Fahrradmitnahme in der KVBWir müssen leider draußen bleiben

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Sorgt immer wieder für Diskussionen: Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr.

Sorgt immer wieder für Diskussionen: Fahrradmitnahme im öffentlichen Nahverkehr.

Köln – KVB-Linie 9, kurz vor 19 Uhr, es gießt in Strömen: An der Haltestelle Lindenburg steigt eine Frau mit ihrem Fahrrad in die Bahn ein – doch da, wo sie sich hinstellen will, steht schon ein Mann mit seinem Rad. Die Frau blockiert den Durchgang zu den Sitzen im vorderen Bereich, andere Fahrgäste sind verärgert, es wird geschimpft, hin- und herrangiert, bis der Weg wieder einigermaßen frei ist. Und dabei ist Feiertag, der 3. Oktober, und der Andrang in der Bahn hält sich in Grenzen.

Fahrräder in Bussen und Bahnen der KVB oder in Zügen der Deutschen Bahn bieten immer häufiger Anlass für Konflikte zwischen Fahrgästen und sind damit für die Verkehrsunternehmen ein wachsendes Problem. Die Fahrgastzahlen steigen ständig, die Fahrzeug-Kapazitäten sind begrenzt – und gleichzeitig ist der Zweirad-Markt durch Pedelecs (Fahrräder, bei denen ein Motor nur unterstützend eingreift) und E-Bikes (hier muss gar nicht mehr in die Pedale getreten werden) deutlich größer und vielfältiger geworden.

Es gibt also Handlungsbedarf. Daher hatte der „Landesarbeitskreis Nahverkehr NRW“ – dort sitzen Vertreter von Verkehrsverbünden und -unternehmen – im Sommer beschlossen, die landeseinheitlichen Mitnahmemöglichkeiten für Fahrräder zum 1. Januar 2013 zu präzisieren, sprich einzuschränken. Das aber hatte Proteste von Behindertenverbänden, des Fahrradclubs ADFC, von Privatpersonen und sogar der Grünen im Düsseldorfer Landtag zu Folge – und führte dazu, dass der Beschluss gekippt wurde. „Es bleibt erst mal alles beim Alten“, so ein Sprecher des Kompetenzcenters Marketing NRW (KCM), der Koordinierungsstelle für den Öffentlichen Nahverkehr im Land.

Rollstühle haben stets Vorrang

Und das heißt konkret: Räder werden bislang und auch künftig dann befördert, „wenn im Fahrzeug geeignete Abstellmöglichkeiten bestehen bzw. wenn die Platzsituation dies zulässt“. Dabei haben Rollstuhlfahrer und Eltern mit Kinderwagen stets Vorrang. Fahrräder mit Hilfsmotor und „Konstruktionen, die von ihren Abmessungen her nicht zur Mitnahme geeignet sind“, sind von der Beförderung grundsätzlich ausgeschlossen – Pedelecs, E-Bikes und Tandems haben nach dieser Regelung also in öffentlichen Verkehrsmitteln eigentlich nichts zu suchen. Aber die Formulierung bietet Ermessensspielraum, „vieles wird auf dem Kulanzweg geregelt“, so der KCM-Sprecher.

Dennoch komme es immer wieder zu Diskussionen zwischen Schaffnern (bei der DB) und Fahrern, Service- oder Kontrollpersonal bei der KVB. Also wollte der Landesarbeitskreis in der Neufassung der Mitnahmeregelungen ein Fahrrad näher definieren: als „muskelbetriebenes, einsitziges Radfahrzeug mit maximal zwei Achsen“ – damit sollte die Mitnahme von Pedelecs erlaubt, von versicherungspflichtigen E-Bikes und Tandems (ist vor allem in DB-Zügen ein Thema) untersagt werden.

Als das bekannt wurde, meldeten sich die Behindertenverbände zu Wort: Behinderte seien oft als Beifahrer auf Tandems unterwegs, hieß es, für sie sei es ein wichtiges Fortbewegungsmittel. Also wollten die Verantwortlichen die Neuregelung modifizieren: Kunden mit Schwerbehindertenausweis sollten auch künftig Tandems mitnehmen können. Aber auch Fahrradverbände übten Kritik: Was solle die Unterscheidung von so gut wie baugleichen Pedelecs und E-Bikes, fragten sie. „Angesichts des aktuellen Booms von Elektrorädern geht die vorgesehene Regelung völlig am geänderten Mobilitätsverhalten der Menschen vorbei“, kritisierte Arndt Klocke, Landtagsabgeordneter der Grünen. Er wies zudem darauf hin, dass die geltenden Regelungen ausreichende Grenzen setzten: Seien nämlich die vorgesehenen Fahrrad-Stellplätze besetzt, „können weitere Fahrgäste mit Fahrrädern nicht mehr zusteigen“, so die gültige Vorschrift .

Angesichts diese Kritik kippte der Arbeitskreis Ende September die Neuregelung und will jetzt mit Hilfe eines „Runden Tischs“ versuchen, alle Interessen unter einen Hut zu bringen. „Wir wollen juristisch auf der sicheren Seite sein“, sagt KVB-Pressesprecher Franz Wolf Ramien.

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