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Standort für neuen Club?Stahlhandel Thyssenkrupp-Schulte verlässt Köln-Ehrenfeld

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Die Kölner Niederlassung von Thyssenkrupp-Schulte an der Oskar-Jäger-Straße. 

Köln-Ehrenfeld – Eher unbemerkt geht bald eine Ära zu Ende. Fast 100 Jahre war der Stahlhandel Thyssenkrupp-Schulte in Ehrenfeld beheimatet. Dieses Kapitel Industriegeschichte ist voraussichtlich schon im September abgeschlossen. Von der Oskar-Jäger-Straße 192 zieht das Unternehmen an die Europaallee in Frechen. Im Unterschied zu anderen Betriebsschließungen – etwa der Vulkanwerke, Strunck, Kolb und der Schiffsschraubenfabrik Ostermann in der Vergangenheit oder aktuell der Parfümfabrik Coty in Bickendorf – ist hier jedoch nichts davon bekannt, dass Menschen dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren und allen Grund hätten, deswegen protestierend vor den Werkstoren zu stehen. „Im Gegenteil: Alle sind froh, dass der Betrieb durch den Umzug für die Zukunft gesichert wird“, sagt Niederlassungsleiter Willi Herkrath.

Seit 47 Jahren bei Tyssenkrupp-Schulte

Wie kaum ein anderer im Unternehmen kennt er den Standort Köln. 1974 begann der gebürtige Kölner als Auszubildender bei Thyssenkrupp-Schulte. „Die Veränderungen im Umfeld, wo immer mehr Wohngebiete entstehen, und die fehlenden Expansionsmöglichkeiten am Standort selbst, lassen keinen anderen Schritt zu“, fügt er an. Im Mai solle der Umzug sukzessive beginnen und im September abgeschlossen sein, sagt eine Unternehmenssprecherin von Thyssenkrupp-Schulte Material Services in Essen. Das Unternehmen habe im Zuge seiner strategischen Weiterentwicklung einen modernen Lagerstandort mit optimaler logistischer Verkehrsanbindung erworben. „Für Thyssenkrupp-Schulte bieten sich dadurch bessere Möglichkeiten, um den steigenden Bedarf seiner Kunden zu bedienen und Wachstumspotenziale zu realisieren. Dies wäre in der bisherigen unter Denkmalschutz stehenden Niederlassung nicht möglich gewesen“, betont die Sprecherin.

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Sitz zunächst in der Kölner Innenstadt

Die Thyssensche Handelsgesellschaft hatte bereits seit 1912 einen Sitz in Köln zunächst an der Gereonstraße. 1926 bezog das Unternehmen zunächst noch unter dem Namen Thyssen-Schulte den Standort in Ehrenfeld an der damaligen Jägerstraße mit einer Eisenhandlung. Das freistehende Verwaltungsgebäude aus Backstein mit verputztem Erdgeschoss umfasst vier Geschosse. Vorgelagert ist ein verputzter Eingangspavillon. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Firmengelände, das sich an der Oskar-Jäger-Straße 192 und 175 auf zwei gegenüber liegende Grundstücke verteilt, stark beschädigt. Der Wiederaufbau begann 1948. Gehandelt wird mittlerweile mit Stahlerzeugnissen und Kunststoffen. Die Kunststoffsparte hat ihren Sitz an der Widdersdorfer Straße und wird in Ehrenfeld bleiben.

Käufer ist schon gefunden

Das Gelände an der Oskar-Jäger-Straße soll verkauft werden. Im Mai sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein. Über den Käufer und dessen Pläne ist noch nichts bekannt. Mehr dagegen über die Möglichkeiten, die laut Bebauungsplan bestehen. „Das Gelände liegt innerhalb des Geltungsbereichs für den Bebauungsplan zur Sicherung der Clubkultur“, erklärt Bezirksbürgermeister Volker Spelthann (Grüne). Zwar wisse auch er derzeit kaum etwas über den Verkaufsprozess, aber er sehe keine Veranlassung, dass man jetzt hektisch etwas politisch in die Wege leiten müsse. Dies ist bereits im September mit dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan geschehen. Dessen künftige Inhalte sehen Sondergebiete mit der Zweckbestimmung Club-Nutzung vor. Diese wiederum sollen von urbanen Gebieten mit Ausschluss von Wohnnutzung umgeben sein. Wie reich die Clubszene in diesem Bereich des Stadtteils ist, kann in der Heliosstraße bestaunt werden.

Ein Schilderbaum weist den Weg zu zwölf unterschiedlichen Lokalen. Die Heliosstraße selbst gehört nicht zum Gebiet des künftigen Bebauungsplanes, weil hier andere Bedingungen herrschen. Unter anderem die, die von neuen Wohnbauten vorgegeben werden. Dies erschwert es, dass im geplanten „Kulturbaustein“ an der Heliosstraße von der Vogelsanger Straße bis zur Rheinlandhalle künftig auch lärmintensive Tanz- und Konzertveranstaltungen stattfinden können. Die Verwaltung hat zwar den Auftrag, das dafür in Frage kommende Grundstück zu kaufen, doch sie entwickelt auch selber Nutzungsoptionen, die vereinbar mit dort geltendem Planungsrecht und Immissionsschutz sind. An der Oskar-Jäger-Straße wäre Wohnbebauung deutlich weiter entfernt.

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