Ein Guru mit Rockstar-AuraYogi Sadhguru für „Save Soil“-Kampagne in Köln

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Köln – Dieser Mann legt zurzeit eine ziemliche Strecke zurück. Mutterseelenallein. Das scheint im Widerspruch zu stehen mit seiner Mission, die ganze Welt erreichen zu wollen. Ein David-gegen-Goliath-Projekt? – Nein. Denn überall, wo der Inder auftaucht, wird er gefeiert wie ein Rockstar. „Auftauchen“ ist allerdings kein ganz zutreffendes Verb: Sadhguru braust auf einer Maschine der bayerischen Motorenwerke heran. Man würde den Mann, der mehr als fünf Millionen Follower auf Instagram hat, aufgrund der Sonnenbrille kaum erkennen, würde da nicht das Ende des weißen Rauschebarts unterhalb des Helms flattern und überall – auf der Kleidung und auf der Maschine – seine Message geschrieben stehen: Save Soil! Rette den Boden, handle jetzt!

Insgesamt 30.000 Kilometer legt Jaggi Vasudev, bekannt als Sadhguru, in diesen Wochen mit dem Motorrad zurück. Innerhalb von 100 Tagen besucht er 27 Orte in Europa und in Asien. Bisher kannte man den 65-jährigen durch seine Yoga-Programme, die auf der ganzen Welt praktiziert werden. Jetzt spricht der spirituelle Meister mit Politikern und Umwelt-Vertretern;  in London, Paris und Amsterdam  genauso wie in Israel, Aserbaidschan, Jordanien und in seiner Heimat Indien; er saust von Ort zu Ort – „ohne Pause“, wie er im Anschluss an seinen Vortrag in den Sartory-Sälen lächelnd versichert. Er werde leider nichts sehen von Köln, habe nicht einmal Zeit für eine Übernachtung in der Stadt. 

Friesenstraße grün gefärbt

Kurz vor Beginn der Veranstaltung hat sich die Friesenstraße grün gefärbt. Nicht nur die mehr als 200 Freiwilligen, auch Sadhgurus Fans tragen die markanten T-Shirts mit der Aufschrift „Save Soil“. Eine gefühlt kilometerlange Warteschlange hofft auf Einlass, um den indischen Yogi und Bestseller-Autor möglichst hautnah zu erleben. Es wird getrommelt und gesungen, und plötzlich steht der 65-Jährige selbst tanzend auf der Bühne. Ohne Turban und Gewand, wie man ihn aus seinen unzähligen Youtube-Videos kennt, sondern in gelbem Shirt und Motorradhose.

Knapp zwei Stunden lang erklärt Sadhguru sein Anliegen, und jedes Mal, wenn er einen Satz als Frage formuliert, schallt ihm ein vielstimmiges „Yes!“ entgegen. Er spricht davon, dass uns die Zeit davonläuft und davon, dass die größten Schäden auf unserer Erde innerhalb des vergangenen halben Jahrhunderts entstanden seien. Jedem sei klar, sagt er, dass man ein gefährliches Instrument wie ein scharfes Messer nicht in Kinderhand geben dürfe. Aber leider richte der Mensch sein wertvollstes Instrument, seine Intelligenz, zunehmend gegen sich selbst.

„Der Mensch ist dabei, die Welt zugrunde zu richten“

Dieses Human Being, dieses fantastische menschliche Wesen, das mit so wunderbaren Eigenschaften ausgestattet sei, besseren Eigenschaften als die ausgetüfteltste Maschine, sei gerade dabei, die Welt zugrunde zu richten. Damit meint Sadhguru in erster Linie „unser größtes lebendes System“, den Grund, aus dem alles hervorgeht, unseren Boden.

Jeder wisse um den verheerenden Zustand, jeder kenne das Problem von Erosion und Versteppung, und jeder denke: Da muss jetzt jemand was tun. Jemand anderes. „Aber es gibt keinen anderen, es gibt nur das Wir“, betont der Mann auf der Bühne und appelliert an jeden einzelnen, unseren Boden gewissermaßen zur Chefsache zu erklären und Politiker so lange mit Briefen, Mails oder Aufrufe in den sozialen Netzwerken zu torpedieren, bis sie nicht mehr nur reden, sondern wirklich etwas machen. 

„Wir brauchen gehaltvollen Boden"

Wem sich das Problem nicht erschließe, der müsse nur eine bewusste Atemübung machen, rät Sadhguru und fragt die Menge: „Was brauchen wir beim Einatmen?" „Oxygen", ruft der Saal. Der Yogi lächelt zustimmend. „Und um Sauerstoff zum Atmen zu bekommen, benötigen wir die Photosynthese der Pflanzen. Und um Pflanzenwachstum zu haben, brauchen wir gehaltvollen Boden“, unterstreicht der Gast aus Indien. Wir müssen begreifen, dass die Böden die Basis jeglichen Lebens sind und uns darauf fokussieren. Und handeln. Jetzt.

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Die rund 1000 Menschen im Sartory haben die Botschaft verstanden. Nachdem Sadhguru seinen Vortrag beendet hat, drängen einige vor zur Bühne. Kinder überreichen dem Yogi kleine, bemalte Transparente. Andere tanzen vor und zwischen den Stuhlreihen. Ein Pärchen, Nela Massanova aus Bad Oeynhausen und Abdulrhman Bghdadi aus Hamburg haben sich als Erde kostümiert und Lehm im Gesicht. Auch sie tanzen in der Menge, und der „Save Soil“-Gesang an der Friesenstraße hallt noch lange nach.

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