Entscheidung am FreitagAlle Hintergründe zu der Ausgangssperre in Köln

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Köln Nacht Kranhäuser Dom dpa

Der Abendhimmel leuchtet blau über dem Rheinpanorama.

  • Die Stadt Köln berät über nächtliche Ausgangsbeschränkungen als Schutzmaßnahme gegen das Coronavirus.
  • Die Landesregierung hat bereits grünes Licht gegeben.
  • Am Freitag soll um 14 Uhr eine Entscheidung verkündet werden.

Köln – Obwohl Bundestag und Bundesrat erst in der kommenden Woche über das geplante Infektionsschutzgesetz entscheiden werden, könnte ein für die Bürgerinnen und Bürger besonders einschneidender Bestandteil in Köln möglicherweise bereits am kommenden Wochenende in Kraft treten. Der städtische Krisenstab kann bei seiner Sitzung am Freitag nächtliche Ausgangssperren für das gesamte Stadtgebiet beschließen – das Land hat dafür bereits grünes Licht erteilt.

Die eigene Wohnung dürften Kölnerinnen und Kölner dann zwischen 21 Uhr und 5 Uhr morgens nur noch aus triftigen Gründen verlassen, etwa für den Arbeitsweg. Eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums bestätigte am Donnerstag auf Anfrage, das Land habe „der Möglichkeit einer Ausgangssperre in Köln grundsätzlich zugestimmt.“ Die Stadt müsse dazu noch eine Allgemeinverfügung vorlegen. Das sei bislang allerdings noch nicht erfolgt.

Entsprechende Allgemeinverfügung könnte in Kraft treten

Im Anschluss an die Sitzung des Krisenstabes könnte eine entsprechende Allgemeinverfügung in Kraft treten. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist eine Ausgangssperre, die bereits ab Samstag in Kraft treten würde, hochwahrscheinlich.

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Verkehrsdezernentin Andrea Blome, Leiterin des Krisenstabes, hat sich im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erneut für Ausgangssperren ausgesprochen. „Die Wirkung von Ausgangssperren wäre nicht bloß symbolisch, sie würde Treffen im Privaten reduzieren“, sagt Blome: „Die Situation in den Krankenhäusern ist nicht nur in Köln dramatisch.“ Das sei für sie handlungsleitend.

Dramatische Lage auf den Intensivstationen

Am Dienstagvormittag standen laut Blome „die ersten Krankenwagen vor den Kliniken, und die Kranken konnten nicht aufgenommen werden.“ Das seien „die Bilder, die wir auf keinen Fall sehen wollten“, sagte Blome. Die Stadt habe „von Anfang an gesagt, dass wir nicht ausschließlich auf die Inzidenz blicken dürfen.“

Angesichts der dramatischen Lage „sollten wir nicht über Öffnungsstrategien fantasieren.“ Blome fordert zudem „mehr Einheitlichkeit und weniger Verwirrung.“ Das auf den Weg gebrachte neue Infektionsschutzgesetz, das lokale Ausgangssperren ab einer Inzidenz von 100 vorsieht, befürworte sie. „Unsere Kliniken zum Beispiel haben auch eine Versorgungsfunktion für das Umland. Es bringt nicht viel, wenn nur wir in Köln strikt durchgreifen“, so Blome.

Ausgangssperren sind umstritten

Ausgangssperren als Mittel der Bekämpfung innerhalb der Corona-Pandemie sind umstritten. Kritiker führen vor allem juristische Gründe an und sagen, dass ein solcher Eingriff unverhältnismäßig sei. „Die Corona-Situation stellt alle Verantwortlichen immer wieder vor neue Herausforderungen – die Stadtverwaltung ist jedoch offensichtlich mit ihrem Latein am Ende“, sagt Volker Görzel, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Ratsfraktion.

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Um überhaupt noch Handlungsfähigkeit zu suggerieren, werde mit der Ausgangssperre der Vorschlaghammer herausgeholt. „Es spricht vieles für eine nur sehr begrenzte Wirkung der Ausgangsbeschränkung, da ohnehin private Kontakte in Köln bereits zuvor stark eingeschränkt worden sind“, so Görzel. Zudem komme es bei einer nächtlichen Ausgangsbeschränkung allein auf den Anteil privater Kontakte zur Nachtzeit an. Die überwiegenden Kontakte würden jedoch am Tage stattfinden.

Mobilitätsverhalten bundesweit vor allem tagsüber

Eine Auswertung des Robert Koch-Instituts und der Humboldt-Universität zum bundesweiten Mobilitätsverhalten belegt, dass 90 Prozent aller Bewegungen tagsüber zwischen 5 und 21 Uhr stattfinden – lediglich knapp zehn Prozent aller Bewegungen sind im Zeitraum zwischen 21 Uhr und 5 Uhr zu verzeichnen, also während der geplanten Ausgangssperre.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach vertritt die Meinung, dass Ausgangsbeschränkungen wirksam wären. „Sie vermeiden wahrscheinlich abendliche Treffen drinnen“, sagt er. Forscher haben zudem festgestellt, dass die Mobilität in der kanadischen Provinz Quebec um ein Drittel abnahm, nachdem dort im Januar dieses Jahres eine Ausgangssperre in Kraft trat. In Portugal gab es – nachdem die Zahl der Neuinfektionen explodierte – ganztägige Ausgangssperren mit ganz wenigen Ausnahmen. In der Folge sank der Inzidenzwert von 900 auf 40.

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