Eine Art DetektivarbeitKölnerin ist Lotsin für seltene Krankheitsfälle

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Die Kölner Uniklinik

Köln – Seit 2016 gibt es am Universitätsklinikum Köln das „Zentrum für Seltene Erkrankungen“. Dessen Kernaufgabe ist die Erforschung seltener Erkrankungen, die fast immer chronisch verlaufen und oft zu schweren, dauerhaften Beeinträchtigungen führen.

Häufig ist die Diagnose einer solchen Krankheit schwierig, da sie durch die üblichen Diagnoseraster fällt. Katharina Burkert möchte dafür sorgen, dass dieses Raster engmaschiger wird.

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Dr. Katharina Burkert ist ärztliche Lotsin am „Zentrum für Seltene Erkrankungen“ der Uniklinik.

Die 32 Jahre alte Fachärztin für Innere Medizin ist seit Januar ärztliche Lotsin am „Zentrum für Seltene Erkrankungen“. Burkert ist an der Uniklinik Köln zugleich die Pionierin in dem Bereich, die Stelle wurde neu geschaffen.

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Kölner Ärztin will Patienten gezielt beraten 

Etwa 8000 dieser seltenen Erkrankungen sind beschrieben. Dazu zählen relativ bekannte wie ALS (amyotrophe Lateralsklerose), Morbus Hodgkin und Mukoviszidose, aber auch kaum bekannte wie das Proteussyndrom (bei dem manche Körperpartien übermäßig wachsen) oder das Lambert-Eaton-Syndrom (dabei ist die Signalübertragung der Nerven gestört). Es kann lange dauern, bis Ärzte der Ursache für die Beschwerden auf die Spur kommen. Danach gilt es, den richtigen Spezialisten zu finden. Das kann zum Marathon werden.

Katharina Burkert will helfen, dass dieser Weg zur Mittel- oder sogar zur Kurzstrecke wird. „Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin, unklare Diagnosen aufzuklären beziehungsweise Patienten, die eine bekannte seltene Erkrankung haben, gezielt zu beraten, wo sie sich behandeln lassen können. Es gilt, über unser Zentrum hinaus deutschlandweit oder sogar weltweit die richtigen Ansprechpartner zu finden. Wir versuchen, möglichst wohnortnah eine Lösung zu finden. Aber es gibt Erkrankungen, da gibt es nur das eine Zentrum in Berlin, Köln oder Heidelberg.“

Akribische Detektivarbeit 

Das klingt nach Detektivarbeit. „So ähnlich ist es auch. Ich finde es sehr wichtig, die Fälle dieser Patientinnen und Patienten sehr gründlich aufzuarbeiten und sich intensiv und akribisch mit den individuellen Krankengeschichten zu beschäftigen“, sagt die Ärztin.

Sie kam 2014 für ihre Facharztausbildung an die Uniklinik Köln. Im Rahmen dieser Weiterbildung lernte sie verschiedene Fachbereiche kennen. Neben ihrer mehrjährigen Arbeit auf dem Gebiet der Nierenerkrankungen war sie jeweils für mehrere Monate in der Gastroenterologie, in der Hormon- und Stoffwechselsprechstunde, in der Notaufnahme und auf der Intensivstation, in der Rheumatologie sowie der Hämatoonkologie tätig. Diese breite Erfahrung kommt ihr bei ihrer neuen Aufgabe zugute. „Der enge Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen in den einzelnen Zentren und Fachabteilungen ist enorm wichtig. Ebenso wie die Verbindungen zu niedergelassenen Fach-, Haus-, Kinder - und Jugendärzten“, sagt sie.

Seltene Erkrankungen

Unter dem Begriff „seltene Erkrankung“ vereinigen sich verschiedene Krankheitsbilder. Sie betreffen jeweils vergleichsweise nur wenige Menschen. In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn höchstens eine von 2000 Personen in der Bevölkerung darunter leidet. Aktuell werden knapp 8000 seltene Erkrankungen beschrieben. Zu etwa 80 Prozent beruhen seltene Erkrankungen auf einem Gendefekt oder sind dadurch zumindest mitbedingt.

Pro Jahr wenden sich zwischen 500 und 600 Patienten mit unklaren Diagnosen an das „Zentrum für Seltene Erkrankungen“ der Uniklinik Köln. (mos) 

Die Lotsin braucht ein stabiles und engmaschiges Netzwerk, um die Patienten auf den geeigneten Behandlungsweg zu leiten. Am Anfang steht stets eine Menge Schreibtischarbeit. Dabei wird Katharina Burkert von zwei studentischen Hilfskräften unterstützt.

„Wir sichten die bereits vorhandenen Akten und Unterlagen, um eine Fallzusammenfassung zu erstellen. Dann beginnt die Recherche. Welche Kollegen innerhalb der Uniklinik oder außerhalb können angesprochen werden? Welche Antworten liefern Datenbanken, spezielle medizinische Suchmaschinen und Diagnose-Unterstützungssysteme? Wir wälzen Nachschlagewerke und Lehrbücher. Wenn nötig, werden die Fälle im interdisziplinären Team im Rahmen von Fallkonferenzen besprochen. Ganz wesentlich ist auch die persönliche Schilderung der Patienten.“

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Ist das Detektivteam um Burkert erfolgreich, mündet die Arbeit in einer Diagnose und Behandlungsempfehlung. Den ersten Schritt müssen die Patienten machen und sich an das „Zentrum für Seltene Erkrankungen“ wenden. Auf der entsprechenden Internetseite der Uniklinik Köln gibt es einen Menüpunkt „Patient werden“. Dort ist verständlich und detailliert beschrieben, was man tun muss, um mit der neuen Lotsin in Kontakt zu kommen.

www.uk-koeln.de

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