Meistgelesen 2022Das ist die tanzende Polizistin vom Kölner CSD

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Özlem Yagmur

Özlem Yagmur ist Bezirksbeamtin auf der Kölner Keupstraße

  • Dieser Text ist zuerst am 18. Juli 2022 erschienen.

Mit einem solchen Hype hätte sie niemals gerechnet, sagt Özlem Yagmur. Sie habe ja nicht mal gemerkt, dass sie in ihrem Rücken jemand gefilmt habe. Die 35 Jahre alte Kölnerin ist die Polizistin, deren kurze Tanzeinlage beim CSD vor eineinhalb Wochen derzeit bei Twitter für Begeisterung sorgt. Mehr als eine Million Menschen haben den 16 Sekunden langen Clip schon gesehen, und es werden immer.

Zahlreiche, fast ausschließlich positive Kommentare wurden bislang gepostet – von „Schön, dass es noch Polizisten gibt, die Spaß bei der Arbeit haben“ bis „Großartig – Ich will Tanzunterricht von dir“.

In ihrer frühen Jugend habe sie viel und gerne getanzt, erzählt die Hauptkommissarin im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Kindern gab sie sogar mal Unterricht. „Wenn ich gute Musik höre, tanze ich eben unweigerlich schon mal mit.“ So wie bei der CSD-Parade. „Es war aber überhaupt nicht meine Intention, dass das gefilmt und weiterverbreitet wird.“

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Der CSD ist immer eine friedliche Veranstaltung mit guter Musik.
Özlem Yagmur

Normalerweise arbeitet die 35-Jährige als Bezirksdienstbeamtin in Mülheim, sie ist Kontaktbeamtin für die türkischsprachige Gemeinschaft entlang der Keupstraße. Am CSD-Sonntag war sie mit zwei Kollegen aus ihrer Inspektion in der Mittelstraße eingesetzt, um die Zugstrecke der Parade zu sichern. „Der CSD ist immer eine friedliche Veranstaltung mit guter Musik, ähnlich wie Karneval. Man bekommt auch schon mal Aufkleber aufgeklebt oder Hawaii-Ketten umgehängt. Ich hatte den ganzen Tag Spaß“, erzählt Yagmur – und fügt schnell hinzu: „Aber wir haben auch gearbeitet.“

Und irgendwann sei dieser Wagen gekommen. Oben feierten Menschen, aus den Lautsprechern dröhnte „I’m coming out“ von Diana Ross. Ein Mann aus der Fußgruppe, die den Wagen begleitete, tanzte Yagmur an – und die machte spontan mit, bewegte Hüfte und Arme zum Rhythmus der Musik. Nach ein paar Sekunden war alles schon wieder vorbei, aber das Video blieb. „Am Sonntagabend hat mir ein Kollege dieses Video zugeschickt, und ich dachte: Ja, das bin nun mal ich. Wir werden sehen, wo das hinführt.“

Es führte bis in die Twitter-Trends. Am vergangenen Montagabend gehörte der Clip zu den fünf meistbeachteten Tweets in Deutschland. Sie freue sich über die vielen wohlwollenden Kommentare unter dem Video, sagt Özlem Yagmur, sie habe aber auch die wenigen negativen Stimmen registriert. Ein User etwa rügt die Tanzeinlage und belehrt, dass die Polizei neutral bleiben müsse und Dienst nicht mit Freizeit verwechseln dürfe. Ein anderer forderte eine Disziplinarstrafe für Yagmur. Doch die bleibt gelassen.

„Wenn jetzt jemand meine Neutralität hinterfragt, weil ich acht Sekunden mit jemandem getanzt habe, dann lächele ich das weg“, sagt die 35-Jährige. „Wir leben nun mal in Köln. Das war im Prinzip nichts anderes, als wenn Kollegen beim Karnevalszug stehen und mitschunkeln.“ Und so sieht das auch ihre Behörde. Ein Sprecher betonte auf Anfrage: Am Verhalten der Kollegin gebe es überhaupt nichts zu beanstanden.

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