße in Ehrenfeld die dortigen Anwohner erfreuen. Dann könnte möglicherweise ein Umzug an den Eigelstein anstehen. Architekt Alexander Korneli, Mitglied im Bürgerverein Kölner Eigelstein, ist überzeugt, dass die Wanderbäume gut geeignet seien, um damit die deutliche Aufwertung einer Straße zu veranschaulichen.

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