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Teuer und hochkompliziertBis 2022 müssen alle KVB-Haltestellen barrierefrei sein

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An der Haltestelle Venloer Straße/Gürtel muss die Verbindung zur U-Bahnstation angepasst werden.

An der Haltestelle Venloer Straße/Gürtel muss die Verbindung zur U-Bahnstation angepasst werden.

Ehrenfeld/Lindenthal – Eine Herkulesaufgabe steht dem Amt für Brücken- und Stadtbahnbau und den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB) bevor. Bis zum 1.Januar 2022 müssen sie die Haltestellen der Stadtbahnlinien barrierefrei ausgebaut haben. So schreibt es das Personenbeförderungsgesetz vor. Nur in begründeten, bereits im Nahverkehrsplan aufgelisteten Ausnahmefällen darf der Ausbau verspätet erfolgen.

Betrachtet man die Liste, ist der Ausbau nach 2022 eher die Regel als die Ausnahme. Alleine an der Gürtelstrecke wartet noch mehr als ein Dutzend Stationen zwischen Bilderstöckchen und Klettenberg darauf, so umgebaut zu werden, dass Fahrgäste ohne Stufen auf den Bahnsteig gelangen können und ebenso stufenlos ein- und aussteigen können.

Für die hier fahrenden Linien 5 und 13 sind Hochbahnsteige mit 90 Zentimetern Höhe erforderlich. Im weiteren Verlauf der Strecke kommen mit den Linien 7 und 9 Niederflurwagen hinzu. Die betreffenden Haltestellen müssen hohe, aber auch niedrige Bahnsteige haben.

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Zu wenige Mitarbeiter für die komplexe Planung vorhanden

Die komplexen Planungen seien mit den vorhandenen personellen Ressourcen nicht zu schaffen, räumte die Verwaltung schon in dem im März 2017 vorgelegten Nahverkehrsplan ein. Daher mussten Prioritäten gesetzt werden. Weit oben auf der Liste stehen seit langem die Haltestellen „Nußbaumerstraße“ und „Subbelrather Straße/Gürtel“. Deren Ausbau zu barrierefreien Stationen ist tatsächlich bis 2022 vorgesehen. Allerdings war in der letzten Prioritätenliste ein Baubeginn im Jahr 2018 genannt. Das wird aber nicht passieren.

Wie aus einem Bericht der Stadtverwaltung an die Bezirksvertretung Ehrenfeld hervorgeht, soll bis Jahresende eine neue stadtweite Prioritätenliste vorgelegt werden. Nach dem aktuellen Sachstand beim Haltestellenausbau hatte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erkundigt. Die umfangreichen Voruntersuchungen zu den Haltestellen Nußbaumerstraße und Subbelrather Straße/Gürtel sind seitens der Verwaltung inzwischen abgeschlossen. Betrachtet wurde dabei, was im Umfeld der Bahnsteige an Platz für Fußgänger-, Fahrrad- und Kraftfahrzeugverkehr gebraucht wird. Ein weiteres Verkehrsgutachten zu diesen beiden Haltestellen soll ebenfalls bis zum Ende des Jahres in Auftrag gegeben werden.

Barrierefreiheit kostet spürbar 

Wie komplex die Situation an jeder einzelnen Haltestelle sein kann, beschreibt auch die KVB in einer umfangreichen Darstellung zum Thema Barrierefreiheit: „Der Umbau von Haltestellen, damit diese barrierefrei erreichbar sind und den niveaugleichen Einstieg ermöglichen, ist das wohl auffallendste Kettenglied in der Aufgabenstellung. Doch insgesamt handelt es sich um ein ganzes Bündel von Aufgaben, die fein aufeinander abgestimmt sein und im gesamten Netz funktionieren müssen“, so die KVB. Deshalb könne Barrierefreiheit häufig nicht einfach erreicht werden und koste auch spürbar Geld.

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Was alles aufeinander abgestimmt sein muss, zeigt sich beispielsweise an der Haltestelle Venloer Straße/Gürtel. Hier wurde vor kurzem eine neue Rolltreppe in Betrieb genommen, die vom oberirdischen Bahnsteig der Linie 13 zur U-Bahnstation der Linien 3 und 4 führt. Kritiker weisen nun darauf hin, dass man dabei nicht sehr weitsichtig geplant habe, denn die Rolltreppe sei auf das niedrige Bahnsteigniveau ausgelegt. Womöglich müsse sie schon nach wenigen Jahren ersetzt werden. Die alte Rolltreppe hatte zuvor fast 30 Jahre Dienst getan. Stephan Anemüller von der KVB-Pressestelle verweist darauf, dass die Alternative darin bestanden hätte, bis zur Umgestaltung der Haltestelle auf die Rolltreppe zu verzichten. Dass die Rolltreppe wohl schon in wenigen Jahren wieder ausgetauscht werden müsse, hält er für vertretbar: „Manchmal muss man eben mit solchen Kompromissen leben.“

Bahnsteige sollen 60 Meter lang werden

Mehr als diese Rolltreppe wird bei den Planungen für die barrierefreien Haltestellen ohnehin ein ganz neuer Aspekt ins Gewicht fallen und Auswirkungen auf die Kostenkalkulationen haben: die Bahnsteiglänge. Bislang war stets von 50 Metern Länge die Rede. Jetzt sollen die Plattformen jedoch 60 Meter lang werden, weil zeitweilig längere Züge eingesetzt werden sollen.

Gerade auf der Gürtelstrecke sind die Fahrgastzahlen in den zurückliegenden Jahren stark angestiegen. Das zeige sich besonders morgens, wenn viele Schüler in den Bahnen unterwegs sind. Um kurzfristig mehr Kapazitäten zu erzielen, erarbeiteten die Kölner Verkehrs-Betriebe ein Konzept für den Einsatz von Langzügen.

Seitens der Stadt wurde der Bedarf von insgesamt 102 Millionen Euro für den barrierefreien Umbau von insgesamt 23 Stadtbahn-Haltestellen als Maßnahmenbündel zum ÖPNV-Bedarfsplan 2017 des Landes NRW angemeldet. Ob diese Summe ausreicht, ist fraglich.

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